Patt im Gaza-Streifen: US-Sondergesandter spricht von Änderung der US-Politik

Die USA haben einen Plan zur Beendigung des Gaza-Krieges. Die Hamas will die Waffen aber nur unter einer Bedingung niederlegen: Sie fordert einen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt. Das Existenzrecht Israels erkennt sie nicht an.
Titelbild
Familienangehörige von Israelis, die seit Oktober 2023 im Gazastreifen als Geiseln festgehalten werden, demonstrieren am 2. August 2025 während des Besuchs des US-Gesandten Steve Witkoff auf dem „Geiselplatz” in Tel Aviv. Witkoff traf sich am 2. August mit den Familien der Geiseln.Foto: Jack Guez/AFP via Getty Images
Epoch Times3. August 2025

In Kürze:

  • Die US-Regierung will künftig einen größeren Deal verhandeln, nicht nur über eine Waffenruhe und Geiseln.
  • Innenpolitisch steht Ministerpräsident Netanjahu unter massivem Druck.
  • Die Hamas erhöhte den Druck und veröffentlichte ein Propaganda-Video mit einer stark abgemagerten Geisel.
  • Die Hamas beansprucht das gesamte historische Palästina als Staat und erkennt kein Existenzrecht Israels an.
  • Bundesaußenminister Wadephul warnte Israel am 1. August vor einer Annexion des Westjordanlandes.

 

Die US-Regierung will ihre Gaza-Politik ändern. Statt wie bisher zunächst nur über eine Waffenruhe und die stufenweise Freilassung der Geiseln zu verhandeln, strebe US-Präsident Donald Trump jetzt einen umfassenden Deal an, der den Krieg beendet und alle verbleibenden Geiseln auf einmal zurückbringt. Das berichten die US-Nachrichtenseite „Axios“ und israelische Medien.

„Wir haben einen Plan, den Krieg zu beenden und alle nach Hause zu bringen“, äußerte der US-Sondergesandte Steve Witkoff. „Wir stehen kurz vor dem Ende dieses Krieges“, sagte er bei einem Treffen mit dem Forum der Geiselfamilien in der israelischen Stadt Tel Aviv. „Keine stückweisen Deals. Das funktioniert nicht“, wurde der US-Sondergesandte zitiert.

Die islamistische Hamas lehnt die Niederlegung ihrer Waffen entschieden ab, solange es keinen unabhängigen palästinensischen Staat gibt. Der bewaffnete Widerstand könne nur dann aufgegeben werden, wenn die Rechte der Palästinenser vollständig verwirklicht seien, insbesondere die Errichtung eines unabhängigen und vollständig souveränen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt, heißt es in einer Erklärung der Terrororganisation.

Ein Vorschlag für eine 60-tägige Waffenruhe im Gegenzug für die Freilassung von zehn lebenden Geiseln liegt derweil weiterhin auf dem Tisch.

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Innenpolitisch: Lage von Netanjahu

Die israelische Regierung ist derzeit in der Sommerpause. Zuvor verlor die Regierungskoalition die Unterstützung der Schas-Partei und damit die Mehrheit im Parlament. Das Bündnis Vereinigtes Thora-Judentum verließ die Koalition. Beide ultraorthodoxe Parteien streiten mit dem Ministerpräsidenten um die Wehrpflicht für streng religiöse Männer in Israel.

Viele Israelis empfinden es als ungerecht, dass ultraorthodoxe Juden vom Dienst an der Waffe und gefährlichen Kampfeinsätzen ausgenommen sind. Seit Sommer 2024 können auch sie eingezogen werden – Einberufungsbefehle werden von den meisten Betroffenen ignoriert.

Ob Netanjahu noch eine Mehrheit im Parlament hat, ist umstritten. Oppositionsführer Jair Lapid spricht von einer Minderheitsregierung. Sollte es einen akzeptablen Kompromiss für die Schas-Partei geben, würde sie wieder in die Regierungskoalition eintreten. Sollte es keine Einigung geben, könne die Netanjahu-Koalition versuchen, als Minderheitsregierung an der Macht zu bleiben.

Im Juni scheiterte die Opposition bei dem Versuch, durch eine Auflösung des Parlaments eine Neuwahl zu erzwingen.

