Comeback der Wehrpflicht: Union und SPD für flexible Rückkehr

Nach neuen NATO-Anforderungen würden bei der Bundeswehr knapp 50.000 aktive Soldaten fehlen. Das lässt eine Rückkehr zur Wehrpflicht immer wahrscheinlicher werden. Auch Union und SPD befürworten ihre Wiedereinführung. Die junge deutsche Bevölkerung ist davon jedoch nicht begeistert.
Wehrpflicht
Neue Rekruten der Bundeswehr üben während der Grundausbildung.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 10. März 2025

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Seit 2011 gibt es in Deutschland in Friedenszeit keine Wehrpflicht mehr. Lediglich im Verteidigungsfall könnte sie wieder aktiviert werden. In der aktuellen politischen Debatte geht es jedoch um die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht.

Auslöser dieser Überlegung ist die Entscheidung der USA, den Krieg in der Ukraine nicht mehr unterstützen zu wollen. Damit sehen sich viele europäische NATO-Staaten unter Druck, diesen Ausfall möglichst gut zu kompensieren.

Bundeswehr mit mäßiger Kampfkraft

Deutschland ist zwar das EU-Land mit den meisten Einwohnern. Allerdings liegt dessen militärische Kampfkraft im Vergleich mit den europäischen NATO-Staaten nur auf Platz 4 – hinter Großbritannien, Frankreich und Italien.

Nach Angaben vom Dezember 2024 hat die Bundeswehr rund 181.000 aktive Soldaten und rund 34.000 Reservisten. Hinzu kommen rund 80.000 zivile Mitarbeiter. Das ursprünglich angesetzte Ziel liegt bei 203.000 aktiven Soldaten, aufgrund neuer NATO-Anforderungen steht aktuell eine Aufstockung auf 230.000 im Raum. Demnach würden knapp 50.000 aktive Soldaten fehlen.

Als Reaktion auf eine russische Militärinvasion in der Ukraine im Jahr 2022 hat Deutschland seine Militärausgaben erhöht. Schätzungen zufolge liegen diese im Jahr 2024 bei über 90 Milliarden Euro oder 2,12 Prozent seines BIP. Im Jahr 2023 gaben die Deutschen 67,6 Milliarden Euro für die Verteidigung aus.

Positionen der Parteien

Die Parteien im Bundestag haben dabei unterschiedliche Ansichten, wie eine Rückkehr zur Wehrpflicht aussehen soll. Die Union aus CDU/CSU sprach sich für eine flexible und schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht. Dazu teilte Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion für Auswärtiges und Verteidigung, mit: „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Wir wollen eine Wehrpflicht, aber nicht ganz zurück in das alte Modell.“ Wadephul spricht sich für eine Kontingentwehrpflicht aus, die langfristig in einen allgemeinen Gesellschaftsdienst münden soll.

Die Union wird wahrscheinlich mit der SPD in eine Regierungskoalition eintreten. Die Sozialdemokraten planen laut ihres Regierungsprogramms ebenfalls die Einführung eines neuen, flexiblen Wehrdienstes. Das bedeutet, dass dieser auf Freiwilligkeit basiert und sich dabei am Bedarf der Bundeswehr orientieren soll. Ziel des neuen Wehrdienstes ist der Aufbau einer durchhaltefähigen Reserve.

Die AfD würde in diesem Punkt noch konsequenter vorgehen. Im Februar sprach sich Parteichefin Alice Weidel für eine verpflichtende zweijährige Wehrpflicht aus. Bei der letzten TV-Debatte vor der Bundestagswahl schilderte sie dringenden Handlungsbedarf: „Wir sind nicht mehr fähig zur Landesverteidigung.“ Als weiteres Argument führte sie auf, dass die Wehrpflicht den Zweck erfülle, die Bevölkerung mit ihrer Armee zu identifizieren.

Die Grünen befürworten auch eine Rückkehr zum Wehrdienst und zur Reserve. Allerdings soll diese „freiwillig“ sein und „für eine breite Zielgruppe attraktiver“ gestaltet werden.

Die Linke und das BSW lehnen ein Comeback der Wehrpflicht strikt ab. Sie sind „gegen eine Militarisierung der Gesellschaft“.

Welche Alternativen zum Wehrdienst gibt es?

Wer keinen Wehrdienst absolvieren will, kann ab 18 Jahren auch den Bundesfreiwilligendienst – den früheren Zivildienst – machen. Wer vor 2011 dem Wehrdienst nicht nachkam, musste in der Regel den Zivildienst machen. Aktuell sind aber beide Dienste freiwillig. Der Bundesfreiwilligendienst ergänzt das Freiwillige Soziale Jahr.

Die Freiwilligen können diesen Dienst in sozialen Einrichtungen wie Altersheimen, Schulen oder Kindergärten verrichten. Dabei erhalten sie eine Vergütung von rund 400 Euro netto. Die Kosten hierfür tragen der Bund und die Einsatzstelle oder deren Träger. Falls nötig, können die Freiwilligen darüber hinaus noch Wohngeld und Kindergeld beantragen.

Die Vergütung ist hier deutlich geringer als der Sold für Soldaten, die den Wehrdienst leisten. Dieser beträgt zwischen 800 und 1.000 Euro netto. Hinzu kommen Sachleistungen, Verpflegung und Unterkunft.

Alternativ können sich Interessierte zwischen 18 und 65 Jahren auch zum Reservistendienst melden. Als Reservist gilt, wer mindestens einen Tag Wehrdienst geleistet hat. Die Reserve soll bei verschiedenen Engpässen aushelfen. Die Bundeswehr teilt hierbei in Truppenreserve, territoriale und allgemeine Reserve auf.

Zuletzt gibt es noch das bereits erwähnte Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Das ist dem Bundesfreiwilligendienst ähnlich. Interessenten haben die Möglichkeit, das FSJ auch im Ausland zu absolvieren. So können gerade junge Menschen einen Dienst für die Gesellschaft leisten und gleichzeitig wertvolle Erfahrungen für ihren weiteren Lebensweg sammeln.

Umfrage zur Wiedereinführung der Wehrpflicht

In der Bevölkerung befürwortet eine Mehrheit von 58 Prozent eine Rückkehr zur Wehrpflicht. Im Gegenzug lehnten dies 34 Prozent ab. Das ermittelte eine YouGov-Umfrage, die vom 25.02. bis 04.03.2025 stattfand.

Dabei fällt auf, dass jüngere Altersgruppen die Wiedereinführung der Wehrpflicht vermehrt ablehnen, wie aus YouGov-Daten hervorgeht, die der „Welt“ vorliegen. Je älter die Altersgruppen, desto stärker die Befürwortung der Wehrpflicht.

So befürworten bei den 18- bis 29-Jährigen nur 33 Prozent eine Wehrpflicht, 61 Prozent lehnen sie ab. Bei den über 70-jährigen Befragten begrüßen hingegen ganze 75 Prozent eine Rückkehr zur Wehrpflicht.

Frieder Schmid, Meinungsforscher bei YouGov, erklärt sich das Ergebnis folgendermaßen: „Diejenigen, die eine Maßnahme nicht betrifft, befürworten sie eher. Das ist ein typisches Muster.“

Interessant ist zudem ein Blick auf die Aufgliederung nach Parteipräferenz. Die größte Zustimmung zur Wehrpflicht ist mit 73 Prozent bei den Wählern der CDU, dahinter folgen die AfD-Wähler mit 68 Prozent. Die geringste Zustimmung ergab sich bei Grünen, BSW und Linken mit jeweils rund 40 Prozent.

(Mit Material der tschechischen Epoch Times)



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