Wenn Perfektionismus krank macht – 6 Tipps für mehr Selbstakzeptanz

Viele Menschen setzen sich selbst unter Druck. Die Gründe können vielfältig sein, die Folgen hingegen oft ähnlich: Erschöpfung, Ermüdung, Überforderung. Dabei führen menschlichere Chefs authentischer, fördern Vertrauen im Team und schaffen nachhaltigere Erfolge.
Zwischen Perfektionismus und Selbstüberforderung
Perfektionismus kann einerseits antreiben, aber im Übermaß auch überfordern und demotivieren.Foto: AndreyPopov/iStock
Von 26. September 2025

In Kürze:

  • Perfektionismus kann zu hervorragenden Ergebnissen führen – und einfachste Aufgaben bis zur Unmöglichkeit erschweren.
  • Eigene Erfolge werden oft durch das Gefühl, nie „gut genug“ zu sein, überlagert.
  • Statt Authentizität wird Unfehlbarkeit angestrebt, ein Ziel, das niemand erreichen kann.
  • Sätze wie „Ich darf Fehler machen und daraus lernen“ können helfen, ein gesundes Gleichgewicht aus Engagement und Selbstfürsorge zu entwickeln.

 

In vielen Führungsetagen gehört Druck zum Alltag. Fristen, komplexe Projekte, hohe Verantwortung für Mitarbeiter, Erwartungen von Kundenseite und nicht zuletzt eigene Ansprüche sorgen dafür, dass Führungskräfte – und viele andere – ständig unter Strom stehen.

Besonders gefährdet sind jene, die stark perfektionistisch veranlagt sind. Perfektionismus kann einerseits antreiben, hohe Qualität sichern und für ausgezeichnete Ergebnisse sorgen. Doch wenn er die innere Haltung dominiert, wird aus Motivation schnell Selbstüberforderung.

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Die Betroffenen setzen sich unrealistische Maßstäbe, geraten in ein Hamsterrad aus Selbstkritik und Rastlosigkeit und gefährden damit langfristig nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre Führungsqualität.

Doch warum setzen sich gerade Führungskräfte so massiv unter Druck? Welche psychologischen Mechanismen wirken hier? Und welche Wege gibt es, um zu mehr Gelassenheit, Selbstakzeptanz und realistischen Erwartungen zu gelangen?

Warum viele Führungskräfte sich selbst unter Druck setzen

1. Innere Glaubenssätze und Selbstbild

Viele Führungskräfte haben über Jahre hinweg gelernt, dass Leistung und Wert untrennbar miteinander verbunden sind. „Nur wenn ich fehlerlos arbeite, bin ich akzeptiert.“ – „Erfolg ist das Einzige, was zählt.“ Solche Glaubenssätze entstehen oft schon in der Kindheit oder Jugend, wenn Lob und Anerkennung vor allem an Leistung geknüpft waren. Später setzen sich diese Überzeugungen in der Karriere fort. Fehler werden dann nicht als Lernchance, sondern als persönliche Niederlage empfunden.

2. Der Mythos der Vorbildfunktion

Führungskräfte erleben häufig einen starken Druck, als Vorbilder zu agieren. Der Gedanke, dass jede Unsicherheit, jede Schwäche und jeder Fehler auf das gesamte Team abstrahlen könnte, verstärkt den Anspruch, makellos auftreten zu müssen. Statt Authentizität wird Unfehlbarkeit angestrebt – ein Ziel, das niemand erreichen kann.

3. Organisationskultur und äußere Erwartungen

In leistungsorientierten Organisationen sind „Overachiever“ oft besonders erfolgreich. Wer ständig erreichbar ist, Überstunden macht und Projekte übererfüllt, gilt als engagiert. Diese Kultur belohnt Perfektionismus kurzfristig – langfristig führt sie jedoch zu Erschöpfung. Hinzu kommt: Je höher die Position, desto diffuser werden die Erwartungen von Vorgesetzten, Eigentümern oder Kunden. Viele Führungskräfte kompensieren diese Unsicherheit, indem sie den Anspruch an sich selbst noch höher setzen.

4. Konkurrenz und Vergleich

Führungskräfte bewegen sich selten in konkurrenzfreien Räumen. Benchmarking, Vergleiche mit Mitbewerbern oder der ständige Blick auf andere Manager verstärken das Gefühl, stets das Maximum liefern zu müssen. Perfektionistische Menschen interpretieren solche Vergleiche als Ansporn, sich noch mehr anzustrengen – und steigern damit den eigenen Druck.

