Millionen Tote für den Klimaschutz: Warum Fledermäuse oft Opfer von Windrädern werden

In Kürze:
- Einer Studie zufolge starben in den USA jedes Jahr Millionen Fledermäuse durch Kollisionen mit Windrädern.
- Die Ursache seien die weißen, reflektierenden Rotorblätter, die den Tieren einen offenen Nachthimmel vortäuschen.
- Unbeteiligte Forscher hegen Zweifel an der Gültigkeit des durchgeführten Experiments.
- Bisherige Schutzmaßnahmen liefern gemischte Ergebnisse – für Tiere und Windradbetreiber.
Laut Schätzungen des deutschen Naturschutzbundes „NABU“ sollen jedes Jahr etwa 100.000 Vögel nach einem Zusammenstoß mit Windrädern verenden. Wie viele es tatsächlich sind, ist unbekannt, da in Deutschland derartige Zahlen nicht erfasst werden.
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Eine aktuelle Studie zeigt für die USA, dass Windkraftanlagen weitaus mehr Fledermäuse als Vögel töteten – und zwar Millionen Tiere pro Jahr. Auch die Unfallursache sei klar: Die kleinen Fledermäuse prallen mit den riesigen Rotorblättern zusammen. Wieso sich die Tiere jedoch so nah an den drehenden Gefahren aufhalten, ist umstritten.
Windräder verleiten Fledermäuse
Fledermäuse scheinen sich ungewöhnlich stark zu Windrädern hingezogen zu fühlen. Sie schweben in der Luft neben den riesigen Energieerzeugungsmaschinen und verbringen übermäßig viel Zeit in der Nähe ihrer Masten und Rotorblätter. Das Ergebnis: tödliche Kollisionen.
Neue Experimente deuten darauf hin, dass Licht ein möglicher Grund für die Zusammenstöße ist. Fledermäuse orientieren sich anhand der Helligkeit des offenen Himmels – ein visueller Hinweis, der durch das von hellen Rotorblättern reflektierte Licht nachgeahmt wird.
Ähnlich wie Motten, die vom Licht angezogen werden, führen diese Reflexionen zur Täuschung der Fledermäuse und schließlich zu reihenweise tödlichen Kollisionen, so die Forscher in ihrer Studie.
„Das ist eine dieser Studien, die nicht sehr oft durchgeführt werden“, sagte Jack Hooker, ein an der Studie nicht beteiligter Fledermausbiologe.
Im Gegensatz zu vielen großangelegten Untersuchungen des Fledermaussterbens nahe Windkraftanlagen konzentriert sich die neue Arbeit auf eine bestimmte mögliche Ursache und teste diese in Experimenten.

Der Mond könnte Reflexionen verursachen, die die Fledermäuse täuschen. Foto: Armbrecht/iStock
Augen statt Ohren
Lange ist bekannt, dass Fledermäuse den offenen Himmel als visuelle Orientierungshilfe bei der Navigation nutzen. Hellere Flecken in ihrem verschwommenen Sichtfeld zeigen ihnen die Richtung des Himmels an, und sie orientieren sich daran.
Daraus schlossen die Ökologin Kristin Jonasson und ihre Kollegen, dass die Rotorblätter in der Dämmerung möglicherweise so viel Mondlicht reflektieren, dass sie wie der helle Himmel erscheinen und Fledermäuse anlocken.
Um diese Hypothese zu überprüfen, fingen die Forscher Eisgraue Fledermäuse (Lasiurus cinereus) und Silberhaarfledermäuse (Lasionycteris noctivagans) aus der freien Natur ein. Diese beiden in Nordamerika beheimateten Arten fallen überwiegend den Windkraftanlagen zum Opfer.
Zurück im Labor setzten sie die Tiere in ein dunkles Labyrinth mit zwei Ausgängen. Einer war teilweise durch ein weißes Rotorblatt blockiert, das künstliches Mondlicht reflektierte, während der andere frei war. Fast 75 Prozent der Eisgrauen Fledermäuse und fast alle Silberhaarfledermäuse – bis auf eine – flogen auf das weiße Rotorblatt zu.
