Vera C. Rubin: Mutter auf der Suche nach dem Unsichtbaren

Vera C. Rubin bekam jede Menge Steine in den Weg gelegt. Als Frau sollte sie im Haushalt statt in der Forschung tätig sein. Doch die Astronomin ließ sich nicht beirren und überwand jede Hürde bis zur Dunklen Materie.
Vera C. Rubin im Jahr 1963
Vera C. Rubin arbeitet an einem Teleskop des Kitt Peak National Observatoriums im Jahr 1963.Foto: KPNO/NOIRLab/NSF/AURA, Wikimedia Commons | CC BY 4.0
Von 30. Juni 2025

In Kürze:

Wegbereitende Astronomin: Vera C. Rubin ist eine der bedeutendsten Wissenschaftlerinnen des 20. Jahrhunderts und revolutionierte unser Verständnis von Galaxien und Dunkler Materie.

Pionierin der Dunklen Materie: Ihre Messungen von Galaxien zeigten, dass sich Sterne schneller als erwartet um das Zentrum von Galaxien bewegen, was auf die Existenz von Dunkler Materie hinweist.


 

Es gibt nicht allzu viele große Sternwarten und Teleskope, die nach Frauen benannt sind. Doch jetzt hat das Vera C. Rubin Observatorium im Norden Chiles sein Auge geöffnet und blickt mit einem 8,4-Meter-Spiegel ins All.

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Im Fokus stehen unter anderem die Kartierung der Milchstraße und die Beobachtung von erdnahen Asteroiden. Zu den Aufgaben gehört auch die Suche nach der Dunklen Materie – ein Forschungsgebiet, auf dem die Namensgeberin wertvolle Beiträge geleistet hat.

Vera C. Rubin: Ihr Kampf gegen Diskriminierung

Die Karriere von Vera Florence Cooper (1928–2016) – verheiratet Rubin – begann im Alter von zwölf. Damals, Anfang der 1940er-Jahre, sah sie stundenlang zum Sternenhimmel empor, beobachtete den Mond und Planeten und zeichnete die Leuchtspuren von Meteoren auf.

Entsprechend früh stand für Vera C. Rubin fest, dass sie Astronomin werden wollte. Sie bekam ein Stipendium am renommierten Vassar College im US-Bundesstaat New York, das damals ausschließlich Frauen ausbildete. Nebenbei arbeitete sie während der Sommermonate in Washington, D.C. als Hilfskraft in einem wissenschaftlichen Labor.

Vera C. Rubin im Jahr 1974

Vera C. Rubin während einer Messung im Jahr 1974. Foto: NOIRLab/NSF/AURA, Wikimedia Commons | CC BY 4.0

Nach dem glänzenden Bachelorabschluss in Astronomie bewarb sich Vera C. Rubin 1948 um ein Graduiertenprogramm an der Princeton University. Doch sie wurde prompt abgelehnt. Die Begründung: Sie sei als Frau nicht zum Studium zugelassen.

Dieses Erlebnis prägte die junge Vera, sodass sie sich fortan für Gleichberechtigung und die Akzeptanz von Frauen in der Forschung einsetzte. Doch zunächst musste die Zwanzigjährige ihren eigenen Weg finden.

Hartnäckig über steinigen Weg

Die Cornell University nahm sie auf, berühmte Wissenschaftler wie Hans Bethe und Richard Feynman unterrichteten sie. Dort traf sie auch auf die Astronomin Martha Stahr Carpenter, bei der sie erfolgreich ihre Masterarbeit über die Geschwindigkeitsverteilung von Galaxien schrieb.

Diese Forschungen schienen den Fakultätsleiter in Cornell zu überzeugen. Er schlug vor, sie auf einer Tagung der American Astronomical Society zu präsentieren – unter der Bedingung, seinen Namen in die Arbeit mit aufzunehmen. Vera C. Rubin lehnte ab und fuhr allein zur Tagung.

Vera C. Rubin im Jahr 1963

Vera C. Rubin kam zu keiner Zeit von ihrem Weg in der Forschung ab. Foto: KPNO/NOIRLab/NSF/AURA, Wikimedia Commons | CC BY 4.0

Während eine US-amerikanische Zeitung die Reaktionen auf ihren Vortrag „höflich“, aber auch „hartnäckig“ nannte, erzählte Vera C. Rubin viele Jahre später eine andere Sicht: So soll es von den männlichen Kollegen auf dem Kongress wütende Proteste gegeben haben.

In ihrer Doktorarbeit an der Georgetown University beschäftigte sich die Astronomin mit der Verteilung von Galaxien im Weltall. Die Absprachen mit ihrem Doktorvater gestalteten sich schwierig, weil sein Büro in einem Bereich auf dem Campus lag, zu dem Frauen keinen Zutritt hatten. Doch das hinderte Vera C. Rubin nicht an ihrer Arbeit.

