Algen im Teilchenbeschleuniger

Algen sind klein und grün? Nicht unbedingt. Tatsächlich sind sie so vielfältig und zahlreich, dass Forscher regelmäßig neue Algen – und Einsatzgebiete – entdecken. In einem amerikanischen Teilchenbeschleuniger wollen deutsche Forscher der größten Algensammlung der Welt weitere Geheimnisse entlocken.
Algen können Wasser reinigen und Stoff für Biokraftstoffe sein
Die Anzahl der Algenarten auf der Erde ist unbekannt – genauso wie all ihre möglichen Verwendungszwecke.Foto: greenleaf123/iStock
Von 11. Juli 2025

In Kürze:

Anzahl und Vielfalt der Algen auf der Erde sind der Forschung nicht in Gänze bekannt.

Die größte Algensammlung der Welt befindet sich an der Universität Duisburg-Essen.

Gewässerreinigung und saubere Kraftstoffe sind zwei bekannte Anwendungen.

Im Teilchenbeschleuniger und mit genetischen Analysen suchen Forscher weitere Einsatzgebiete.


 

Algen gelten als wahre Multitalente der Natur. Sie können nicht nur Kohlenstoffdioxid in organische Materie umwandeln, sondern auch Wasser reinigen. Das ist gut, denn fast die Hälfte der europäischen Gewässer ist in einem schlechten Zustand.

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Allein in den Flüssen Europas haben Forscher über 500 Chemikalien nachweisen können, die durch Industrie, Abwässer und Landwirtschaft in die Gewässer gelangten. Dass dies fatale Folgen für die aquatischen Lebensräume und ihre Bewohner hat, ist von Fischen und Korallen bekannt. Eine Lösung des Problems könnte laut den Forschern um Juniorprofessorin Dr. Anzhela Galstyan von der Universität Duisburg-Essen mit Algen erzielt werden.

„Kieselalgen sind mikroskopisch kleine einzellige Organismen, die in Gewässern leben und eine Zellwand aus Kieselsäure (Siliziumdioxid) besitzen. Dank seiner porösen Struktur kann es eine Vielzahl von Schadstoffen aufnehmen“, erklärte Galstyan.

Algen unter dem Mikroskop: die Kieselalge

Kieselalgen unter dem Mikroskop. Foto: Elif Bayraktar/iStock

An Farbstoffen getestet

Dass dies funktioniert, konnten die Forscher mit ihrer Studie zeigen und im Fall von zwei Farbstoffen belegen, die häufig aus der Textilindustrie in Flüsse und Grundwasser gelangen: Methylenblau und Methylorange.

Unabhängig von unterschiedlichen Salzkonzentrationen und pH-Werten entfernte das aus den Algenschalen bestehende Kieselgur die Schadstoffe gleichbleibend effektiv. Während Kieselgur den Farbstoff Methylenblau zu 100 Prozent entfernte, entfernte das herkömmliche Reinigungsmittel Silica nur 88 Prozent der Chemikalie. Im Fall von Methylorange lag die Effizienz von Algen und Silica bei rund 70 Prozent.

Kieselgur besteht aus Kieselalgen

Kieselgur kommt als Pulver auch im Garten zur natürlichen Schädlingsbekämpfung zum Einsatz. Foto: Helin Loik-Tomson/iStock

„Wir sehen in Kieselgur eine umweltfreundliche und kostengünstige Lösung zur Wasseraufbereitung“, betonte Galstyan. Weiter sagte sie:

„Das könnte problemlos auch in industriellem Maßstab umgesetzt werden.“

Der große Vorteil: Algen sind ein nachwachsender Rohstoff und lassen sich mit minimalem Energieaufwand züchten – ganz im Gegensatz zum etablierten Filtermaterial Aktivkohle. Nun prüfen die Forscher, wie Kieselgur in Membranen zur Wasserreinigung eingesetzt werden kann. Dank der weltweit größten Algensammlung, die an der Universität Duisburg-Essen beheimatet ist, seien die Voraussetzungen für die Entwicklung dieser umweltfreundlichen Technologie optimal.

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Algen im Teilchenbeschleuniger

Algen entfernen indes nicht nur Schadstoffe, sondern können auch erwünschte Stoffe produzieren. Welche Algen welche Stoffe herstellen, wollen Forscher derselben Universität durch Analysen von Algen im Teilchenbeschleuniger herausfinden.

So ist bekannt, dass Algen wie Chlorella besonders viele Lipide produzieren, aus denen schließlich grüner Kraftstoff hergestellt werden kann. Prof. Dr. Alexander Probst und Dr. Andre Soares von der Universität Duisburg-Essen wollen mithilfe der Infrarot-Spektroskopie genau herausfinden, welche Biomoleküle von den Algen produziert werden.

„Wir möchten Algen identifizieren, die sich für biotechnologische Anwendungen eignen, beispielsweise zur Herstellung von Biokraftstoffen“, erklärte Probst seinen Forschungsschwerpunkt.

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Weiterhin widmet sich das Team auch der Grundlagenforschung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Analyse, wie Algen mit anderen Organismen – etwa Bakterien – interagieren. Diese Erkenntnisse könnten wertvolle Einblicke in die Ökologie und Funktionalität von Algen liefern.

Den ersten Schritt machten die Forscher bereits 2024 mit der Entschlüsselung des Erbguts von mehr als 100 Algenstämmen. In Kombination mit den Teilchenbeschleuniger-Untersuchungen sollen sich nun vollkommen neue Möglichkeiten eröffnen.

„Wir entschlüsseln nicht nur die genetischen Baupläne der Algen, sondern können gleichzeitig feststellen, welche Biomoleküle sie produzieren“, so Probst. Ergebnisse sind ab der zweiten Hälfte des Jahres 2025 zu erwarten.



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