EU kann neues Klimaziel noch nicht durchsetzen – Uneinigkeit in der Union

Es stockt bei der EU: Eigentlich soll ein einheitliches EU-Klimaziel zur Emissionsreduktion bis 2040 festgelegt werden. Doch die Staaten sind sich uneins. Kritik kommt ebenso von Unionspolitikern.
Klimaziel 2040
Der Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum EU-Klimaziel 2040 hat eine weitläufige Debatte in der Länderunion ausgelöst.Foto: Omar Havana/Getty Images
Von 20. September 2025

In Kürze:

  • Der Vorschlag zum EU-Klimaziel für 2040 ist bereits aufgestellt.
  • Eine EU-weite Einigung gibt es aber bisher nicht. Es steht vorerst eine Notlösung im Raum.
  • Während Bundeskanzler Merz und Umweltminister Schneider dafür sind, gibt es Bedenken in der Union.

 

In der Europäischen Union ist ein Klimastreit entbrannt: Es geht um das von der EU-Kommission vorgeschlagene Klimaziel für 2040. Demnach sollten die EU-Staaten in 15 Jahren mindestens 90 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 reduzieren.

Das jüngste Treffen der Umweltminister der 27 EU-Länder in Brüssel am Donnerstag, 18. September, endete jedoch nur mit einer Notlösung für die UN-Klimakonferenz im November in Brasilien.

Die Teilnehmer wichen vom Vorschlag der EU-Kommission ab. Stattdessen einigten sie sich darauf, der UNO für das Jahr 2035 eine Senkung der Emissionen in der EU um 66,25 bis 72,5 Prozent zuzusagen. Diese Absichtserklärung kann die EU bei der UN-Generalversammlung in der kommenden Woche in New York vorstellen. Neu sind die Zahlen nicht, sie sind von bereits beschlossenen EU-Zielen abgeleitet. Eine UN-Frist für einen konkreten Plan für Ende des Monats dürfte die EU verstreichen lassen.

EU verpflichtet zu neuem Ziel

Bislang gibt es EU-Klimaschutzziele für 2030 und 2050. Bei der ersten Etappe in fünf Jahren sollen die EU-Staaten ihre Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu den Emissionswerten des Jahres 1990 reduzieren. Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die Staatenunion hierfür „auf einem guten Weg“.

„Das haben wir dem europäischen Grünen Deal zu verdanken“, sagte von der Leyen während ihrer jährlichen „Rede zur Lage der Union“ in Straßburg am 10. September. „Schon heute entfällt über 70 Prozent unseres Stroms auf CO₂-arme Energiequellen.“

Bis 2050 soll die EU schließlich die Klimaneutralität erreichen. Hierbei sollen die 27 Mitgliedsländer nur noch so viel CO₂ ausstoßen, wie die Natur aufnehmen oder mit technischen Methoden gespeichert werden kann.

Deutschlands Klimaschutzziele gehen noch darüber hinaus. So sollen die Emissionen hierzulande bis 2030 um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent gesenkt werden. Schon im Jahr 2045 soll Klimaneutralität erreicht werden.

Treibhausgasemissionen der EU mit Projektionen und Minderungszielen bis 2050. Foto: EEA, Umweltbundesamt

Ein EU-Klimaziel für 2040 ist allerdings bisher nicht festgelegt. Das verlangt jedoch das EU-Klimagesetz. Dieses plant die EU nun auch, zu beschließen.

Dabei geht es vor allem um den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO₂), das beim Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas entsteht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen sich jeweils zu dem Vorschlag positionieren und am Ende einigen.

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Streit im Staatenbund

Frankreich, Italien und Polen setzen sich dafür ein, das Klimaziel zur Chefsache zu machen und beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs Ende Oktober auf die Tagesordnung zu setzen. Im Anschluss wäre eine Sondersitzung der EU-Umweltminister nötig, um die Zusage an die UNO vor Beginn der Klimakonferenz im November noch zu konkretisieren.

In mehreren Staaten regt sich jedoch Widerstand. Der Druck durch das EU-Klimagesetz verlangt den 27 Ländern konkrete Bemühungen um mehr Klimaschutz ab und sorgt deshalb für Streit. Ländern wie Italien, Tschechien und Ungarn gehen die bisherigen Pläne zu weit.

