Machtwechsel in China geplant? – die Rückkehr der alten Fraktion

Mehrere China-Experten verweisen hinsichtlich der internen Machtkämpfe im kommunistischen Machtapparat auf einen möglichen Machtwechsel. Wird es ein Abkommen mit Staatschef Xi Jinping für einen sanften Übergang geben oder könnte die Lage eskalieren?
Nachdem Xi 2012 an die Macht gekommen war, baute er systematisch seine Position in einen neuen Personenkult aus – nicht unähnlich dem ehemaligen Staatschef Mao Zedong zu seinen Zeiten. Mit einem möglichen Blick auf die lebenslange Parteiführerschaft von Mao initiierte er seine eigene dritte Amtszeit als KPCh-Vorsitzender – die eigentliche fundamentale Machtposition im kommunistischen China. Auch die machtsichernde Position des Oberbefehlshabers brachte Xi in seine dritte Amtszeit, ebenso wie die eher formelle Rolle als Staatschef.
Die zuvor übliche Begrenzung auf zwei Amtszeiten zu je fünf Jahren schaffte Xi ab. Damit war seine Position im Prinzip nicht mehr eingeschränkt. Dazu hatte sich Xi 2021 zudem den Ehrentitel „Großer Steuermann“ zusprechen lassen, womit die Bestrebungen Xis in Richtung Mao immer deutlicher werden.
Doch möglicherweise hat Xi es ein wenig übertrieben und auch die alten Parteibosse unterschätzt.
Der Groll der alten Parteibosse
So berichtete der politische Kommentator Cai Shenkun auf Basis hochrangiger Quellen in Peking kürzlich auf seinem YouTube-Kanal über den Unmut hochrangiger Parteikader über Xis Führerschaft.
Cai, dessen Aussagen in der Vergangenheit über Machtverschiebungen innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und des chinesischen Militärs sich als wahr herausgestellt haben, sprach von einem kritischen Punkt der Unzufriedenheit der alten Parteibosse mit Xi, der erreicht worden sei.
Hinzu kämen der steigende internationale Druck, die geschwächte chinesische Wirtschaft sowie Xis angeblich schlechter Gesundheitszustand.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping (M.) auf dem Tian’anmen-Platz in Peking am 30. September 2023. Foto: Pedro Pardo/AFP via Getty Images
Experte sieht Xis Stellung im Militär deutlich geschwächt
Die politischen Säuberungen unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung innerhalb von Partei und Militär betrafen zunächst – insbesondere nach Beginn von Xis dritter Amtszeit als Staats- und Parteichef – seine interne „Konkurrenz“.
Generäle und Minister verschwanden oder wurden abgesetzt. Die Angst ging um. Doch dann begann sich der Wind zu drehen. Mehr und mehr scheint sich die von Xi initiierte Antikorruptionskampagne auch gegen ihm getreue Parteiführer und ranghohe Militärs zu wenden – und selbst der „tiefe Staat“ der Bürokraten scheint sich gegen Xi eingeschworen zu haben.
Auch der Einfluss des mächtigen Vorsitzenden Xi im Militär, so wertet es Cai anhand der ihm zugetragenen Informationen, sei deutlich geschwächt.
Mehr noch, der politische Kommentator glaubt, dass sogar bereits zur bevorstehenden vierten Plenarsitzung des 20. Zentralkomitees der KPCh eine öffentliche Ankündigung des vollständigen Rücktritts von Xi geschehen könne. Laut Cai könne diese Sitzung schon Ende August stattfinden. Offiziell ist der Termin der Tagung jedoch noch nicht bekannt gegeben worden.
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Machtwechsel – früher oder später
Doch selbst wenn es zu diesem frühen Termin nicht zu einem Machtwechsel kommt, könnte dieser in spätestens zwei Jahren vollzogen werden, falls sich Xis interne Gegner durchsetzen sollten.
Der im australischen Exil lebende ehemalige Juraprofessor der Peking University, Yuan Hongbing, unterhält ebenfalls Kontakte zu gut informierten Quellen innerhalb der KPCh.
Yuan hatte bereits vor den Enthüllungen von Cai in den sozialen Medien mit der Epoch Times über die Lage in China gesprochen. Seinen Informationen nach hätten sich mehrere Fraktionen innerhalb der KPCh zusammengeschlossen. Sie sollen derzeit aktiv an der Beendigung der Herrschaft von Xi arbeiten.
Unter anderem wollen sie Xi daran hindern, beim 21. Nationalkongress der KPCh für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, was voraussichtlich nach dem bisherigen Fünf-Jahres-Zyklus im Herbst 2027 sein dürfte.
Und noch ein weiterer Faktor deutet auf die schwindende Macht von Xi hin.

Staats- und Parteichef Xi Jinping (l.) und Außenminister Wang Yi. Foto: Ken Ishii-Pool/Getty Images
Die Rückkehr der Fraktion des Jugendverbands
Der Kommunistische Jugendverband Chinas ist die Kaderschmiede der KPCh. Derzeit tauchen immer mehr wichtige Persönlichkeiten der von Xis Vorgänger Hu Jintao geführten parteiinternen Fraktion wieder auf. Von Experten wird dies als ein deutliches Zeichen von Xis Machtverlust angesehen.
Das KP-Sprachrohr „People’s Daily“ und die staatliche Nachrichtenagentur „Xinhua“ veröffentlichten beide am 19. Mai Artikel, in denen sie die Regierungsprinzipien der Ära Hu hervorhoben.
Nachdem Hu im Oktober 2022 vor aller Augen aus der Abschlusssitzung des 20. Nationalkongresses der KPCh eskortiert wurde, galt dieser als politisch erledigt. Nun drängt Hus Rhetorik erneut in den Vordergrund, wie die englischsprachige Epoch Times berichtet. Auch seine Schützlinge scheinen wieder aktiv zu werden. Hinzu kommt die anhaltende Umstrukturierung im Militär. All dies deutet auf umfassende Anstrengungen hin, Xis Machtbasis zu schwächen.

