Kernkraft noch lange Thema in Deutschland: Lagerstätten für Atommüll in Europa

In Kürze:
- Zur Lagerung von Atommüll gibt es in Europa zahlreiche Zwischen- und Endlager.
- Herausforderung: Je stärker die radioaktive Strahlung des Abfalls, desto schwieriger ist die Endlagerung.
- Für Deutschland bleibt der Weg zum Endlager vorerst ungewiss.
- Finnland ist hier weltweit Spitzenreiter.
In Deutschland ist die Kernkraft Geschichte – zumindest, was die Stromerzeugung angeht. Doch die Lagerung des Atommülls wird in der Bundesrepublik noch für lange Zeit ein Thema sein, unabhängig von einer möglichen Rückkehr zu dieser Kraftwerksart.
Atommüll ist ein lästiger Nachteil der ertragreichen Kernkraft. Die hohe radioaktive Strahlung gilt als Gefahr für Mensch und Natur. Es ist oftmals ein politisches und gesellschaftliches Streitthema. Bei der Lagerung wird unterschieden zwischen schwach, mittel und hoch radioaktivem Atommüll. Letzterer muss über Tausende Jahre sicher in speziellen Behältern lagern können.
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Große Unterschiede in Europa
Die europäischen Staaten haben in Sachen Zwischen- und Endlagerstätten unterschiedliche Fortschritte gemacht. Manche Länder gelten als Vorreiter, andere hinken mehr oder weniger hinterher.
Die promovierte Physikerin Eileen Langegger stellte bei einer Konferenz zur Kernkraft kürzlich ebendiese Situation in Europa dar. Dabei kategorisierte die langjährige Leiterin eines Zwischenlagers in Österreich die Staaten in insgesamt sechs Zustände bezogen auf die Errichtung eines Endlagers:
- Das Land hat hierzu keine Entscheidung getroffen (in der Karte rot hervorgehoben) oder besitzt keine hoch radioaktiven Abfälle (rot schraffiert).
- Der Bau eines Tiefenlagers hat begonnen, das Land ist aber ansonsten noch nicht weitergekommen (lila).
- Das Land hat die Suche nach einem Endlager begonnen (orange).
- Das Land treibt die Suche nach Endlagern aktiv voran (gelb).
- Ein Standort wurde bereits gefunden (blau, blau gestreift (Schweiz)).
- Hier hat das Land bereits eine Baubewilligung für ein Endlager oder ein solches im Testbetrieb (grün).
Im Folgenden werfen wir einen Blick auf den Status quo einiger Länder.

Dr. Eileen Langegger zeigt am 22. Mai 2025 den Status der Atommülllagerung der europäischen Länder bei der Anschalt-Konferenz in Berlin. Foto: Bildschirmfoto YouTube-Kanal Nuklearia
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Deutschland
In Deutschland gibt es momentan 16 Zwischenlager für radioaktive Abfälle. Dezentrale Zwischenlager sind solche an Standorten eines Kernkraftwerks (KKW). Davon gibt es hierzulande zwölf. Zwischenlager wie Gorleben und Ahaus gelten als zentral. Zudem gibt es noch die Zwischenlager Jülich und Lubmin. Sie befinden sich in der Nähe einer ehemaligen kerntechnischen Anlage.
Bezogen auf ein Endlager erklärte Langegger: „Deutschland ist noch nicht sehr weit, sie haben mit ihrer Suche nach einem Endlager angefangen. Es gibt erste Entscheidungen, welche Gebiete in Deutschland nicht für das Endlager infrage kommen. Weiter ist Deutschland noch nicht gekommen.“
Einziger Hoffnungsträger der Bundesrepublik ist der Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter, ein ehemaliges Eisenerzbergwerk. Dort befindet sich das einzige offiziell genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Endlager für schwach und mittel radioaktiven Atommüll in Deutschland. Ab 2030 soll dort endlagerbereiter Atommüll in circa 1.000 Meter unter Tage gebracht werden. Doch ein Konflikt mit dem niedersächsischen Wasserrecht könnte eine langjährige Verzögerung bringen oder das Projekt komplett scheitern lassen.

