Fritz Vahrenholt: Die Energiewende scheitert auch an den Rohstoffen

In einem Gastkommentar spricht der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt unter anderem über den nicht zu befriedigenden Metallbedarf der Energiewende, Chinas Kontrolle kritischer Rohstoffe und den beschleunigten Ausbau der Kernenergie in den USA und China.
Titelbild
Foto: privat, tifonimages | iStock; Collage: Ani Asvazadurian | Epoch Times
Von 12. Juni 2025

Die globalen Mitteltemperaturen sind im Mai gegenüber dem Vormonat gesunken. Die Abweichung vom langjährigen Mittel der Satellitenmessungen beträgt nun 0,50 Grad Celsius; 0,11 Grad Celsius weniger als noch im April und nur halb so hoch wie noch vor einem Jahr.

Die Temperaturen im Mai 2025 überstiegen das langfristige Mittel um +0,50 Grad Celsius. Der langfristige Trend liegt weiter bei +0,15 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Foto: Dr. Roy SpencerUniversity of Alabama, Huntsville

Deutlich erkennbar ist der Erwärmungsschub von 2022 bis 2025, der mit dem herkömmlichen Narrativ der CO₂-bedingten Erwärmung nicht zu erklären ist. Ebenso erkennbar ist auch der Rückgang der globalen Temperaturen, die sich – wie erwartet – weiter in Richtung langjährigem Mittelwert zurückentwickeln.

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Der langfristige globale Erwärmungstrend liegt indes weiterhin unverändert bei 0,15 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Das entspräche 1,5 Grad in 100 Jahren.

3 Gründe gegen 100 Prozent Erneuerbare

Auch die neue Bundesregierung hält am Ziel der Klimaneutralität im Jahre 2045 fest. Zur Erreichung setzt sie auf den 100-prozentigen Ausbau der erneuerbaren Energien zur Energieversorgung – abgesehen von geplanten 20 GW an Gaskraftwerken mit CO₂-Abscheidung ab, die die Bundesregierung zur Abwendung von Blackouts zulassen will.

Ich habe in meinen Beiträgen immer wieder darauf hingewiesen, dass der deutsche Weg einer Energieversorgung, der sich fast ausschließlich auf Sonnen- und Windenergie stützt, aus den folgenden Gründen scheitern wird:

  1. Die Kosten des Energiesystems aufgrund der extrem teuren Speicherung der schwankenden Stromversorgung werden sich vervielfältigen und zu Deindustrialisierung und massiven Wohlstandsverlusten führen.
  2. Die Verdreifachung bis Verfünffachung der Solar- und Windenergie wird zu einer Zerstörung der Landschaft und den Lebensräumen vieler Tierarten sowie zu einer schwer abschätzbaren Veränderung der meteorologischen Verhältnisse führen.
  3. Eine gesicherte, frequenzstabile Stromversorgung wird nicht gewährleistet – siehe Blackout in Spanien im April 2025.

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Durch eine Veröffentlichung von Simon Michaux vom Finnischen Geologischen Dienst sind wir nun aufmerksam gemacht worden auf einen vierten Grund, der diesen Pfad der Energiewende ad absurdum führt:

Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird auch an der Knappheit kritischer Metalle scheitern

Die für die Installation von Solar- und Windkraftanlagen, Kabeltrassen, Speichern (Batterien und Wasserstoff), E-Fahrzeugen und Wärmepumpen notwendigen spezifischen Metalle wie Kupfer, Nickel, Lithium, Kobalt, Vanadium und Graphit werden nach Michaux in den nächsten 20 Jahren nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Hintergrund ist, dass der Ersatz von Kohle, Erdöl und Gas erst mit einem erheblichen Aufwand an Metallen möglich wird: Eine 6-MW Windkraftanlage besteht aus 30 bis 50 Tonnen Kupfer und bis zu 300 Kilogramm Seltenen Erden. Ein E-Auto benötigt 10 Kilogramm Kobalt, 10 Kilogramm Nickel und 60 bis 80 Kilogramm Kupfer – 4- bis 5-mal so viel wie ein Diesel oder Benziner.

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In seiner Berechnung legt Michaux zugrunde, dass heute lediglich rund 4 Prozent der weltweiten Energieversorgung durch Wind und Solarenergie abgedeckt wird, 11,2 Prozent durch Wasserkraft und Kernenergie und 84,7 Prozent durch fossile Energien.

