Die vielen musikalischen Talente von König Heinrich VIII.

Heinrich VIII. ist für vieles bekannt, jedoch kaum für seine künstlerische Begabung. Dabei war der König vermutlich der musikalischste Herrscher, den England jemals hatte.
Die vielen musikalischen Talente von König Heinrich VIII.
Das Gemälde von Karl von Piloty zeigt Heinrich VIII., der um Anna Boleyn auf dem Ball bei Kardinal Wolsey wirbt.Foto: Gemeinfrei
Von 26. Oktober 2025

In Kürze:

  • Heinrich VIII. (1491–1547), König von England, gilt als einer der gewalttätigsten Herrscher, der je regierte.
  • Der brutale, übergewichtige und einfältige Regent war in seinen jungen Jahren jedoch das ganze Gegenteil.
  • Mit dem Spielen zahlreicher Instrumente, dem Komponieren von Stücken und Schreiben von Gedichten besaß der König viele fast vergessene Talente.

 

Der englische König Heinrich VIII. aus dem Hause Tudor erlangte vor allem für die brutale Behandlung seiner Ehefrauen traurige Berühmtheit. Das Bild, das wir heute von dem wohl bekanntesten Monarchen Englands haben, wurde von zahlreichen Geschichten lange nach dem Tod des Regenten geprägt.

Heute kennen wir den König als abgestumpften, übergewichtigen Tyrannen und Frauenhelden. Dabei besaß der König in jungen Jahren eine komplexe Persönlichkeit und zahlreiche Talente.

Der junge Heinrich VIII.

Laut dem Musikwissenschaftler John Stevens war Heinrich VIII. nicht nur ein Turnierkämpfer. In seinem Buch „Music and Poetry in the Early Tudor Court“ schreibt Stevens von einem Augenzeugen, der dem jungen englischen Regenten „übernatürliche athletische Leistungen“ bescheinigt.

Gleichzeitig soll Heinrich VIII. die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass die Renaissance ihren Weg nach England fand. Zudem sei der junge König das Ideal eines kultivierten und vielseitigen Adligen gewesen, das die Schriftsteller seiner Zeit anpriesen. Auch befasste er sich mit Glaubensfragen und schrieb seine Sicht im Streit um die christlichen Konfessionen nieder.

Heinrich VIII. um 1540

Bildnis von Heinrich VIII., König von England, aus dem Jahr 1540. Foto: Gemeinfrei

Während einige englische Monarchen, wie Königin Elisabeth I., gute Dichter waren, war Heinrich VIII. der musikalisch begabteste Herrscher, den die Inselnation je hatte. In den Augen von Stevens war der König eine Klasse für sich:

„Unseres Wissens nach ist Heinrich VIII. der einzige Adlige der Neuzeit, der den Anspruch erheben kann, als Dichter und Musiker in einer Person zu gelten“, so der Musikwissenschaftler.

Durch seine gönnerhafte Förderung brachte er die englische Musik auf ein neues Niveau der Raffinesse und begeisterte Besucher aus aller Welt mit seinen eigenen Kompositionen am Hof der Tudors.

Ungewöhnliche Instrumente

Die musikalische Begeisterung von Heinrich VIII. wurde erstmals mit sieben Jahren historisch dokumentiert, als sein Vater ihm eine Laute schenkte. Im Laufe seines Lebens und seiner Regierungszeit verfeinerte der König sein Talent und erweiterte es auf andere Instrumente. So soll er zu jeder Tageszeit geübt und mit anderen Aristokraten in seiner Privatkammer gespielt haben.

Seinem musischen Talent ist es außerdem zu verdanken, dass außergewöhnliche Instrumente der Renaissance nicht in Vergessenheit geraten sind. Während einige der Instrumente Vorläufer heutiger sind, wirken andere geradezu fremd.

Heinrich VIII. ungefähr im Alter von 18 Jahren

Porträt von Heinrich VIII. ungefähr im Alter von 18 Jahren. Foto: Gemeinfrei

Neben der Laute beherrschte der König die Blockflöte, das Regal (tragbare Kleinorgel), das Virginal (ein kleines Cembalo) und das Kornett (eine Art Horn). In einer seiner Handschriften ist der König zudem beim Harfenspiel zu sehen. Zudem soll er mit einer „lute-pipe“ und einer „gitteron-pipe“ zwei heute unbekannte Instrumente besessen und gespielt haben.

Viele seiner Instrumente waren mit Gold, Silber und Edelsteinen verziert. Ein spezieller Diener, der Hüter der königlichen Instrumente, betreute diese riesige Sammlung. Obwohl wir eine genaue Liste dessen haben, was Heinrich VIII. zum Zeitpunkt seines Todes besaß, sind nur wenige dieser Instrumente erhalten geblieben.

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Heinrich VIII. als Komponist

Das Talent von Heinrich VIII. beschränkte sich jedoch nicht auf das Spielen von Instrumenten. Auch wenn der ihm fälschlicherweise zugeschriebene Klassiker „Greensleeves“ nicht aus seiner Feder stammt, war er ein begabter Komponist.

Von den Stücken, die er mit Sicherheit komponiert hat, sind bis auf ein kurzes Chorstück all seine Kirchenmusiken verloren gegangen. Das ist bedauerlich, denn das noch erhaltene Stück für drei Männerstimmen ist sein technisch anspruchsvollstes Werk.

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Glücklicherweise sind mehr seiner weltlichen Kompositionen erhalten geblieben. Ein Manuskript aus dem frühen 16. Jahrhundert, bekannt als „Henry VIII Songbook“, ist dabei eine wichtige Quelle.

Der Titel ist treffend gewählt: Ein Drittel der 100 Kompositionen ist mit der Überschrift „The King, H.VIII“ versehen, was auf seine Urheberschaft hinweist. Das Manuskript wurde zu Beginn seiner Regierungszeit zusammengestellt, sodass er höchstens Ende zwanzig gewesen sein dürfte, als er sie schrieb.

Ein Lied aus seinem frühen Leben

Seine Kompositionen waren zu seiner Zeit berühmt und wurden im ganzen Königreich aufgeführt. Die bekannteste davon ist „Pastime With Good Company“ (Zeitvertreib in guter Gesellschaft), auch bekannt als „The King’s Ballad“ (Die Königsballade). Das Stück zeigt Heinrichs seltene Fähigkeit, seine Gedichte zu einer eigenen Melodie zu vertonen – etwas, das kein anderer Dichter konnte. Es war so berühmt, dass sogar ein Bischof der englischen Kirche es für eine seiner Predigten heranzog.

Das Lied „Pastime With Good Company“, geschrieben von Heinrich VIII. Foto: Gemeinfrei

Das Lied fasst die Lebenseinstellung des jungen Heinrichs zusammen. Der König liebte es bekanntlich, den Freuden der Jagd, des Gesangs und des Tanzes nachzugehen – oft zum Ärger der älteren, weiseren Berater des Königs. Wie der Name andeutet, besingt das Lied Heinrichs Begeisterung für „jeden ansehnlichen Sport“.

In der zweiten Strophe des Liedes argumentiert Heinrich VIII., dass seine lebhafte Natur ihm hilft, die Sünde der Faulheit zu vermeiden: denn Untätigkeit sei „die oberste Meisterin
aller Laster“. Und in der letzten Strophe schreibt er von den Vorteilen, sich mit wahren Freunden zu umgeben:

Ehrenhafte Gesellschaft
birgt die Kraft, Lastern zu entfliehen.
Gemeinschaft ist gut wie schlecht,
doch jeder Mensch hat seinen freien Willen.
Den Besten (zu) folgen,
die Schlechtesten meiden,
soll mein Sinn sein;

Tüchtigkeit zu nutzen,
Laster zu meiden,
sollte ich mich (daher) einsetzen.

Mit anderen Worten: Man ist die Gesellschaft, die man pflegt. Am Hof gab es viele eigennützige Höflinge, die versuchten, den jungen König durch Schmeichelei auszunutzen. Der Wunsch nach ehrlicher Gesellschaft war in seinen Augen für eine gute Regentschaft wichtig. Er hörte zwar auf den Rat seiner weisen Berater, vergaß aber nie seine eigenen Ansichten.

Schöne Stimmen wogen für Heinrich VIII. mehr als Adelstitel

Die Intrigen des Hoflebens waren vielleicht ein Grund dafür, dass der junge Heinrich die Gesellschaft von einfachen Musikern vorzog. Er holte berühmte burgundische Spezialisten, um Manuskripte zu schreiben, Instrumente zu beschaffen und mit seinem Gefolge zu reisen.

„Wo immer er hinging, in der Öffentlichkeit oder privat, bei staatlichen Anlässen, bei seiner Ankunft und Abreise und besonders zu den Mahlzeiten, spielten Minnesänger, sangen Chöre oder erklangen Fanfaren“, erklärt die Biografin Alison Weir.

Heinrich VIII. mochte seine Musiker so sehr, dass er einigen sogar politische Aufgaben übertrug. So soll er beispielsweise seinen Orgelbauer zum Diplomaten erhoben haben. Außerdem stellte er talentierte Musiker als Hausangestellte ein. Wen er letztlich in seine engsten Kreise aufnahm, entschied nicht selten eine schöne Singstimme. Diese war für Heinrich VIII. mitunter ein wichtigeres Kriterium als ein Adelstitel.

Die Zeichnung zeigt den Harfe spielenden Heinrich. Foto: Gemeinfrei

Die Leidenschaft des Königs für kulturelle Aktivitäten wurde weitgehend von seinem moralischen Verfall und seiner zunehmenden Brutalität überschattet. Was genau zum Sinneswandel des begabten Musikers führte, ist nicht bekannt.

Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erinnern: Wo Tugend ist, sind oft auch Laster. Die musikalischen Leistungen von Heinrich VIII. sowie seine Begabung, Talente zu erkennen und zu fördern, trugen dazu bei, England zu dem zu machen, was es heute ist. Und obwohl die Pracht seines Hofes längst verschwunden ist, bleibt die Erinnerung unter anderem in seinen Liedern lebendig.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „The Many Musical Talents of King Henry VIII“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



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