Warum vergruben die Dänen vor 5.000 Jahren Hunderte Sonnen?

In der Jungsteinzeit vergruben dänische Bauern auf der Insel Bornholm Hunderte Steine mit eingravierten Sonnen. Die Frage nach dem Warum können nun Forscher der Universität Kopenhagen beantworten und Licht ins Dunkel bringen.
Warum vergruben die Dänen vor 5.000 Jahre ihre Sonnen?
Vor fast 5.000 Jahren vergruben dänische Bauern auf der Insel Bornholm Hunderte Sonnen – aber warum?Foto: Yuriy_Kulik/iStock
Von 25. Mai 2025

Ohne sie wäre unser Planet ein finsterer und unbewohnter Eisklotz. Die Rede ist von unserer Sonne, deren Bedeutung für das irdische Leben bereits uralten Kulturen bekannt war und von ihnen zelebriert wurde. Darstellungen von ihr finden sich auf den unterschiedlichsten Gegenständen, in verschiedenen Formen, auf der ganzen Welt und zu allen Zeiten. Ein Beispiel sind die sogenannten Sonnensteine in Dänemark.

Bei diesen Artefakten handelt es sich um kleine flache Schieferstücke mit fein eingeritzten Mustern und Sonnenmotiven. Derartige Steine sind bislang nur von der Ostseeinsel Bornholm bekannt, wo jungsteinzeitliche Bauern sie um 2.900 v. Chr. erschufen. Heute sind im Wesentlichen zwei Fundorte bekannt – Rispebjerg und Vasagård –, wo Angehörige der Trichterbecherkultur die Steine plötzlich recht zahlreich vergruben. Doch warum ließen die Dänen ihre steinernen Sonnen nie wieder ans Tageslicht?

Diese Frage stellten sich Archäologen und Klimawissenschaftler um Rune Iversen von der Universität Kopenhagen. Der Grund sei laut den Forschern sprichwörtlich düster und hänge mit einer großen Katastrophe zusammen.

Steine mit Motiv von Sonnen aus Bornholm

Zwei der auf Bornholm gefundenen Sonnensteine. Foto: National Museum of Denmark

Vergrabene Sonnen in dunklen Zeiten

So ergab eine Analyse von Eisbohrkernen aus dem grönländischen Inlandeis, dass um 2.900 v. Chr. ein großer Vulkanausbruch stattfand. Dieser sei vergleichbar mit jener Eruption in Alaska aus dem Jahr 43 v. Chr. gewesen, bei der es in den folgenden Jahren zu Ernteausfällen im Mittelmeerraum, Hungersnöten und Krankheiten kam. Belegt ist diese Katastrophe durch zahlreiche schriftliche Quellen aus dem antiken Griechenland und Rom.

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Zwar liegen aus der Jungsteinzeit in Europa keine Erwähnungen vor – weil die Schrift bis dato nicht erfunden war –, jedoch sprechen die Studienergebnisse der dänischen Forscher für sich. Die klimatisch ungünstigen Bedingungen brachten die damalige dänische Bevölkerung, die stark von der Landwirtschaft abhängig war, in große Not.

„Wir wissen, dass Sonne für die alten ackerbaubetreibenden Kulturen essenziell war. Sie bewirtschafteten ihr Land und waren auf die Sonne angewiesen, um die Ernte einfahren zu können. Wenn die Sonne aufgrund des Vulkanausbruchs für längere Zeit fast verschwunden war, war das für die Bauern äußerst beängstigend“, erklärte Rune Iversen.

Frühe Ackerbauern waren auf die Sonne angewiesen, um eine ausreichend hohe Ernte einfahren und überleben zu können. Foto: AIFEATI/iStock

Der Archäologe und seine Kollegen sehen einen klaren Zusammenhang zwischen dem Vulkanausbruch, den nachfolgenden Klimaveränderungen und der rituellen Opferung der Sonnensteine.

„Die Sonnensteine von Bornholm symbolisierten Fruchtbarkeit und wurden wahrscheinlich geopfert, um Sonne und Wachstum zu gewährleisten“, fügt Iversen hinzu. „Es liegt die Vermutung nahe, dass sich die jungsteinzeitlichen Menschen auf Bornholm durch das Opfern von Sonnensteinen vor einer weiteren Verschlechterung des Klimas schützen wollten – oder vielleicht wollten sie ihre Dankbarkeit zeigen, als die Sonne schließlich wieder zurückgekehrt war.“

Erst Nässe und Hunger, dann die Pest

Als wäre die Verdunklung der Sonne um 2.900 v. Chr. nicht genug gewesen, haben die Forscher eine weitere Katastrophe entdeckt, die die Bauern heimsuchte: die Pest. Wie aktuelle DNA-Studien an menschlichen Knochen zeigen, grassierte zu dieser Zeit auch die Pest in weiten Teilen Europas. Zwar scheint sie weniger Opfer als bei den späteren Ausbrüchen in Spätantike und Mittelalter verlangt zu haben, aber dennoch verlief sie für viele Menschen tödlich.

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In demselben Zeitraum, in dem die Menschen der Jungsteinzeit sowohl vom Vulkanausbruch als auch von Krankheiten betroffen waren, konnten die Archäologen auch einen Wandel in den Traditionen feststellen. Die Trichterbecherkultur, die rund 1.400 Jahre in diesem Gebiet lebte und für ihre charakteristische Keramik und riesigen Steingräber bekannt war, verschwand allmählich.

Beispiel eines jungsteinzeitlichen Trichterbechers, nach dem eine ganze Kultur benannt ist. Foto: Lennart Larsen/Nationalmuseet, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

„An der von uns ausgegrabenen Anlage auf Bornholm können wir auch sehen, dass die Bewohner nach der Opferung der Sonnensteine die Struktur der Anlage veränderten. Anstelle von Opfergräben bauten die Menschen ausgedehnte Palisadenreihen und kreisförmige Kulthäuser. Wir wissen nicht, warum, aber es ist anzunehmen, dass die erheblichen klimatischen Veränderungen in irgendeiner Weise eine Rolle gespielt haben“, schlussfolgert Iversen.

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Die Studie erschien am 16. Januar 2025 in der Fachzeitschrift „Antiquity“.



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