Mikroschadstoffe im Abwasser: Städte protestieren gegen Pharma- und Kosmetikbranche

Rückstände von Salben, Tabletten und Kosmetika werden immer häufiger als Hauptquellen für Mikroschadstoffe im Abwasser ausgemacht. Die Konsequenz: Deutliche höhere Reinigungsstufen, die die meisten deutschen Kläranlagen nicht stemmen können. Diese müssen nun ausgebaut werden – doch wer kommt für die Kosten auf?
Mit einem neuen Gesetz möchte die EU-Kommission die Versorgung mit kritischen Medikamenten sicherstellen. (Symbolbild)
Nicht mehr genutzte Medikamente landen häufig im WC statt im Restmüll oder in der Apotheke. Das führt zu Verunreinigungen des Grund- und Abwassers.Foto: Federico Gambarini/dpa
Epoch Times15. April 2025

Deutschlands Städte werfen der Arzneimittelbranche vor, sich vor von ihr verursachten Zusatzkosten für die Abwasserreinigung zu drücken.

Man sehe „mit großer Sorge, dass die Pharmaindustrie die Beteiligung an den Kosten der Abwasserreinigung wieder infrage stellt“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

„Wer saubere Gewässer und Bürger finanziell entlasten möchte, darf jetzt nicht kneifen“, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), der NOZ. „Wir appellieren an die EU, nicht einzuknicken, sondern Kurs zu halten.“

Hintergrund

Die neue Kommunalabwasserrichtlinie der EU (KARL) stellt fest, dass Rückstände von Salben, Tabletten und Kosmetika die Hauptquellen für Mikroschadstoffe im Abwasser sind. Die zunehmende Verschmutzung erfordert zusätzliche Reinigung. Die Konsequenz: Ein ganz erheblicher Teil der rund 600 Kläranlagen in Deutschland muss ausgebaut werden – es braucht eine vierte Reinigungsstufe. Der VKU hat die Gesamtkosten für den Ausbau der Klärwerke und den Betrieb bis 2045 auf neun Milliarden Euro beziffert.

Die KARL-Richtlinie führt die Herstellerverantwortung ein, wonach 80 Prozent der Kosten von der Pharma- und Kosmetikbranche übernommen werden müssen, etwa sieben Milliarden Euro in den kommenden 20 Jahren. Den kommunalen Spitzenverbänden zufolge wehren sich die Lobbys der beiden Branchen dagegen.

„Der Weg, der in Brüssel jetzt versucht wird, ist problematisch: Eine lange und transparent verhandelte Richtlinie in einem Omnibus-Verfahren mal eben so abzuräumen, ist keine verlässliche EU-Gesetzgebung“, sagte Städtetagschef Dedy.

Wenn die Herstellerverantwortung wegfällt, landen die höheren Reinigungskosten für das Abwasser bei den Gebührenzahlerinnen und -zahlern in den Städten. Das kann so nicht richtig sein.“

Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat sich dem Protest angeschlossen. „Mit der Verabschiedung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie wurde ein echter Paradigmenwechsel in der europäischen Gewässerpolitik erreicht. Dieser darf jetzt durch nachträgliche Änderungen oder Abschwächungen auf europäischer Ebene keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger der NOZ.

„Die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung im Bereich von Pharma- und Kosmetikprodukten ist überfällig und setzt die richtigen Anreize, um zukünftig schädliche Stoffe zu vermeiden und vermehrt in alternative und weniger gewässerbelastende Produkte zu investieren.“ Hierdurch werde ein zentraler Beitrag für den Gewässerschutz geleistet. (dts/red)



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