Der Förderturm von Schacht Konrad in Salzgitter. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Österreich
In Österreich war nie ein Kernreaktor zur kommerziellen Stromerzeugung in Betrieb. Deshalb ist durch die Stromerzeugung kein Atommüll für das Alpenland angefallen. Es gibt dort lediglich ein Zwischenlager, das sich im niederösterreichischen Seibersdorf befindet. Seit 1974 lagern dort schwach und mittel radioaktive Abfälle, die durch die Medizin, Industrie und Forschung angefallen sind.
Im Jahr 2021 befanden sich dort rund 12.000 Fässer mit je 200 Liter Fassungsvermögen. Aktuell kommen rund 65 Tonnen pro Jahr hinzu. In dem Zwischenlager sollen die Fässer für 300 Jahre sicher verwahrt werden. Der Betrieb des Zwischenlagers ist vertraglich noch bis mindestens 2045 vorgesehen. Darüber hinaus muss der Lagerungsvertrag entweder verlängert oder ein neuer Vertrag für die Lagerung an einem anderen Standort abgeschlossen werden.
Schweiz
Die Schweiz verfügt über mehrere Zwischenlager, aber auch über KKW. Neben denen bei den Kernkraftwerken gibt es das zentrale Zwischenlager Zwilag in Würenlingen, das seit 24 Jahren in Betrieb ist. Es kann schwach, mittel und hoch radioaktive Abfälle aufnehmen. Dazu zählen auch ausgediente Brennelemente von Kernreaktoren, die in bis zu 140 Tonnen schweren Transport- und Lagerbehältern aus Stahl verwahrt sind.
Dem dort sicher gelagerten radioaktiven Abfall können sich Besucher gefahrlos annähern. Auf der Website des Zwischenlagers laden die Betreiber Interessierte zu einem Rundgang durch die Anlagen ein.
Als Endlager hat die Schweiz momentan Opalinuston im Blick, das sich wenige Kilometer nördlich von Zürich befindet. Ab dem Jahr 2060 könnte dort eine Inbetriebnahme erfolgen, sofern kein Volksentscheid dies verhindert. Die Behälter für die radioaktiven Abfälle würden dort in einer Tiefe von rund 800 Metern lagern.
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Frankreich
Frankreich hat sich bei der Stromerzeugung auf die Kernkraft spezialisiert. Rund 70 Prozent des landeseigenen Stroms kommen aus dieser Energiequelle. Entsprechend gibt es dort auch zahlreiche Zwischenlager an den Kraftwerksstandorten.
In der Anlage am Standort La Hague in der Normandie findet Wiederaufarbeitung statt. Laut Langegger „recycelt“ das Land 75 Prozent seines Brennstoffs. So könne das Material mehrfach zum Einsatz kommen.
Frankreich will in den kommenden Jahren das Endlager Cigéo in Bure in Lothringen errichten. Es soll hoch radioaktiven Atommüll aus den Reaktoren in rund 500 Metern Tiefe verwahren. Doch es gibt Gegner des für die breite Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Projekts. Die verantwortliche Nationale Agentur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist damit beschäftigt, die nötige Landfläche von Anwohnern abzukaufen. Rund 30 Eigentümer (Stand Februar 2025) weigerten sich jedoch, ihr Land herzugeben.
Finnland
Der Vorreiter in Sachen Endlager ist Finnland. Ab kommendem Jahr sollen die ersten nuklearen Abfälle im weltweit ersten Endlager abgeladen werden. Das Onkalo auf der Insel Olkiluoto soll in rund 450 Meter unter der Erdoberfläche hoch radioaktiven Atommüll einlagern können. „Wir haben eine Lösung, die ein Beispiel für die Welt ist“, steht auf der Website des Betreibers.
In Onkalo werden abgebrannte Brennstäbe aus Kernreaktoren, die sich aktuell teilweise noch in Abklingbecken und Zwischenlagern befinden, in neue Stahlbehälter geschoben. Diese Behälter kommen anschließend in massive, 12 Tonnen schwere Kupferkapseln. In einem Netzwerk von Tunneln sollen diese dann endgelagert werden.

