Wachsen uns bald Körperteile wie beim Axolotl nach?

US-amerikanische Forscher haben herausgefunden, wie Axolotl die richtigen Gliedmaßen an der richtigen Stelle nachwachsen lassen können. Wichtig ist dabei ein signalgebendes Molekül, das auch der Mensch besitzt.
Wachsen uns bald Körperteile wie beim Axolotl nach?
Axolotl haben Grund zum Lächeln: Ihnen wachsen Gliedmaßen und Organe auf Signal eines bestimmten Moleküls nach.Foto: izanbar/iStock
Von 7. Juli 2025

In Kürze:

Motivation: US-amerikanische Forscher wollten herausfinden, wie Axolotl gezielt Gliedmaßen nachwachsen lassen.

Entdeckung: Wichtig für den Regenerationsprozess ist ein Molekül namens Retinsäure, welches als Signal fungiert und auch der Mensch besitzt.

Ausblick: Bis dem Menschen Körperteile nachwachsen, müssen die regenerativen Zellen nicht nur Narbengewebe, sondern auch Knochen und Muskeln auf Signal herstellen können.


 

Axolotl sind mit ihrem charakteristischen Lächeln und den rosafarbenen Kiemen die Berühmtheiten der Salamanderwelt. Aber sie sind mehr als nur niedlich. Sie könnten das Geheimnis zum Nachwachsen menschlicher Gliedmaßen hüten.

Eigentlich ist der Axolotl aus der Ordnung der Schwanzlurche in den Gewässern Mexikos zu Hause. Da sich die „ewige Kaulquappe“ ihren Lebensraum jedoch mit zahlreichen Fressfeinden teilen muss, gab ihm die Natur die Superkraft, Körperteile innerhalb von zwei Monaten nachwachsen zu lassen.

Unter Biologen sind Axolotl für diese bemerkenswerte Fähigkeit seit Längerem bekannt. Dabei können die Schwanzlurche nicht nur ganze Gliedmaßen, sondern auch Organe neu entstehen lassen.

Biologische Zeichnung eines Axolotl

Axolotl sind mexikanische Schwanzlurche aus der Familie der Querzahnmolche. Foto: Teresa Such Ferrer, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

US-amerikanische Forscher um Prof. James Monaghan von der Northeastern University haben nun damit begonnen, das Geheimnis hinter der Superkraft der Axolotl zu lüften. Ein erster Meilenstein ist die Entdeckung des Mechanismus hinter der Regeneration. Wenn es den Forschern gelingt, diese Fähigkeit weiterzuentwickeln, kann sie zukünftig auch uns Menschen nützen.

„Es könnte bei der narbenfreien Wundheilung helfen, aber auch beim Nachwachsen eines ganzen Fingers“, so Monaghan. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch etwas Größeres wie eine Hand nachwachsen könnte.“

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Baustein und Initialzündung gefunden

Seit 200 Jahren beschäftigte eine Frage die Wissenschaft: Woher weiß ein Axolotl, welcher Körperteil nachwachsen soll? Wenn er eine Hand verliert, woher weiß er dann, dass nur eine Hand nachwächst und nicht ein ganzer Arm?

Diese Fähigkeit ist nachweislich eng mit dem sogenannten Positionsgedächtnis verbunden. Darin involviert ist anscheinend auch ein Molekül namens Retinsäure, was dafür verantwortlich ist, dass die Zellen eines Axolotls genau wissen, wo sie sich befinden und welcher Körperteil nachwachsen soll. Das Molekül fungiert dabei als Signal für die regenerierenden Zellen, die ihnen sagen, was und wie viel sie nachwachsen lassen sollen.

Das Gute daran ist, dass die Retinsäure nicht nur im Axolotl vorliegt, sondern auch im Menschen. Während das Molekül im Schwanzlurch aber von Natur aus vorhanden ist, nehmen wir Menschen dieses zum Großteil über unsere Nahrung oder Medikamente auf. Außerdem scheint die Retinsäure beim Axolotl nicht gleichmäßig verteilt vorzukommen. So ergaben Untersuchungen, dass beispielsweise in den Schultern die Menge an Retinsäure höher ist als in den Händen.