Vera C. Rubin zwischen Kindern und Galaxien

Sie entdeckte beispielsweise, dass die Sternsysteme keineswegs gleichmäßig im Raum auftreten, sondern in Haufen. Dieses Resultat wollte sie nach Abschluss der Promotion im Jahr 1954 im „Astrophysical Journal“ veröffentlichen. Der damalige Chefredakteur lehnte dies mit der Begründung ab, sein eigener Doktorand arbeite am selben Thema und sein Beitrag solle als Erstes erscheinen.

Nach der Promotion blieb Vera C. Rubin noch einige Jahre an der Georgetown University und ging als Beobachterin an verschiedene Sternwarten in den USA. Schließlich wurde sie zu einem Aufenthalt am Observatorium auf dem Mount Palomar in Kalifornien eingeladen, welches das seinerzeit größte Teleskop der Welt beherbergte. Der Direktor machte eine Ausnahme, denn Frauen waren in seiner Einrichtung eigentlich nicht zugelassen.

Im Jahr 1965 nahm Rubin, mittlerweile vierfache Mutter, eine Teilzeitstelle in Washington an, wo sie Kent Ford kennenlernte. Der Physiker hatte einen Apparat entwickelt, der sich ideal dazu eignete, die Geschwindigkeit von Sternen zu messen. Rubin erkannte den Wert dieses mächtigen Instruments für ihre Forschungen an Galaxien, um deren sogenannte Rotationskurven zu bestimmen.

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Rätselhafte Rotation der Galaxien

Seit vielen Jahren wusste man, dass Galaxien – auch die Milchstraße – rotieren. Alle Sterne kreisen um das Zentrum. Unsere Sonne benötigt dafür rund 230 Millionen Jahre. Nach der Newtonschen Physik sollten die Sterne mit wachsendem Abstand vom Herz der Milchstraße immer langsamer werden, ähnlich wie die Planeten im Sonnensystem.

So ist unter anderem der sonnenferne Neptun mit gemächlicherem Tempo unterwegs als der schnell dahinrasende sonnennahe Merkur. Doch bisher hatte noch niemand die Rotationsgeschwindigkeit einer fernen Welteninsel gemessen. Dann kamen Rubin und Ford.

Im Fokus ihres Interesses stand die Andromedagalaxie, die man im gleichnamigen Sternbild in einer klaren Herbstnacht bereits mit bloßem Auge als verwaschenes Fleckchen am Himmel erspähen kann. Während zweier Beobachtungsläufe nahmen Rubin und Ford Sterne und Gasnebel ins Visier, die ebenfalls das Herz der Andromedagalaxie umlaufen.

Aufnahme der Andromedagalaxie. Foto: NASA

Das verblüffende Ergebnis: Alle Objekte in einem Abstand von 10.000 bis 60.000 Lichtjahren vom galaktischen Zentrum bewegten sich mit ähnlicher Geschwindigkeit. Diese Messungen standen im Einklang mit einer Studie, die Rubin Anfang der 1960er-Jahre mit Studenten erarbeitet und in der sie die Geschwindigkeiten von tausend Sternen in der Milchstraße bestimmt hatte. Auch diese bewegten sich mit konstantem Tempo.

Auf den Spuren einer unsichtbaren Materie

Bei den Messungen an vielen weiteren Galaxien gewannen Rubin und Ford ähnliche Ergebnisse. Obwohl sie teils mit großer Skepsis betrachtet wurden, setzte sich allmählich die Auffassung durch, dass hier etwas Unbekanntes im Spiel war.

Die Idee: Um eine solche dynamische Wirkung zu entfalten und den Sternen ihre gleichmäßige Gangart zu verleihen, musste in und um die Galaxien eine beträchtliche Menge eines unsichtbaren „Stoffs“ existieren. Das Forscherduo war der Dunklen Materie auf die Spur gekommen. Heute wissen wir, dass sie ungefähr 85 Prozent der gesamten Materie im Universum ausmacht. Ihre Natur verstehen wir bis heute nicht.

Aufnahme von Sternen und Galaxien durch das neue Observatorium

Das scheinbar tiefschwarze Universum ist mit leuchtenden Galaxien und Sternen in vielen Formen, Größen und Farben gespickt. Foto: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory | CC BY 4.0

Vera C. Rubin starb am 25. Dezember 2016 im Alter von 88 Jahren. Weil sie in einer von Männern dominierten Wissenschaft trotz aller Hürden ihren Weg ging, konnte sie nicht zuletzt dank ihrer Hartnäckigkeit den Grundstein für ein spannendes Kapitel der modernen Astronomie legen, das noch heute Forscher weltweit beschäftigt.

Rubin erhielt viele Auszeichnungen, darunter die Goldmedaille der Royal Astronomical Society und den Gruber-Preis für Kosmologie, bei dessen Verleihung ihre Vorbildfunktion für junge Wissenschaftlerinnen betont wurde. Der Nobelpreis blieb ihr verwehrt.

Vera C. Rubin (2. v. l.) im Jahr 2009

Bis heute ist Vera C. Rubin (2. v. l.) ein Vorbild für junge Forscherinnen. Foto: NASA

Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft.



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