Merz und Schneider dafür

Auch innerhalb der deutschen Bundesregierung gibt es noch Uneinigkeit. Zwar befürwortet Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den EU-Vorschlag. In der vergangenen Woche sagte er:

„Die Bundesregierung steht zu den Klimazielen, und zwar sowohl zu denen, die wir uns national gesetzt haben, als auch zu denen, die wir europäisch verabredet haben, wie auch zu denen, die wir international in einer ganzen Reihe von Abkommen vereinbart haben.“

Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) am 6. Mai 2025. Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images

Ebenso wollte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) die Abstimmung so schnell wie möglich – am liebsten beim eingangs erwähnten Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen. Wie Epoch Times auf Anfrage an das Bundeswirtschaftsministerium erfuhr, sagte der Minister:

„Die deutsche Wirtschaft hat zurecht größtes Interesse daran, dass wir beim Klimaschutz nicht alleine, sondern gemeinsam in Europa vorangehen.“

Der Kommissionsvorschlag für das EU-Klimaziel 2040 passe laut Schneider „perfekt zu den bestehenden deutschen Zielen“. Es ermögliche zudem einen gemeinsamen, europäischen Weg. „Dieser Weg entspricht dem klaren Bekenntnis des Koalitionsvertrages zum EU-Klimaziel 2040 und er liegt auch im wirtschafts- und industriepolitischen Interesse Deutschlands“, so der SPD-Politiker.

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Union noch uneins

Die Union dagegen schien es weniger eilig zu haben. Unionspolitiker betonten, Deutschland müsse sich mit Frankreich einig werden, das Vorbehalte gegen den 2040-Vorschlag hat.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wies etwa auf die durch die Klimaziele verstärkte Belastung der Chemieindustrie hin. „Wollen wir den Stahl aus Russland holen, um Panzer zu bauen, und die Chemie aus China, die für viele Produkte bis hin zu Windrädern unerlässlich ist?“, gab Haseloff zu bedenken. „Ich rate dringend ab.“

Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische CDU-Chef Manuel Hagel kritisch über das von der EU geplante Verbrennerverbot.

Nun erklärte das Umweltministerium unter Schneider: Der genaue Zeitplan sei Sache der dänischen Ratspräsidentschaft. „Der informelle Europäische Rat am 1. Oktober bietet da Chancen, um politisch über die aktuelle Klimapolitik zu reden. Klar ist, dass die Entscheidung über das neue Klimaziel dann beim Rat der Umweltminister und beim Europäischen Parlament liegt.“

Das bestätigte auch das Wirtschaftsministerium: „Es ist jetzt Aufgabe der Ratspräsidentschaft und des Ratspräsidenten eine richtige Schrittfolge für die Befassung mit dem EU-2040-Ziel und einen entsprechenden Beschluss für dieses Ziel und das EU-NDC [national festgelegter Beitrag zum Pariser Klimaabkommen] im Umweltrat vor Beginn der COP 30 [30. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention] in Belem [in Brasilien] festzulegen.“

Demnach hätten mehrere EU-Staaten den Wunsch geäußert, dass der Europäische Rat die Rahmenbedingungen zum EU-2040-Ziel konkretisieren solle. „Dies ist dem Umweltrat letztlich nicht möglich“, so das Ministerium. „Der Europäische Rat bietet Chancen, um sich über aktuelle Rahmenbedingungen der Klimapolitik, insbesondere in Bezug auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU auszutauschen. Dieses Vorgehen hat die Bundesregierung unterstützt.“

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Von der Leyen: Investitionen steigern

Bei ihrer Rede zur Lage der Union mahnte von der Leyen, jetzt nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren. „Wir müssen bei unseren Zielen für Klima- und Umweltschutz Kurs halten“, sagte sie.

Um „die Menschen [zu] unterstützen und die Industrie [zu] stärken“, müssten laut der Kommissionspräsidentin „die öffentlichen und privaten Investitionen massiv“ gesteigert werden. Genaue Zahlen nannte sie hierzu nicht. Anhand früherer Investitionspakete für klimapolitische Zwecke dürften diese jedoch wieder in Milliardenhöhe liegen.

„Europa muss seine Industrie schützen. Sie tut, was für die Dekarbonisierung getan werden muss. Und dafür sollte sie belohnt werden, und wir sollten Anreize schaffen“, so von der Leyen.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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