Propaganda-Video mit abgemagerter Geisel

Derweil baut die Hamas weiter Druck auf die israelische Gesellschaft auf. Bei einer Demonstration in Israel forderten die Teilnehmer einen Deal zur Freilassung aller Geiseln.

In einem zuvor veröffentlichten Propaganda-Video der Hamas ist der bis auf die Knochen abgemagerte 24-jährige Evjatar David in einem engen Tunnel in Gaza zu sehen, wie er sein „eigenes Grab“ schaufelt. Zudem musste er sich an Regierungschef Benjamin Netanjahu wenden und war zu hören mit den Worten: „Ich bin von Ihnen, mein Premier, völlig verlassen worden, von Ihnen, der sich um mich und all die anderen Gefangenen kümmern müsste.“

Seine Familie erklärt: „Die Hamas benutzt unseren Sohn als lebendes Versuchsobjekt in einer abscheulichen Hungerkampagne“. Und: „Das absichtliche Aushungern unseres Sohnes als Teil einer Propagandakampagne ist eine der schrecklichsten Taten, die die Welt je gesehen hat.“

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Netanjahu traf sich am Abend laut Mitteilung seines Büros mit den Familien von David und einer weiteren Geisel und sagte auch: „Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen“. Mindestens 20 der Geiseln sollen noch am Leben sein. Das Forum der Angehörigen von Geiseln sprach von 60.000 Teilnehmern an der Protestkundgebung.

Außenminister Wadephul warnt Israel

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) warnte Israel am 1. August vor einer Annexion des Westjordanlandes. Nach einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah betonte er: „Wir unterstützen das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat zum Ende eines politischen Prozesses.“

Auf dem Rückflug nach Deutschland sprach er gegenüber dem „Deutschlandfunk“ von einer Hungersnot. „Wir beobachten ja seit geraumer Zeit, dass die Blockade, die Israel praktisch ausgebracht hat für den Gazastreifen, zu einer Hungersnot geführt hat, dazu geführt hat, dass Menschen sterben, leiden, dürsten.“

Internationale Fachleute für Ernährungssicherheit sehen die Kriterien für eine Hungersnot in Gaza bislang nicht erfüllt.

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Nach der Beratung des Sicherheitskabinetts über den Umgang mit Israel werfen die Grünen der Bundesregierung zu große Zögerlichkeit vor. „Für eine erneute Beratungsphase mit dem Kanzleramt haben die Menschen in Gaza aber keine Zeit mehr“, sagte die Grünen-Außenpolitikerin Luise Amtsberg dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

„Ein Ende der Lieferungen von Waffen, die in Gaza eingesetzt werden können, sowie weitere Sanktionen gegen Siedler und den Siedlungsbau unterstützende Minister, wären zwei erste Maßnahmen gewesen, um den Druck spürbar zu erhöhen“, so die Grünen-Politikerin.

Hamas beansprucht das gesamte historische Palästina

Mehrere arabische Staaten, darunter Ägypten und Katar, die in den indirekten Gesprächen zwischen den Kriegsparteien vermitteln, hatten kürzlich bei einer UN-Konferenz in New York ein Ende der Hamas-Herrschaft in dem Küstengebiet gefordert.

„Im Rahmen der Beendigung des Krieges im Gazastreifen muss die Hamas ihre Herrschaft im Gazastreifen beenden und ihre Waffen mit internationalem Engagement und Unterstützung an die Palästinensische Autonomiebehörde übergeben“, heißt es in einem Dokument.

Die Hamas beansprucht das gesamte historische Palästina – also einschließlich des heutigen Staatsgebietes Israels. In einem Grundsatzpapier von 2017 akzeptiert die Gruppe einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 – das heißt bestehend aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem. Das Existenzrecht Israels erkennt die Hamas nicht an. In ihrer Stellungnahme verwies die Terrororganisation darauf, dass der Besitz von Waffen und Widerstand das legitime Recht eines besetzten Volkes sei.

Israels Regierung ist ebenfalls gegen eine Zweistaatenlösung. Dort herrscht die Ansicht vor, dass das Westjordanland und Ost-Jerusalem aus historischen und religiösen Gründen Israel zustehen.

Derweil fing Israels Luftabwehr in der Nacht nach Militärangaben eine aus dem südlichen Gaza abgefeuerte Rakete ab. Zuvor hatten die Warnsirenen geheult. (dpa/dts/red)



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