Studie zur Partnersuche zeigt: Gutes Aussehen nützt nichts, wenn edles Auftreten fehlt

Bunte Farben, prächtige Federn – doch am Ende erwählen weibliche Zebrafinken und Kampfläufer nicht den Schönsten, sondern den mit dem besten Auftritt oder der cleversten Strategie.
Gutes Aussehen nützt nichts, wenn edles Auftreten fehlt.
Pfauen sind für ihr prächtiges Aussehen bekannt.Foto: EyeEm Mobile GmbH/iStock
Von 3. Oktober 2025

In Kürze:

  • Es heißt, dass das Aussehen eine wichtige Rolle bei der Findung eines Partners spielt.
  • Bei Zebrafinken und Kampfläufern entscheidet jedoch nicht das prächtigste Gefieder über den Paarungserfolg, sondern Gesang, Stärke oder Verhalten.
  • Merkmale, die Menschen als „schön“ empfinden, müssen sich in der Natur nicht bewähren.

 

Die Balz einiger Vogelarten ist ein Spektakel für Augen und Ohren: Mit herzergreifenden Gesängen, extravaganten Farben oder spektakulären Tanzeinlagen versuchen die Männchen, Weibchen von sich zu überzeugen. Vieles davon kommt bekannt vor.

„So wie Vögel bei der Partnerwahl ihr Aussehen und ihre Stimme einsetzen, könnte man meinen, dass sie die gleichen Merkmale attraktiv finden wie wir Menschen“, sagt Wolfgang Forstmeier, der am Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz im oberbayrischen Seewiesen forscht. Aber ist das tatsächlich so? Forstmeier hat einen großen Teil seiner bisherigen Laufbahn damit verbracht, diese weitverbreitete Annahme zu prüfen – mit überraschendem Ergebnis.

Gutes Aussehen ist das A und O – nicht bei Tieren

Beim Blinddate in Seewiesen sitzt ein männlicher Zebrafink in seiner Voliere auf einer Holzstange und wartet. Wird er heute die Partnerin fürs Leben finden? Der kleine grau-weiße Vogel mit dem leuchtend roten Schnabel und dem orangefarbenen Wangenfleck dreht den Kopf zur Seite. Ein Weibchen kommt geflogen und setzt sich ihm gegenüber. Jetzt geht es los: Das Männchen beginnt, zu singen. Die Dame hört zu und trifft ihre Wahl.

Wolfgang Forstmeier hat über 75.000 solcher Aufeinandertreffen auf Video aufgenommen und analysiert. Er hat zudem die Männchen gewogen, die Schnabelfarbe nach ihrer Auffälligkeit bewertet und ihren Wangenfleck vermessen – alles, um herauszufinden, welche Eigenschaften die Weibchen bevorzugen. Das Ergebnis war unerwartet.

Gutes Aussehen nützt Vögeln nicht bei der Partnerwahl

Aufnahme eines männlichen Zebrafinken (Taeniopygia) aus der Familie der Prachtfinken. Foto: EyeEm Mobile GmbH/iStock

„Uns wurde klar, dass es gar keinen Faktor geben kann, der bestimmte Männchen attraktiv macht, denn die Weibchen sind sich völlig uneins, wer ihnen gefällt“, fasst Forstmeier zusammen.

„Wir Menschen sind davon überzeugt, dass es bei der Partnerwahl im Tierreich in erster Linie um Schönheit geht. Zumindest bei den Zebrafinken scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein“, erklärt Forstmeier.

Stattdessen könnte neben dem Gesang auch das Verhalten des potenziellen Partners eine wesentliche Rolle spielen. „Es entwickeln sich regelrechte Sympathien oder Antipathien zwischen den Vögeln“, sagt Forstmeier. Optische Merkmale dienen seiner Ansicht nach dagegen der Erkennung von Artgenossen.

Fremde Dialekte überzeugen nicht

Woher kommt dann aber die weitverbreitete Ansicht, dass gutes Aussehen ein wichtiges Kriterium für die Partnerwahl ist? Forstmeier vermutet, dass bislang veröffentlichte Studien vom wahren Bild ablenken, indem vermehrt Forschungen mit positivem Ergebnis publik werden, während gegenteilige Studien unter den Tisch fallen.

Dass der Gesang eine zentrale Rolle spielt, kann laut Forstmeier dagegen nicht abgestritten werden. So zeigten Zebrafinkenweibchen in seiner Studie eine Vorliebe für bestimmte Gesangs-„dialekte“. Zwei getrennt voneinander gehaltene Gruppen haben am Institut über die Jahre unterschiedliche Dialekte entwickelt. Und genau diese beeinflussen offenbar die Attraktivität: Weibchen präferieren eindeutig den ihnen bekannten Dialekt statt den fremden.

Inzwischen widmet sich Forstmeier einer anderen Art: dem Kampfläufer. Diese elstergroßen Vögel leben gewöhnlich in Feuchtgebieten im Nordwesten Europas und Russlands. Während der Balz bieten die Tiere ein eindrucksvolles Schauspiel: von eitlem Zurschaustellen bis zu wildem Schnabelhacken.

Ein Kampfläufer (Calidris pugnax) im Prachtkleid während der Balz. Foto: Wirestock/iStock

Die Männchen versuchen, möglichst viele Weibchen in ihre Balzarena zu locken. Dazu stellen sie ihre imposanten, individuell gefärbten Halskrausen auf und springen flügelschlagend hoch in die Luft. Die Weibchen beäugen das Schauspiel zunächst aus sicherer Entfernung.

Auftreten statt Aussehen: Edle Ritter im Gefieder

Und genau wie bei den Zebrafinken ist auch bei den Kampfläufern das Aussehen nicht das ausschlaggebende Kriterium. „Obwohl die Männchen bei der Balz ihr Prachtgefieder zur Schau stellen, spielt es für die Wahl der Weibchen keine Rolle“, erklärt Forstmeier. Auch hier geht Forstmeier davon aus, dass die Farbenvielfalt mehr der individuellen Erkennung dient.

Stattdessen imponiert den Weibchen vor allem Stärke. Weil Dominanz scheinbar für Weibchen sehr attraktiv ist, wird in den Balzarenen vermutlich ständig gekämpft. Das permanente Ringen darum, seine Stellung zu verteidigen oder zu verbessern, ist zwar anstrengend, aber es lohnt sich, denn das Alphamännchen bekommt deutlich öfter die Gelegenheit, sich zu paaren und seine Gene weiterzugeben.

„Mehr als die Hälfte aller Paarungen entfallen auf das dominante Männchen. Rangniedere Vögel bekommen nur selten eine Chance oder gehen sogar ganz leer aus“, erklärt Clemens Küpper, der am Max-Planck-Institut in Seewiesen die Arbeitsgruppe Verhaltensgenetik und Evolutionäre Ökologie leitet.

[etd-related posts=“4498297″]

Schönheit ist individuell

Schönheit ist also weder bei den Kampfläufern noch bei den Zebrafinken ein ausschlaggebendes Kriterium für die Partnerwahl. Mindestens genauso wichtig sind Gesang, Stärke und Verhalten. Oder, anders gesagt: Schönheit allein betrachtet, hat keine große Anziehungskraft. Wirkliche Attraktivität wirkt oft individuell und ist das Zusammenspiel vieler verschiedener Eigenschaften eines potenziellen Partners.

Schön kann also sein, wer im richtigen Dialekt singt, mutig kämpft oder sich dem anderen gegenüber angemessen verhält. Jede Art hat ihren eigenen Begriff von Schönheit – und dieser muss nicht immer mit dem menschlichen Empfinden übereinstimmen.

Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion