Dracula und Phantom: Wie die Orgel zum Halloween-Instrument wurde
In Kürze:
- Die Orgel und speziell die „Toccata und Fuge“ von Johann Sebastian Bach sind untrennbar mit Halloween verbunden.
- Aufgrund ihrer großen Bandbreite an dramatischen Tönen erzeugt das Instrument eine gespenstische Stimmung.
- Die Verknüpfung von Orgel und Halloween haben wir den Stummfilmen und ersten Horrorfilmen zu verdanken.
Als Kind hatte ich eine Kassette namens „The Sounds of Halloween“. Darauf waren alle gruseligen Soundeffekte zu hören, die man erwarten würde: knarrende Türen, schaurige Geister, unheimliches Lachen, eine Dracula-Stimme und ein paar beliebte Lieder wie „Monster Mash“. Aber es gab noch etwas anderes: „Toccata und Fuge in d-Moll“ (BWV 565) von Johann Sebastian Bach. Bachs Stück ist in meinem Kopf für immer mit diesem Tag verbunden.
Der deutsche Komponist selbst hätte das vermutlich äußerst seltsam gefunden. Das Stück, geschrieben um 1708, war ursprünglich als Begleitmusik für den Gottesdienst gedacht.
Wie kam es also, dass dieses Werk und Orgelmusik im Allgemeinen mit Halloween verbunden sind? Die Antwort lautet: durch Filme.
Gruselfaktor dank Orgel
Die Pfeifenorgel ist das größte und grandioseste Instrument, das je gebaut wurde. Seit dem Mittelalter ist sie ein fester Bestandteil von Gotteshäusern. Ihr breites Spektrum an Registern, von tiefen, resonanten Tönen bis zu hohen, unheimlichen Tönen, kann eine eindringliche Klanglandschaft schaffen.
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In der Stummfilmära war die Orgel ein fester Bestandteil früher Horrorfilme. Begonnen hat alles mit F. W. Murnaus Film „Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens“ (1922). Die Zuschauer konnten schon vor dem Kinobesuch ahnen, dass die Musik eine wichtige Rolle spielen würde. Damit gehört dieser deutsche Film zum frühesten Beispiel für eine speziell auf den Film zugeschnittene Musik. Zuvor war es üblich, bereits existierende klassische Stücke zu verwenden.

Gedenktafel zur Erinnerung an die Dreharbeiten für den Stummfilmklassiker „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ (1922) am Marktplatz von Wismar. Foto: Gemeinfrei
Komponist der Musik war Hans Erdmann, der die düstere Stimmung des Films untermalte. Ursprünglich war diese jedoch nicht speziell für die Orgel komponiert worden. Da die Originalpartitur nicht erhalten ist, musste sie später im Stil Erdmanns rekonstruiert werden. In den heute verfügbaren Versionen wird fast immer eine Orgelversion gespielt.
Auch wenn die Orgel in Nosferatu ursprünglich eine eher untergeordnete Rolle spielte, war das Instrument in anderen Filmen dieser Zeit deutlicher zu hören. In „The Terror“ (1928), dem ersten abendfüllenden Horrorfilm mit Ton – und dem zweiten Tonfilm insgesamt –, spielt die Orgel sowohl in der Musik als auch in der Handlung eine wichtige Rolle.
Ein Mörder, der sich als Organist entpuppt, spukt in einem gemieteten Haus. Er spielt seine Musik und tötet die Gäste. Die Handlung ähnelt tatsächlich der weltberühmten Geschichte „Das Phantom der Oper“. Leider gilt der Film „The Terror“ heute als verloren, obwohl seine Tonspur erhalten geblieben ist.
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„Das Phantom der Oper“
Die bekannteste Horrorfigur, die direkt mit der Orgel in Verbindung gebracht wird, ist natürlich das Phantom aus „Das Phantom der Oper“. Der US-amerikanische Spielfilm basiert auf dem gleichnamigen Roman des französischen Schriftstellers Gaston Leroux von 1910.

Das Plakat zum Film „Das Phantom der Oper“ (1925). Foto: Gemeinfrei
In der Stummfilmversion von 1925 ist die berühmteste Szene die, in der sich der legendäre Schauspieler Lon Chaney als Phantom über die Tastatur seiner Orgel beugt, während seine Angebetete Christine ihn entlarvt, indem sie ihm von hinten seine Maske abnimmt.
Bachs „Toccata und Fuge“ wird weder im Titellied des Originalfilms noch in Leroux’ Roman erwähnt. Leroux verwebt jedoch symbolisch mehrere andere Stücke in seine Geschichte, wie die Oper „Faust“ von Charles Gounod und den „Danse Macabre“ von Camille Saint-Saëns. Erst in späteren Neuvertonungen dieser Version kam die „Toccata“ zum Einsatz.
In einer Version werden in Szenen, in denen das Phantom auftritt, Akkorde aus Bachs Stück verwendet, wodurch die „Toccata“ als Leitmotiv für seine Figur eingesetzt wird. 1962 kam die „Toccata“ in einer weiteren Neuverfilmung noch präsenter zum Einsatz, indem das Phantom in seiner unterirdischen Höhle dieses Stück auf seiner Orgel spielt.
Am bekanntesten ist natürlich Andrew Lloyd Webers Musical von 1986, das mehrere Stücke voller Orgelklänge enthält. Die Ouvertüre und das Titellied sind Millionen von Menschen weltweit bekannt.
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Warum Bach?
„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ (1931) war der erste Horrorfilm, der Bachs „Toccata und Fuge“ einsetzte, um eine gruselige Atmosphäre zu schaffen. Seitdem sind viele diesem Beispiel gefolgt, sodass sie zum inoffiziellen Stück für Halloween geworden sind.
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Warum die „Toccata und Fuge“? Was macht Bachs Stück so beängstigend? Der Musikwissenschaftler David Huckvale erklärt, dass die „Toccata“ in den unteren Registern einen verminderten Septakkord enthält, also einen Akkord, der aus vier kleinen Terzen gebildet wird.
„Er gehört zu keiner Tonart“, sagt Huckvale. „Aber wenn man eine seiner Noten verändert, kann man von ihm aus zu jeder Tonart gelangen.“
Jede Note steht in Dissonanz zu den anderen, und das Fehlen einer harmonischen Auflösung verleiht dem Stück eine beunruhigende Note. Wie Huckvale erklärt, wurde dieser Akkord „oft in Stummfilmen verwendet, um Frauen zu begleiten, die an Eisenbahnschienen gefesselt waren“.

Alle acht Seiten von Bachs berühmter „Toccata und Fuge in d-Moll“ (BWV 565). Foto: Gemeinfrei
Die „Toccata“ ist natürlich nicht das einzige Orgelwerk, das für gruselige Effekte sorgte. Für diejenigen, die klassische Stücke zu Halloween spielen möchten, können Mozarts „Fantasie f-Moll“ (KV 608) und Léon Boëllmanns abschließende Toccata aus seiner „Suite Gothique“ (Op. 25) wählen, um eine gespenstische Stimmung zu erzeugen. Außerdem gibt es spezielle Orgelversionen von Saint-Saëns‘ „Danse Macabre“ und Modest Mussorgskys „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“.
Mit ihren tiefen, dramatischen Tönen, die Furcht und Erhabenheit hervorrufen, verkörpert die Pfeifenorgel auf dramatische Weise den Geist von Halloween.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Phantoms and Pipes: How the Organ Became Halloween’s Instrument“. (redaktionelle Bearbeitung kms)
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