Die Gesamtansicht von Onkala – zu Deutsch „Höhle“. Foto: Bildsdchirm YouTube-Kanal Posiva Oy
Schweden
Finnlands Nachbar Schweden hat ebenfalls mit dem Bau eines Endlagers für hoch radioaktiven Atommüll begonnen. Der Spatenstich war Anfang dieses Jahres in Forsmark, wo bereits seit 1988 ein Endlager für schwach und mittel radioaktive Abfälle in rund 60 Metern Tiefe existiert. Zu diesem Anlass sagte Stefan Engdahl, Vorstandsvorsitzender des Betreibers SKB: „Es ist ein historischer Tag für das schwedische Atommüllprogramm. Damit schaffen wir gute Bedingungen für die weitere fossilfreie Stromproduktion.“
Die Fertigstellung soll in den 2030er-Jahren erfolgen. Das Projekt – wie auch andere dieser Art – wird mehrere Milliarden Euro verschlingen. In rund 500 Metern Tiefe sollen künftig rund 12.000 Tonnen abgebrannte Kernbrennstoffe in 6.000 Kapseln endgelagert werden.

Blick in die unterirdische Struktur des im Bau befindlichen Endlagers in Forsmark. Foto: SKB
Schweden besitzt zudem mehrere Zwischenlager für Atommüll. Das wichtigste unter ihnen ist das CLAB (Zentrales Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe) in der südschwedischen Stadt Oskarshamn.
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Belgien
Im November 2022 beschloss Belgien, ein tiefengeologisches Endlager zu errichten. Vorgeschlagen hatte dies ONDRAF, die Nationale Einrichtung für radioaktive Abfälle und angereichertes spaltbares Material, die für die Umsetzung zuständig ist. Dort soll künftig in mehreren hundert Metern Tiefe hoch radioaktiver und langlebiger Atommüll endgelagert werden. Laut ONDRAF wird die Umsetzung dieses Projekts aber noch ein Jahrzehnt dauern. Die Suche nach einem konkreten Standort läuft.
Derweil lagert das Land seinen Atommüll in oberirdischen Anlagen. Diese gelten als sicher, stellen jedoch keine langfristige Lösung dar.
Ein oberflächennahes Endlager für kurzlebigen, schwach und mittel radioaktiven Atommüll ist bereits am Standort Dessel genehmigt. In Belgien sind insgesamt fünf Reaktorblöcke an den Standorten Doel und Tihange in Betrieb.
Großbritannien
Großbritannien besitzt ein Endlager. Die Anlage Drigg in der Grafschaft Cumbria an der Westküste des Vereinigten Königreichs ist allerdings nur für schwach radioaktive Abfälle ausgelegt.
Der Inselstaat ist jedoch aktiv auf der Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll. Dazu sagte Langegger: „Die haben das jetzt umgedreht und gesagt: ‚Wir suchen einen Standort, der unser Lager für hoch radioaktive Abfälle nehmen möchte, und wir bauen dann den passenden Behälter dazu.‘ Das finde ich gut, weil dann der Zuspruch zum Endlager sehr hoch ist.“
Ansonsten befinden sich auf dem Inselstaat Zwischenlager für den übrigen Atommüll. Das wichtigste – die Wiederaufbereitungsanlage Sellafield – liegt nur 6 Kilometer nördlich von Drigg. Dort kann stark wie auch schwachstrahlender Abfall lagern. Hoch radioaktiver Atommüll kommt vor allem von den neun aktiven Kernreaktoren Großbritanniens.
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Polen
Polen besitzt aktuell ein Endlager für schwach und mittel radioaktive Abfälle in der Ruine des Forts Różan. Mehr ist in dem osteuropäischen Land auch nicht nötig, da das Land kein Kernkraftwerk betreibt.
Das soll sich jedoch in den kommenden Jahren ändern, da Polen entschieden hat, in die Kernkraft einzusteigen. Dann dürfte auch die Frage nach einem Endlager für hoch radioaktive Abfälle bedeutungsvoller werden.
Rumänien
Rumänien betreibt das Kernkraftwerk Cernavodă mit zwei Reaktoren. Zudem ist der Bau eines Small Modular Reactor (SMR) geplant. Die dort und in anderen Bereichen anfallenden schwach und mittel radioaktiven Abfälle werden in der stillgelegten Uranmine Baita-Bihor endgelagert. Ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle hat das Land nicht. Allerdings hält es bereits nach einem geeigneten Standort Ausschau.
Die hoch radioaktiven Abfälle des Kernkraftwerks lagern derweil direkt in einem Zwischenlager an dessen Standort. Vor wenigen Jahren sollte zudem der Bau eines oberflächennahen Endlagers begonnen werden.
