China: Der zensierte Gedenkartikel und ein Flüstern von Veränderung

Die Geschehnisse im Pekinger Machtzirkel sind undurchsichtig. „Heute mächtig, morgen vergessen“ könnte die Devise sein. Kommt es noch in diesem Jahr zu einer entscheidenden Phase?
KPC-Parteitag in China
Hinter dem Vorhang. Internes Foto vom 19. Parteitag der Kommunistischen Partei am 18. Oktober 2017 in Peking.Foto: Fred Dufour/AFP via Getty Images
Von 5. September 2025

Erneut gibt es interessante Details über die Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Zahlreiche Indizien, insbesondere auch nach dem plötzlichen Herztod des zehn Jahre unter Xi Jinping dienenden früheren Ministerpräsidenten Li Keqiang im Jahr 2023, verdichten sich zu einem Gesamtbild. Wie fest ist Xi Jinping wirklich im Sattel? Ein Whistleblower sagte, es könnte im Herbst schon in China eine Veränderung geben.

Xis Griff nach Maos Machtfülle

In den vergangenen Jahren hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Macht beständig ausgeweitet, Gegenspieler aus dem Weg geräumt und Gefolgsleute in wichtige Machtpositionen eingesetzt. Der Kampf gegen die „Korruption“ in einem zutiefst korrupten Umfeld nahm immer mehr die Form einer politischen Säuberung an.

Chinas derzeitiger Führer wollte offensichtlich den Weg der lebenslangen Herrschaft anstreben. So schuf er für sich beispielsweise die unübliche dritte – und im Weiteren damit unbegrenzte – Amtszeit als Staatsführer. Auch die ungeschriebene, aber nicht fixierte Regel einer Amtszeitbegrenzung als Generalsekretär der KPCh, wurde von Xi durchbrochen. Zudem tauchte der inoffizielle Titel „Steuermann“ im Zusammenhang mit Xi Jinping erstmals wieder seit der Mao-Zeit auf.

Doch mittlerweile gehen Experten davon aus, dass sich der Wind immer öfter gegen Xi und seine Anhänger dreht. Mehr und mehr werden Xis Gefolgsleute selbst zum Ziel von sogenannten Anti-Korruptionskampagnen abgesetzt, aus der Partei entlassen oder verschwinden aus der Öffentlichkeit. Dies zieht sich bis in die höchsten Gremien der Macht hin, wie in die Zentrale Militärkommission und auf Ministerebene. 

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Der mysteriöse Tod des Ex-Regierungschefs

Seit 2007 war Li Keqiang ständiges Mitglied im Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas – jenem zentralen Machtorgan im Einparteienstaat, das aktuell mit 24 Parteifunktionären besetzt ist, inklusive der obersten sieben im ständigen Ausschuss, mit Xi Jinping an der Spitze. Zehn Jahre lang war Li unter Xi Premierminister des Landes, bevor er 2023 in den Ruhestand ging und den Posten an einen Gefolgsmann von Xi weitergab: Li Qiang.

Der Tod ereilte den 68-jährigen Li etwa ein halbes Jahr später, unerwartet und während er seinen Urlaub in Shanghai verbrachte. Die Staatsmedien sprachen von einem Herzinfarkt. Angesichts der früheren Differenzen zwischen Xi und Li schürte der plötzliche Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten Misstrauen.

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Hu Jintao wird aus der Abschluss-Zeremonie der KPC entfernt.

Während der Abschlusszeremonie des 20. Parteitags der KP Chinas am 22. Oktober wird der ehemalige Staats- und Parteichef Hu Jintao (M) aus der Konferenzhalle geführt. Im Vordergrund: Chinas Premierminister Li Keqiang (L) und Chinas „Führer“ Xi Jinping (R). Foto: Lintao Zhang/Getty Images

„Verschwörung“ und verbotenes Gedenken

Wenige Tage später forderte der pensionierte Journalist Gu Wanming in einem offenen Brief eine umfassende Untersuchung der Todesursache – inklusive einer Autopsie.

Der frühere Mitarbeiter der Staatsagentur Xinhua beschuldigte Parteifunktionäre – wenn auch nicht namentlich benannt – der „Verschwörung“, wobei er in Richtung Parteiführung deutete.

Gu wurde daraufhin zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, seine Rente gestrichen, berichtet die Epoch Times USA.

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Lis Tod im Jahr 2023 löste in seiner Heimatstadt Hefei in der Provinz Anhui eine ungewöhnliche Welle öffentlicher Trauer aus. Menschenmassen pilgerten zu Lis früherem Haus und legten Tausende Blumen nieder. Die Polizei räumte das Gebiet umgehend. Während des traditionellen Totenfestes Qing Ming am 5. April 2024 berichteten chinesische Internetnutzer, dass das Regime rund um Lis altes Haus eine starke Polizeipräsenz aufgebaut hatte und die Trauernden sogar davon abgehalten haben, Fotos zu machen.

Blumen wurden im chinesischen Hefei vor dem Wohnhaus niedergelegt, in dem Li Keqiang seine Kindheit verbrachte. Der frühere chinesische Ministerpräsident ist nach einem plötzlichen Herzinfarkt.

Blumen wurden im chinesischen Hefei vor dem Wohnhaus niedergelegt, in dem Li Keqiang seine Kindheit verbrachte. Der frühere chinesische Ministerpräsident ist nach einem plötzlichen Herzinfarkt verstorben. Foto: Uncredited/Chinatopix via AP/dpa

Schattenspiele auf dem Bühnenvorhang

Am 3. Juli 2025 verfasste das Institut für Parteigeschichte und Literatur einen Gedenkartikel für Li im Parteimedium „Volkstageszeitung“. Das direkt dem Zentralkomitee der KPCh unterstellte Gremium lobte Li für seinen Fleiß, seine Parteitreue und seine Unterstützung von Xis Führung – auch nach seinem Rücktritt noch.

Derselbe Artikel war auf der Webseite von „Qiushi“ veröffentlicht worden, einer Zeitschrift, die vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas herausgegeben wird. Doch plötzlich war der Beitrag weg. Gelöscht. Nur eine 404-Fehlermeldung blieb davon übrig.

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Die Streichung des Artikels wird von mehreren Beobachtern als weiteres Zeichen interner Spannungen zwischen den Parteifraktionen der KPCh gewertet. Wie die US-Ausgabe der Epoch Times dazu schreibt, sei es bemerkenswert, dass der Gedenkartikel höchstpersönlich von Qu Qingshan verfasst worden war, dem Leiter des Parteigeschichte-Instituts und selbst Mitglied im Zentralkomitee der KPCh. Qu sei bekannt für seine Essays, so die amerikanische Ausgabe der Epoch Times, die scheinbar von Xis politischer Linie abweichen.

Wichtiges Treffen als Indikator

Bei all diesen Unsicherheiten und Unabwägbarkeiten scheint zwar großer Unmut gegenüber der Politik von Xi Jinping zu herrschen, gleichzeitig jedoch auch große Vorsicht, sich nicht allzu weit hinauszulehnen.

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Daher wird mit Spannung ein anstehendes wichtiges Treffen erwartet: Die vierte Plenarsitzung des 20. Zentralkomitees der kommunistischen Partei Chinas. Die Jahrestreffen des höchsten Parteiorgans finden zwischen den alle fünf Jahre stattfindenden Parteitagen statt.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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