„Ihre Echoortung würde ihnen sagen, dass es einen völlig freien Ausgang gibt, und dennoch flogen sie auf den [teilweise] blockierten Ausgang zu“, erklärt Jonasson.
Laut den Forschern deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass die Fledermäuse eher ihr Sehvermögen als ihre Echoortung nutzten, um einen Ausweg zu finden. In freier Wildbahn könnten die Tiere theoretisch ihre Echoortung nutzen, um den Rotorblättern auszuweichen. Gleichzeitig könnte der Lärm der Turbinen dies erschweren.
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Kritik am Experiment
Fall abgeschlossen? Nicht ganz, sagt Christian Voigt, Biologe am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, der nicht an der Studie beteiligt war. Beide in der Studie verwendeten Fledermausarten schlafen auf Bäumen und sind es nicht gewohnt, in Tunneln zu fliegen.
Nach Ansicht des Biologen stelle das Experiment daher eine schlechte Annäherung an ihr Verhalten in freier Wildbahn dar. Außerdem könnten die Tiere durch den ungewohnten Umgang mit Menschen gestresst gewesen sein.
Als mögliche Ursachen für die tödlichen Kollisionen nennt Voigt die von den riesigen Rotorblättern verursachten Windturbulenzen und die Geräusche der Anlagen, die die Navigation der Fledermäuse stören. Ebenso möglich sei eine Verwechslung der Masten mit Bäumen, auf denen sie gewöhnlich nisten.
Der Fledermausbiologe Jack Hooker liefert eine weitere mögliche Anziehungskraft der Anlagen auf Fledermäuse.
„Es gibt auch Hinweise darauf, dass [die Fledermäuse] von den Insekten angezogen werden, die sich um [die Windkraftanlagen] herum ansammeln.“
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Neben den Windturbulenzen und irreführenden Geräuschen der Anlagen kann auch die Jagd nach Insekten ein Grund für die erhöhte Sterblichkeit von Fledermäusen an Windrädern sein. Foto: Paul Colley/iStock
Fledermäuse mit Farbe schützen
Um die Tiere vor dem Tod bewahren zu können, müssen ihr Verhalten und ihre Beweggründe eindeutig erkannt werden. Erst dann können die Unfälle für Mensch und Tier effektiv verhindert werden.
Derzeitige Bemühungen zum Schutz der Tiere umfassen unter anderem die Verwendung von Ultraschallgeräuschen, um die Echoortung der Fledermäuse zu stören und sie dazu zu bringen, den Bereich um die Windkraftanlagen zu meiden. Eine zweite Maßnahme ist die Abschaltung der Windkraftanlagen während der Hauptaktivitätszeiten der Fledermäuse.
Während die erstgenannte Maßnahme zu gemischten Ergebnissen geführt hat, sind Windradbetreiber kein Fan der letzteren. So ermöglichten erstmals 2023 Abschaltungen von Windrädern in den Niederlanden Vögeln während der Hauptzugzeit weitgehend freien Flug. In dieser Zeit können die Betreiber aber keinen Strom ernten und somit keine Einnahmen erzielen.
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Zugleich heißt Abschaltung nicht Stillstand. In der Regel wird verlangt, dass sich die Windräder während jenen Zeiten mit maximal zwei Umdrehungen pro Minute drehen. Auch dann erreichen die Flügelspitzen großer Windräder noch Geschwindigkeiten von über 50 km/h. Heimische Fledermäuse fliegen ihrerseits mit 20 bis 30 km/h, woraus – immer noch tödliche – Aufprallgeschwindigkeiten von bis zu 75 km/h resultieren.
Eine Alternative könnte darin bestehen, die Farbe der Turbinenblätter so zu ändern, dass sie weniger stark Mondlicht reflektieren. Schwarz ist ausgeschlossen, da solche Blätter für Flugzeuge weniger sichtbar sind und mehr Wärme absorbieren, was die Turbinen beschädigen könnte.
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„Wenn wir Farben finden, die [für die Tiere] weniger attraktiv sind, könnte man vielleicht sowohl die Windenergieentwicklung als auch die Sicherheit der Fledermäuse gewährleisten“, sagte Kristin Jonasson.
Die Studie erschien am 13. August 2025 im Fachjournal „Biology Letters“.
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