„Die Zellen können diesen Hinweis dahingehend interpretieren, dass sie sagen: ‚Ich bin am Ellbogen, und dann werde ich die Hand nachwachsen lassen‘ oder ‚Ich bin an der Schulter. Ich habe einen hohen Gehalt an Retinsäure, also lasse ich die gesamte Gliedmaße nachwachsen‘“, erklärte Monaghan.

Vom Axolotl zu Frankenstein

Um diese Entdeckung zu überprüfen, testete der Professor die Grenzen des Möglichen nach eigenen Angaben auf Frankenstein-Art. Indem er der Hand eines Axolotls zusätzliche Retinsäure hinzufügte, wuchsen dem Schwanzlurch zwei Hände statt nur eine. Damit bestätigte er seine Theorie und die bedeutende Rolle der Retinsäure beim Nachwachsen von Körperteilen.

Nun wollen die Forscher diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragen. Aber anders als im Körper des Axolotls, in dem Signale stetig zwischen den biologischen Akteuren gesendet werden, hören die Zellen im menschlichen Körper nicht auf die gleiche Weise zu.

Wenn wir uns an einem Arm verletzen, legen unsere Zellen Kollagen an und bilden eine Narbe. Im Axolotl hören die Zellen auf Retinsäure, drehen die Zeit zurück und lassen nicht nur Hautgewebe, sondern einen vollständigen Körperteil mit Knochen, Muskeln und Sehnen wachsen.

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„Wenn wir einen Weg finden, unsere regenerativen Zellen dazu zu bringen, auf diese Signale zu hören, dann erledigen sie den Rest“, sagte Monaghan. „Unsere Zellen wissen bereits, wie man einen Körperteil herstellt, weil sie es schon während der Entwicklung getan haben.“

Bis dem Menschen neue Gliedmaßen nachwachsen können, gibt es in der Forschung noch vieles zu untersuchen. Der nächste Schritt bestehe darin, die Vorgänge in den Zellen selbst zu verstehen und herauszufinden, worauf die Retinsäure abzielt.

Schwanzlurch hilft bei Keimen und Krebs

Nicht in, sondern auf der Haut des Axolotl haben deutsche Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover einen weiteren heilsamen Stoff gefunden. Dabei handelt es sich um antimikrobielle Peptide, die Teil des angeborenen Immunsystems sind und nicht nur gefährliche Krankenhauskeime, sondern auch Tumorzellen bekämpfen.

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Diese Fähigkeit macht den Schwanzlurch im Hinblick auf die zunehmende Antibiotikaresistenz von Bakterien noch interessanter. In ihrer Studie konnten die Forscher um Dr. Sarah Strauß beweisen, dass der Hautschleim ihrer im Labor lebenden Axolotl vor allem auch langfristig wirksam ist. So weisen sie laut den Forschern ein breites Wirkungsspektrum auf und gleichzeitig sei es für die Erreger schwieriger, Resistenzen zu entwickeln.

Um die glitschige Substanz zu gewinnen, wurden die Axolotl mit sterilen Handschuhen sanft massiert und der produzierte Schleim von den Handschuhen abgenommen – alles gemäß den Richtlinien des deutschen Tierschutzgesetzes. Von den Tausenden gewonnenen Peptiden wurden schließlich 22 potenziell wirksame Kandidaten ausgewählt und künstlich hergestellt – eine aufwendige und teure, aber heilsame Prozedur.

Im Labor erkannten die Forscher später die Wirkungsweise der Peptide. So enthalten sie teils wasserabweisende Aminosäuren mit positiver Ladung, die sich an die Zellwand von Bakterien binden. Dort verursachen sie kleine Löcher oder dringen in die Zelle ein und binden an Moleküle. Beides schädigt die Zelle und führt zum Tod – auch bei Pilzen und Viren. Dank dieser Erkenntnisse könnten Forscher künftig Medikamente mit ähnlicher Wirkung herstellen und die Axolotl friedlich weiterschwimmen lassen.



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