Würde die Welt dem deutschen Beispiel folgen und jene knapp 85 Prozent durch Wind und Solarenergie ersetzen, würde man 6.000 Millionen Tonnen Kupfer zusätzlich benötigen. Die Jahresproduktion an Kupfer beträgt 28 Millionen Tonnen. Das heißt, allein für eine vollständig erneuerbare Energieversorgung müssten alle Kupferminen der Welt mehr als 200 Jahre lang arbeiten.

Und wenn nur Deutschland Rohstoffe benötigt?

Doch nicht nur am Kupfer scheitert es. Michaux setzte auch den gigantischen, zusätzlichen Verbrauch an kritischen Metallen ins Verhältnis zur förderbaren Menge. Dabei setzt der Geologe voraus, dass nicht nur die bekannten Reserven, sondern auch noch unbekannte Ressourcen erschlossen werden, wie etwa der Meeresbodenbergbau. Zusätzlich geht Michaux von steigenden Recyclingmengen der Metalle aus.

Sollen Batterien und Wasserstoff herangezogen werden, um eine 28-tägige Dunkelflaute zu überbrücken, ist das Ergebnis ebenso eindeutig wie ernüchternd: In allen Fällen – von Kupfer bis Vanadium – übersteigt der Bedarf an Metallen die geschätzte Verfügbarkeit inklusive neuer Quellen um ein Vielfaches.

Die Energiewende braucht mehr Rohstoffe, als die Welt zu bieten hat. Viel mehr.

Alle bekannten und unbekannten Vorkommen der Welt sind nicht ausreichend, um die Energiewende wie begonnen umzusetzen. Foto: Fritz Vahrenholt nach Simon Michaux (2025), CC-BY 4.0

Angesichts der benötigten Mengen kann man nur froh sein, dass keine Nation der Welt den deutschen Vorreiter-Weg einer 100-Prozent-Solar-und-Wind-Energiewende nachmacht, sondern dem Beispiel den USA und China folgen, die einen großen Teil der künftigen Energieversorgung auf Kernenergie und fossilen Quellen stützen und nur einen Teil durch erneuerbare Energien abdecken wollen.

Doch selbst der Alleingang Deutschlands ohne Kernenergie und ohne fossile Energieträger wird die Welt vor Probleme stellen.

Obwohl Deutschland nur etwa 1,74 Prozent des Primärenergieverbrauchs der Welt aufweist, so sind 1,74 Prozent von 6.000 Millionen Tonnen Kupfer 104 Millionen Tonnen. Und diese sind in Deutschland bis zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität im Jahr 2045 einzusetzen. Sprich, binnen der nächsten 20 Jahre.

Das entspricht etwa einem Sechstel (15 Prozent) der Weltkupferproduktion in diesem Zeitraum und würde den Bedarf Deutschlands vervierfachen – heute verbrauchen wir nur etwa 4 Prozent der Weltproduktion. Dass eine solche Nachfragesteigerung die Preise für die Energiewende zusätzlich ansteigen lässt, ist gewiss.

China dominiert die Welt in 19 von 20 kritischen Rohstoffen für die Energiewende

Zudem müssen wir beim versprochenen „Weiter so“ der Energiewende ganz höflich bei den Chinesen anklopfen, denn China ist der weltweit dominante Erzeuger von kritischen Metallen und Produkten. Das brachte der im Mai erschienene Bericht über kritische Mineralien der Internationalen Energieagentur (IEA) zutage. Demnach hat sich China mittlerweile nicht nur fast 50 Prozent der Weltproduktion an Kupfer gesichert, sondern dominiert auch bei Kobalt (80 Prozent), Lithium (70 Prozent), Graphit (95 Prozent) und Seltene Erden (90 Prozent).

China ist bei fast allen der 20 analysierten Mineralien führend und hat insgesamt einen durchschnittlichen Marktanteil von rund 70 Prozent. Foto: ts | Epoch Times nach IEA (2025), CC-BY 4.0

Und China macht von seiner Monopolstellung kräftig Gebrauch: Die Exportbeschränkungen sind ein erprobtes Mittel im Welthandel und in der geopolitischen Auseinandersetzung. China hat den Export der Metalle Gallium, Germanium und Antimon in die USA im Dezember 2024 untersagt. Eine generelle Exportbeschränkung für alle Länder wurde im Februar 2025 verfügt für Seltene Erden, Graphit, Wolfram, Wismut, Indium, Tellur und Molybdän.

