CDU-Anhänger unzufrieden wie selten: Kölner Kreisverband verlangt Kurswechsel

Der bundesweit mit 1.350 Angehörigen stärkste Kreisverband der Jungen Union in Köln und die übrigen Kölner CDU-Mitglieder wollen während ihres Parteitags am Samstag, 5. April 2025, eine Kurskorrektur von ihrer Parteispitze einfordern.
Es solle ein Politikwechsel stattfinden – und zwar in jener Weise, wie er vor der Bundestagswahl versprochen worden sei. Unverzichtbar seien eine Migrationswende, eine Wirtschaftswende, eine Wende in der Verteidigungspolitik, ein massiver Bürokratieabbau und eine Verkleinerung der Ministerien. Zudem müsse bei der Auswahl der künftigen Bundesminister nicht der Proporz, sondern die Qualität ausschlaggebend sein.
Andernfalls gefährde Parteichef Friedrich Merz „nicht nur das Profil der CDU“, sondern zerstöre auch „das Vertrauen der Menschen und das Engagement der Mitglieder“, wie es in einem offenen Brief der Kölner an ihren Kanzlerkandidaten heißt. Und weiter: „Wir wollen keinen schwachen Bundeskanzler, sondern einen starken Friedrich Merz!“
Kreisverbandsmitglieder wollen nicht als Lügner dastehen
Inzwischen blicke man „mit großer Beunruhigung und wachsendem Unmut“ auf das „politische Desaster“ in Berlin. Von Merz habe man sich Klarheit erhofft, nicht „politische Deals“. Jetzt aber sehe man „eine Führung, die sich mehr dem möglichen Koalitionspartner anbiedert, als den eigenen Überzeugungen zu folgen“.
Die Kölner Christdemokraten erinnerten daran, dass sie es gewesen seien, die „bei Schnee und Minusgraden im Winterwahlkampf an den Ständen standen, Plakate geklebt, Haustürwahlkampf gemacht und Menschen überzeugt“ hätten. Zudem hätten sie „den Menschen im Wahlkampf klare Botschaften“ für „Ordnung, wirtschaftliche Vernunft, Migrationskontrolle und Sicherheit“ vermittelt.
Wenn davon nichts umgesetzt wird, stehen wir vor Ort als Lügner da. Das wird uns spätestens bei der Kommunalwahl 2025 schmerzhaft auf die Füße fallen. Wer soll uns denn noch ernst nehmen, wenn die CDU für alles und nichts steht?“
Zum Abschluss des offenen Briefes mahnen seine Verfasser: „Hören Sie auf Ihre Basis – bevor sie Ihnen davonläuft.“
Umfrage: Nur Unionswähler vertrauen mehrheitlich den Argumenten von Merz
Den Unmut in der Parteibasis teilt die Mehrheit der vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap befragten Stammwähler nicht. Laut dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend seien die Unionsanhänger mehrheitlich bereit, ihrem Parteichef die Gründe für seine Schuldenbremsekehrtwende nach der Wahl abzunehmen.
Unter den Wählern aller Parteien hätten dagegen 68 Prozent den Merz-Argumenten von einer plötzlich geänderten Weltlage, die ein Umdenken erforderlich gemacht habe, keinen Glauben mehr geschenkt.
Das schlägt sich auch im Sinkflug der Union in der Sonntagsfrage nieder. Machten die Bürger am Wahltag noch zu 28,6 Prozent ihr Kreuz bei den Schwarzen, maß der ARD-„Deutschlandtrend“ zuletzt nur noch 26 Prozent, die erneut dazu bereit wären.
Die AfD liegt mit einem neuen Infratest-Rekordwert von 24 Prozent nun in Schlagdistanz. Bei der Bundestagswahl hatte die blaue Partei 20,8 Prozent eingefahren.
Die Umfrageschwäche der CDU bereiteten auch dem wahrscheinlichen Koalitionspartner SPD Sorge. „Die sinkenden Umfragewerte der Union zeigen eine Vertrauenskrise“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.
Austrittswelle in Kühlungsborn
Auch im hohen Norden der Republik wurde zuletzt Unzufriedenheit innerhalb der CDU-Basis deutlich. Vor einer Woche war bekannt geworden, dass sich große Teile des Stadtverbands im Ostseebad Kühlungsborn nicht mehr mit der Marschrichtung der Bundespartei identifizieren können.
Der CDU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern bestätigte gegenüber der Epoch Times die Austrittsabsicht von 15 teilweise hochrangigen Stadtverbandsmitgliedern. Man sehe jedoch keine Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Partei. Schon am 22. April solle es eine Versammlung geben, um die bis dahin vakanten Positionen neu zu besetzen.
Der CDU-Mitgliederbeauftragte Philipp Amthor hatte in seiner Landesfunktion als Generalsekretär des mecklenburg-vorpommerischen CDU-Verbands im ZDF zwar Verständnis, aber auch Kritik für die austrittswilligen Kühlungsborner übrig.
Er halte es für „besonders unglücklich, […] vor laufenden Koalitionsverhandlungen auszutreten, während die Ergebnisse noch gar nicht feststehen“. Er verstehe den Unmut in Teilen der Partei. Dennoch wolle man weiter für einen „Politikwechsel“ arbeiten.
Vor Endspurt der Koalitionsverhandlungen
In diesem Stimmungsumfeld setzten CDU, SPD und CSU ihre vertraulichen Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag fort. CSU-Chef Markus Söder und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil äußerten sich am Donnerstagabend im ZDF optimistisch, dass eine Regierungsbildung gelingen werde.
Söder sagte in der Sendung „Maybrit Illner“, er glaube nicht, dass die Gespräche noch scheitern könnten: „Wir müssen das ja auch schaffen.“ Die Parteien hätten eine „Riesenverantwortung, und ich glaube, die wollen wir wahrnehmen und die werden wir auch wahrnehmen“.
Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Klingbeil: „Wir werden gründlich verhandeln, dann gibt es eine Abstimmung und dann bin ich mir sicher, gibt es ein Votum der SPD-Mitglieder zu einem guten Koalitionsvertrag.“
(Mit Material von AFP)
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