Die Folgen von Perfektionismus und Selbstüberforderung

Dieser Druck wirkt im Regelfall jedoch negativ und kann zu gesundheitlichen Risiken führen. Gleichzeitig belasten (zu) hohe Ansprüche die eigene Leistungsfähigkeit, aber auch das Umfeld. In Kombination kann das zu einem Verlust an Lebensqualität führen, denn:

  • Chronischer Stress durch Selbstüberforderung kann zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychosomatischen Beschwerden und einem erhöhten Risiko für Burn-out führen. Der Körper bleibt in einem dauerhaften Alarmzustand, was langfristig erschöpfend wirkt.
  • Paradoxerweise sinkt die Leistungsfähigkeit, je stärker Perfektionismus ausgeprägt ist. Wer alles bis ins kleinste Detail kontrollieren will, verliert Zeit und Energie, verzettelt sich oder verzögert Entscheidungen. Kreativität leidet, weil Fehlervermeidung wichtiger wird als Innovation.
  • Mitarbeiter spüren schnell, wenn ihre Führungskraft extrem perfektionistisch agiert. Ständige Nachkontrollen, Mikromanagement oder unrealistische Anforderungen wirken demotivierend und können das gesamte Team belasten. Perfektionismus ist also nicht nur ein individuelles Problem, sondern beeinflusst die Organisation insgesamt.
  • Selbstüberforderung raubt Raum für Erholung, Hobbys, Familie und Freunde. Betroffene erleben oft, dass sie zwar „funktionieren“, aber innerlich zunehmend leer werden. Erfolg verliert an Freude, weil er nie ausreicht, um das Gefühl, „gut genug“ zu sein nachhaltig befriedigt.

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Wege zu mehr Selbstakzeptanz und realistischen Erwartungen

Perfektionismus ist kein Schicksal, sondern ein erlerntes Muster – und damit auch veränderbar. Es geht nicht darum, Qualität oder Engagement aufzugeben, sondern ein gesundes Maß zu finden.

1. Eigene Glaubenssätze hinterfragen

Ein erster Schritt ist es, die inneren Antreiber sichtbar zu machen:

  • „Ich darf keine Fehler machen.“
  • „Nur wenn ich mehr leiste als andere, bin ich wertvoll.“
  • „Alles muss perfekt sein.“

Hier hilft es, sich selbst sokratische Fragen zu stellen:

  • Ist dieser Gedanke wirklich wahr?
  • Gibt es Belege, die dagegen sprechen?
  • Was würde ich einem guten Freund sagen, der so denkt?

Durch dieses Hinterfragen werden starre Überzeugungen flexibler und ein realistischeres Selbstbild kann entstehen.

2. Realistische Maßstäbe setzen

Nicht jede Aufgabe erfordert 100 Prozent Perfektion. Führungskräfte können sich fragen:

  • Welche Qualität ist hier wirklich notwendig?
  • Reichen 80 Prozent aus, um das Ziel zu erreichen?
  • Was bedeutet „gut genug“ in diesem Kontext?

Das bewusste Festlegen unterschiedlicher Qualitätsniveaus für verschiedene Aufgaben hilft, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.

3. Selbstmitgefühl entwickeln

Ein Gegengewicht zu Perfektionismus ist Selbstmitgefühl. Statt sich bei Fehlern innerlich zu verurteilen, können Führungskräfte lernen, mit sich selbst so freundlich zu sprechen, wie sie es mit anderen tun würden. Studien zeigen, dass Selbstmitgefühl die Resilienz stärkt und Burn-out vorbeugt. Kleine Übungen, wie eine kurze Atemmeditation oder das innere Wiederholen eines Satzes wie „Ich darf Fehler machen und daraus lernen“, können wirksam sein.

4. Delegieren und Vertrauen üben

Perfektionistische Führungskräfte neigen dazu, alles selbst zu machen. Ein bewusster Schritt ist, Verantwortung abzugeben und Vertrauen ins Team zu entwickeln. Fehler, die dabei entstehen, sind Teil des Lernprozesses – und fördern langfristig die Kompetenz und Motivation der Mitarbeiter.

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5. Grenzen setzen und Pausen erlauben

Selbstakzeptanz bedeutet auch, auf die eigenen Ressourcen zu achten. Dazu gehört, klare Grenzen zu setzen:

  • feste Pausenzeiten,
  • Feierabend ohne ständige Erreichbarkeit und
  • bewusste Erholungszeiten am Wochenende.

Nur wer sich selbst erholt, kann auf Dauer leistungsfähig bleiben.

6. Stärkenorientierung statt Defizitfokus

Perfektionisten sehen oft nur, was fehlt oder was besser sein könnte. Ein Perspektivenwechsel ist hilfreich: bewusst Erfolge feiern, sich die eigenen Stärken ins Gedächtnis rufen und den Blick auf das Gelungene lenken.

Fazit: Ein exzellentes Gleichgewicht finden

Perfektionismus und Selbstüberforderung sind in Führungspositionen weitverbreitet. Sie entstehen durch innere Antreiber, äußere Erwartungen und eine Kultur, die Leistung oft höher bewertet als Menschlichkeit. Doch wer immer nur versucht, fehlerlos zu funktionieren, verliert am Ende Kraft, Lebensfreude und auch Führungsqualität.

Der Weg zu mehr Selbstakzeptanz beginnt mit dem Hinterfragen eigener Glaubenssätze und führt über realistische Maßstäbe, Selbstmitgefühl und klare Grenzen. Führungskräfte, die lernen, auch mit Unvollkommenheit gelassen umzugehen, sind nicht nur gesünder – sie führen authentischer, fördern Vertrauen im Team und schaffen nachhaltigere Erfolge.

Am Ende gilt: Exzellenz entsteht nicht durch permanente Selbstüberforderung, sondern durch ein gesundes Gleichgewicht zwischen Engagement und Selbstfürsorge.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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