Forscher empfangen unerklärliche Radiosignale über der Antarktis

Über der Antarktis haben Astrophysiker mysteriöse Radiosignale aus den Weiten des Kosmos empfangen. Mysteriös deshalb, weil sie mit dem derzeitigen Verständnis der Teilchenphysik nicht vereinbar sind.
Forscher empfangen unerklärliche Radiosignale aus der Antarktis
Die Astrophysiker stuften das von ANITA empfangene Signal als anormal ein.Foto: river34, Pantan Kamsan/iStock
Von 18. Juni 2025

In Kürze:

Ungewöhnlichen Radiosignale wurden im Rahmen des ANITA-Experiments am Südpol empfangen.

Die Signale wurden von einem Höhenballon aufgezeichnet. Ihr scheinbarer Ausgangspunkt liegt indes unter dem Eis.

Neutrinos und andere bekannte Teilchen wurden als mögliche Verursacher ausgeschlossen.

Astrophysiker stufen die empfangenen Signale als anormal ein, da sie nicht mit dem derzeitigen Verständnis der Teilchenphysik vereinbar sind.


 

30 bis 40 Kilometer hoch über der Antarktis flog ein NASA-Langzeitballon mit einem daran befestigten Detektor. Genau dieser fing im Ewigen Eis eine Reihe bizarrer Radiosignale ein, die dem derzeitigen Verständnis der Teilchenphysik widersprechen, wie eine internationale Forschergruppe verkündete.

Die ungewöhnlichen Signale wurden im Rahmen des „Antarctic Impulsive Transient Antenna“-Experiments (kurz ANITA) entdeckt. Ziel des Experiments ist es, durch die Analyse von Signalen, die die Erde erreichen, Erkenntnisse über weit entfernte kosmische Ereignisse zu gewinnen.

Ursprung der Radiosignale sind nicht Neutrinos?

Anstatt vom Eis reflektiert zu werden, schienen die Signale – eine Form von Radiowellen – von unterhalb des Horizonts zu kommen. Diese Ausrichtung ist mit dem derzeitigen Verständnis der Teilchenphysik nicht vereinbar und weist möglicherweise auf neue, bislang unbekannte Arten von Teilchen oder Wechselwirkungen hin.

„Die Radiowellen, die wir entdeckt haben, kamen in einem wirklich steilen Winkel, etwa 30 Grad unter der Eisoberfläche“, sagte Stephanie Wissel, Professorin für Astrophysik von der Pennsylvania State University. Sie sucht zusammen mit ihrem Team eigentlich nach Signalen von schwer fassbaren Teilchen, den sogenannten Neutrinos.

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Laut den Forschern müssen die Radiosignale zunächst Tausende Kilometer Gestein durchquert haben, bis sie den Detektor erreichten. Wissel erklärte dazu:

Das ist ein interessantes Problem, denn wir haben immer noch keine Erklärung dafür, was diese Anomalien verursachte. Wir wissen aber, dass es sich höchstwahrscheinlich nicht um Neutrinos handelt.“

Doppelschneidiges Schwert vom Rand unseres Kosmos

Neutrinos – Teilchen ohne Ladung und von geringer Masse – kommen im Universum reichlich vor. Normalerweise werden sie von extrem energiereichen Quellen wie der Sonne oder großen kosmischen Ereignissen wie Supernovae ausgesandt. Wie häufig Neutrinos sind, veranschaulicht die Forscherin eindrucksvoll:

„In jedem Moment fliegen etwa eine Milliarde Neutrinos durch Ihren Daumennagel.“ Weiter sagte sie, „aber Neutrinos interagieren nicht wirklich“, sodass wir diese Milliarde Teilchen nicht spüren können.

Beides, ihre Vielzahl und ihre geringen Wechselwirkungen, machten Neutrinos zu einer Art zweischneidigem Schwert. „Wenn wir sie nachweisen, bedeutet das, dass sie den ganzen Weg zurückgelegt haben, ohne mit irgendetwas anderem zu interagieren. Wir könnten ein Neutrino nachweisen, das vom Rand des beobachtbaren Universums kommt“, so Wissel.

40.000 Meter über dem Eis

Neutrinosignale gibt es demnach überall, nur sind die Teilchen schwer nachzuweisen. Wenn doch ein Nachweis gelingt, können diese Teilchen mehr über kosmische Ereignisse verraten als die leistungsstärksten Teleskope weltweit. Da sich die Neutrinos ungestört und fast so schnell wie das Licht fortbewegen können, geben sie zudem Hinweise auf Ereignisse in vielen Lichtjahren Entfernung.

Detektor, der jüngst die Radiosignale aufzeichnete, am Kranhaken

Der Ursprung der jüngst aufgezeichneten Radiosignale gibt den Forschern Rätsel auf. Foto: Stephanie Wissel/Penn State | CC BY-NC-ND 4.0

Wissel und ihr Team arbeiteten an der Entwicklung und dem Bau spezieller Detektoren, um die empfindlichen Neutrinosignale aufzufangen, denn bereits kleine Mengen bergen einen Schatz an Informationen. Und genau diesem Zweck entwarfen sie ANITA – den Rest übernimmt die Natur.

„Wir haben Antennen an einem Ballon, der 40 Kilometer über dem Eis in der Antarktis fliegt. Diese richten wir auf das Eis und suchen nach Neutrinos, die mit dem Eis interagieren und dabei Radiosignale erzeugen“, erklärte Wissel.

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Unsichtbare Wunderkerzen

Diese speziellen, mit dem Eis wechselwirkenden Neutrinos sind die sogenannten Tau-Neutrinos. Sie erzeugen ein sekundäres Teilchen – ein „Tau-Lepton“ –, das aus dem Eis freigesetzt wird und zerfällt. Dabei entstehen Emissionen, die als Luftschauer bekannt sind.

Wären Luftschauer mit bloßem Auge sichtbar, würden sie einer Wunderkerze gleichen, die beim Schwenken Funken hinter sich her zieht. Die Forscher können unterscheiden, ob die Signale durch Eis oder Luftschauer entstanden sind und so die Eigenschaften der Teilchen bestimmen, die das Signal erzeugen. Schließlich können die Signale zu ihrem Ursprung zurückverfolgt werden – nicht aber die jüngsten Radiosignale.

So könnte ein Luftschauer aussehen, wenn er mit bloßem Auge sichtbar wäre. Foto: Dinoj, Wikimedia Commons | CC BY 2.5

Durch das Herausfiltern von Hintergrundrauschen konnten die Forscher zudem andere bekannte teilchenbasierte Signale als Ursache ausschließen. Ein Abgleich mit den gelieferten Daten anderer Detektoren ergab keine Übereinstimmungen. Dies veranlasste die Astrophysiker dazu, das von ANITA empfangene Signal als anormal einzustufen und Neutrinos als Ursache auszuschließen. Somit passen die Signale nicht in das Standardbild der Teilchenphysik.

Mit dem Bau des neuen und größeren Detektors „PUEO“ wollen die Forscher künftig dem unerklärlichen Signal weiter auf den Grund gehen und so seine Entstehung verstehen und erklären.

Die Studie erschien am 27. März 2025 in der Zeitschrift „Physical Review Letters“.



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