Die Daten der letzten fünf Jahre zeigen zudem, dass China seine Monopolstellung ausbaut. Bei Kupfer, Lithium, Kobalt, Graphit und Seltene Erden hat China seinen Weltmarktanteil seit 2020 massiv erhöht. Das betrifft Windkraftanlagen, Solaranlagen, Batterien, E-Autos, Elektromotoren und Generatoren sowie Stromleitungen.

Die geografische Konzentration hat in den letzten Jahren bei fast allen kritischen Mineralien zugenommen, insbesondere bei Nickel und Kobalt. Foto: ts | Epoch Times nach IEA (2025), CC-BY 4.0

China wird die USA als größten Kernkraftbetreiber der Welt ablösen

Am 24. Mai 2025 unterzeichnete Präsident Trump eine „Executive Order“, um den Kernkraftausbau in den USA zu beschleunigen. Die Stromerzeugung aus Kernenergie soll sich von knapp 100 Gigawatt auf 400 Gigawatt bis 2050 vervierfachen.

Die USA haben 95 laufende Kernkraftwerke. In den vergangenen 40 Jahren sind gerade einmal zwei Kernkraftwerke gebaut worden. Das letzte Kernkraftwerk Vogtle in Georgia hatte eine Genehmigungszeit von 15 Jahren, weil die Kernenergiegenehmigungsbehörde (NRC) immer neue Auflagen entwickelte, um den Ausbauprozess zu verhindern. Daher hat der US-Präsident bestimmt, dass die Genehmigungszeiten nur noch 18 Monate dauern sollen. Er hat die Rechte der NRC stark beschnitten. Selbst Versuchskraftwerke der 4. Generation müssen innerhalb von 30 Monaten genehmigt werden.

Der Innenminister Dough Burgum ließ verlauten: Wenn man den Wettlauf mit China hinsichtlich Künstlicher Intelligenz gewinnen wolle, müsse man genügend zuverlässige Energie zur Verfügung haben. Weiter sagte er:

Was wir in Sachen Energie in den nächsten fünf Jahren tun, entscheidet über die nächsten 50 Jahre.“

Doch die letzten 20 Jahre hat China genutzt, um aus importierten Kernkraftwerken, zum Beispiel von Westinghouse oder Framatome, eigene wettbewerbsfähige Kraftwerke (Hualong = chinesischer Drache) zu entwickeln. China hat mittlerweile Kernkraftwerke mit einer Leistung von 58 Gigawatt errichtet und wird 2026 weitere 10 Kernkraftwerke fertiggestellt haben.

Mit 2,8 Milliarden US-Dollar für ein Kernkraftwerk baut China Kraftwerke, die in Europa oder den USA das Siebenfache kosten. Chinas Plan ist es, schon 2030 mehr Kernenergie zu produzieren als die USA. Es ist ausgeschlossen, dass der Westen den Vorsprung Chinas im Reaktorbau, der etwa fünf bis zehn Jahre beträgt, aufholen kann.

Vom Energiewende-Vorbild zum Außenseiter

Im Schatten des Wettlaufs zwischen den USA und China sind mittlerweile alle Länder in Europa – außer Deutschland und Österreich – bereit, neue Kernkraftwerke in Europa zu bauen oder in Erwägung zu ziehen, wie kürzlich sogar Dänemark. Der frühere dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sagte zu dieser Energiewende:

Wind und Sonne sind gut, solange man Wind und Sonne hat. Aber man braucht eine nicht fossile Grundlast, und es ist lächerlich, die Kernkraft von vornherein auszuschließen.“

Nur der neue deutsche Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hat sich dagegen ausgesprochen, Kernkraftwerke auf europäischer Ebene als nachhaltige Lösung zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes zu unterstützen. Eine Einstufung als nachhaltige Kraftwerke werde es mit der SPD nicht geben, so Schneider. Man importiert zwar in Deutschland Kernenergiestrom gerne in Dunkelflauten, aber gleichzeitig düpiert man die Nachbarn, weil man es eben besser zu wissen glaubt.

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Dieser Artikel erschien im Original auf klimanachrichten.de unter dem Titel „Fritz Vahrenholt: Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird an der Knappheit kritischer Metalle scheitern“. (redaktionelle Bearbeitung ts/Epoch Times)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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