Während der Abschlusszeremonie des 20. Parteitags der KP Chinas am 22. Oktober 2022 wird der ehemalige Staats- und Parteichef Hu Jintao (M.) aus der Konferenzhalle geführt. Im Vordergrund: Chinas damaliger Premierminister Li Keqiang (l.) und Chinas Staatschef Xi Jinping (r.). Foto: Lintao Zhang/Getty Images
Wichtige Namenssymbolik
Am 24. Mai, dem Todestag von Xi Jinpings Vater Xi Zhongxun, wurde in dessen Geburtsort in der Provinz Shaanxi, Nordchina, eine Gedenkstätte eröffnet. Allgemein wurde erwartet, dass diese nach Xi Zhongxun benannt werden würde.
Doch nun wurde entschieden, dass der Name „Guanzhong Revolutionary Memorial Hall“ sein soll. Beobachter sehen dies als Zeichen der Veränderung des politischen Klimas in China an, als etwas, das unwahrscheinlich gewesen wäre, hätte Xi noch die absolute Kontrolle.
Laut „Xinhua“ und dem staatlichen Fernsehsender CCTV fiel die Eröffnungszeremonie auffallend bescheiden aus, da wichtige Funktionäre fehlten. Auch der Parteichef von Shaanxi, Zhao Yide, war nicht anwesend. Er war früher Chef des Jugendverbands in der Provinz Zhejiang und Untergebener von Xi, als dieser dort Parteichef war.
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Schrittweiser Rücktritt von Xi erwartet
Zur Einschätzung der Lage sprach Epoch Times auch mit Yao Cheng, einem ehemaligen Oberstleutnant der Marine der KPCh, der 2016 in die USA geflohen war. Laut Yao sei Xi die tatsächliche Macht mittlerweile abhandengekommen. Alles, was geblieben sei, sei sein nomineller Titel.
„Er wird als Generalsekretär der KPCh und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission zurücktreten und nur den zeremoniellen Titel des chinesischen Staatschefs behalten, bevor er auf dem 21. Nationalkongress vollständig in den Ruhestand geht“, sagte Yao.
Wie Kommentator Cai erklärte, werde man mit Xi wohl eine beidseitig akzeptable Vereinbarung abschließen. „Es ist so gut wie sicher, dass eine Vereinbarung getroffen wird, die es Xi und seinem inneren Kreis ermöglicht, sich würdevoll von der politischen Bühne zurückzuziehen“, sagte er. „Sobald eine neue Führung übernimmt, wird auch ein neuer Regierungsstil folgen.“
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Die kritischen Eliteprofessoren
Ein weiterer China-Experte sieht weitere Anzeichen eines deutlichen Machtverlusts von Xi. Shen Ming-Shih, Direktor des Institute for National Defense and Security Research in Taiwan, sagte: „Ein klares Signal ist der deutliche Rückgang offizieller Verweise auf Xi als ‚Kern der Zentralen Militärkommission‘ oder ‚Kern des Zentralkomitees der Partei‘ in staatlichen Medien wie ‚Xinhua‘ und der ‚People’s Daily‘“, sagte Shen gegenüber der Epoch Times. „Diese einst üblichen Ausdrücke werden heute nur noch selten verwendet.“
Shen sagte auch, dass mehrere Professoren der Peking University und der South China University of Technology Xis Politik in Essays kritisiert hatten. Erstaunlicherweise seien diese dafür weder bestraft noch entlassen worden, während zuvor andere Ökonomen bei entsprechenden „Vergehen“ von ihren Posten entfernt und ihre gesamten Forschungsabteilungen aufgelöst worden seien.
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Wie wird Xi reagieren?
Auch Shen vermutet die zunehmend dominierende Jugendverband-Fraktion hinter der aktuellen Situation. Doch Shen führt auch an: „Die Frage ist jedoch, ob Xi einen Nachfolger außerhalb seiner eigenen Fraktion akzeptieren wird.“ Es könnte sein, dass Xi „Vergeltungsschläge oder eine politische Abrechnung“ befürchte, „wenn jemand die Macht übernimmt, der nicht von ihm aufgebaut wurde“.
Shen äußerte zudem Bedenken, dass Xi versuchen könne, zurückzuschlagen, falls das Pekinger Machtzentrum den aktuellen Status in Peking beibehalte, ohne offiziell den geplanten Machtwechsel anzukündigen: „Je länger die Verzögerung, desto größer die Unsicherheit“, sagte Shen.
„Wenn etwas Schwerwiegendes passiert – wie die große Explosion in der Provinz Shandong am 27. Mai –, könnte Xi Jinping die Krise nutzen, um Konflikte oder Spannungen zu schüren oder andere Wege zu finden, um Widerstand zu leisten, möglicherweise ohne das Militär einzusetzen. Dadurch könnte er das Plenum verzögern oder die Pläne des Anti-Xi-Lagers stören“, so Shen.
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Der Artikel basiert auf dem Beitrag „Observers Say Xi Jinping’s Exit Could Be Imminent Amid Internal Pushback“, erschienen bei theepochtimes.com.
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