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Italien
Italien betreibt seit mehreren Jahren kein Kernkraftwerk, weshalb verhältnismäßig wenig radioaktiver Abfall anfällt. Das, was anfällt, kommt in zahlreiche Zwischenlager wie das in Saluggia nahe Turin. Dort lagern einige Stahlfässer mit radioaktiver Säure.
Laut Langegger hat Italien seine Suche nach einem geeigneten Endlager bereits begonnen – und ist somit ähnlich weit wie Deutschland. Bis 2027 will die italienische Regierung einen Standort für ein tiefengeologisches Endlager ausgewählt haben. Mögliche Standorte dafür wären in den Regionen Piemont, Latium, Basilikata, Apulien sowie auf den Inseln Sardinien und Sizilien.
Spanien
Als zentrales spanisches Zwischenlager dient das oberflächennahe Lager El Cabril im Süden des Landes. Dort werden schwach und mittel radioaktive Abfälle eingelagert. Daneben wird Atommüll auch an den fünf Kernkraftwerksstandorten mit aktiven Reaktoren gelagert.
Spanien hat zwar bereits ein Tiefenlager gebaut, besitzt allerdings noch kein echtes Endlager für radioaktive Abfälle.
Tschechien
Zur Lagerung von Atommüll betreibt Tschechien mindestens zwei Zwischenlager. Diese sind nötig, um den Atommüll aus den sechs in Betrieb befindlichen Kernreaktoren des Landes verwahren zu können. Am Standort Temelín lagern bereits Tausende Brennstoffelemente. Ebenso sind direkt beim Kernkraftwerk in Dukovany abgebrannte Brennelemente untergebracht.
Tschechien ist bereits aktiv auf der Suche nach einem Endlager für nukleare Abfälle. Aktuell kommen dafür wohl vier Standorte infrage: Diese sind Brezovy Potok, Hradek, Horka und Janoch.
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Niederlande
Die Niederlande lagert ihre radioaktiven Abfälle in einem zentralen Zwischenlager in der Hafenstadt Vlissingen. In verschiedenen Zwischenlagergebäuden sind die unterschiedlichen Abfallarten untergebracht.
Dieses Zwischenlager dürfte noch für die nächsten 100 Jahre der Lagerplatz für Atommüll sein. Denn in den Niederlanden wird ein geologisches Endlager offenbar nicht vor dem Jahr 2130 betriebsbereit sein. Im Gespräch ist zudem eine duale internationale Strategie, also die Mitbenutzung eines Endlagers in einem anderen Land.
Slowenien
Slowenien besitzt rein rechnerisch ein halbes Zwischenlager. Es teilt sich die Lagerstätte, die auf dem Gelände des Kernkraftwerks Krško liegt, mit dem benachbarten Kroatien.
Das Zwischenlager ist nur wenige Kilometer von der kroatischen Grenze entfernt. Hier lagern die abgebrannten Brennelemente aus dem Betrieb des Kernkraftwerks Krško und andere schwach und mittel radioaktive Abfälle.
Russland – europäischer Teil
Der meiste Atommüll vom europäischen Teil von Russland kam in den vergangenen Jahrzehnten nicht durch Kernkraftwerke zustande, sondern durch das Militär. Die dortige Marine hat zahlreiche Atom-U-Boote eingesetzt, die nun viele abgenutzte Brennstäbe und anderen radioaktiven Müll zurücklassen.
Ein Zwischenlager dafür ist das Langzeitzwischenlager in der Sajda-Bucht nördlich der Hafenstadt Murmansk. Hier lagert der Atommüll für rund 70 Jahre. In dieser Region befindet sich auch die Nerpa-Werft. Bei dieser Anlage werden nuklearbetriebene Schiffe zerlegt.
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Ein weiteres großes Zwischenlager für ausgediente Brennstäbe von Atom-U-Booten befindet sich in der Andrejewa-Bucht, ebenfalls in der Nähe von Murmansk, zudem rund 50 Kilometer von der Grenze zu Norwegen. Dieses Lager gilt alles andere als sicher. Im Jahr 1982 soll dort radioaktives Wasser in die Umwelt ausgetreten sein.
Die abgebrannten Brennstäbe aus den Kernkraftwerken lagern derweil bei den Kraftwerken selbst. Nach einer kurz- bis mittelfristigen Lagerung werden sie zur Wiederaufbereitung in die Anlage Mayak nahe der russischen Stadt Kyschtym im südlichen Ural transportiert.
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