Parteibasis macht Druck: CDU soll sich an Wahlversprechen halten

Gleichstand mit der AfD in einer Umfrage und Kritik, dass die SPD die Verhandlungen zu sehr dominiert – in der neuen Verhandlungswoche wächst der Druck auf die Union. Die Koalitionsverhandlungen werden am Montag fortgesetzt.
Titelbild
Markus Söder, Friedrich Merz und Lars Klingbeil, sprechen am 28. März 2025 in Berlin im Zuge der laufenden Koalitionsverhandlungen zu den Medien.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times7. April 2025

Wegen sinkender Umfragewerte und interner Kritik von der Basis steht die Union bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD unter Druck. Heute wollen die Unterhändler wieder in Berlin verhandeln – führende Köpfe der Union zeigten sich zuletzt optimistisch, dass diese Woche die Schlussrunde eingeläutet wird.

Die Sondierungsgespräche von Union und SPD über die mögliche Bildung einer gemeinsamen Regierung sollten am Montagnachmittag fortgesetzt werden. Dabei dürfte es weiterhin zunächst vor allem um Finanzfragen gehen. Druck auf einen schnellen Abschluss kam zuletzt vor allem von Wirtschaftsverbänden.

CDU und CSU pochen in dieser entscheidenden Phase darauf, dass der Koalitionsvertrag eine deutliche schwarze Handschrift tragen muss. So sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) mit Blick auf das Wahlergebnis:

„Grundsätzlich gilt: Zwischen Union und SPD besteht auf Bundesebene ein enormer prozentualer Abstand. Das muss sich im Koalitionsvertrag klar abbilden.“

Hintergrund ist der Unmut innerhalb der Unionsbasis darüber, dass CDU-Chef Friedrich Merz den im Wahlkampf versprochenen Politikwechsel bei Themen wie Migrations-, Wirtschafts- und Verteidigungspolitik nicht gegen die Sozialdemokraten durchsetzen könne.

Brandenburger Abgeordnete kritisiert Wandel seit Wahlkampf

Zu den Kritikern gehört etwa die Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig. „Seit der Gründung der AfD 2013 ist klar, warum diese Partei wächst. Die CDU hat die Anhänger einer Mitte-Rechts-Politik all die Jahre nicht bedient“, sagte sie dem „Tagesspiegel“.

„Im Wahlkampf 2025 haben wir dann deutlich gemacht, dass wir wieder eine liberal-bürgerliche Politik machen wollen.“ Aus ihrer Sicht werde dieses Versprechen aktuell nicht eingehalten. Im Koalitionsvertrag müsse eine deutliche CDU-Handschrift erkennbar sein – anders als im Sondierungspapier.

„Es darf weder Steuererhöhungen für Bürger noch für die Wirtschaft geben“, sagte Ludwig. In der Migrationspolitik fordert die CDU-Politikerin eine Umsetzung von Merz‘ Fünf-Punkte-Plan, der auch Zurückweisungen an der Grenze vorsieht – zur Not gegen den Willen der Nachbarstaaten.

Besonders wichtig ist der CDU-Abgeordneten eine „ehrliche Aufarbeitung“ der Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie – etwa durch einen Untersuchungsausschuss im Bundestag. Einem Koalitionsvertrag, der dies nicht vorsieht, will Ludwig nicht zustimmen.

Junge Union mit Ergebnissen der Verhandlungen unzufrieden

Auch in der Jungen Union (JU) wird Kritik an den bisherigen Verhandlungen laut. JU-Chef Johannes Winkel (CDU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“ am Sonntag auf die Frage, ob er gegen eine Koalition mit der SPD stimmen würde, wenn es keinen Politikwechsel in den Bereichen Migration, Wirtschaft und Bürokratieabbau gebe: „Alles andere entspräche ja dem Motto ‚Macht als Selbstzweck‘.“

„Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt“, forderte der Chef der Nachwuchsorganisation. „Die Zeiten, in denen das Motto galt, wir bekommen das Kanzleramt und die Sozialdemokraten die Inhalte, die sind tatsächlich vorbei.“

Auch der Chef der Jungen Union Nordrhein-Westfalen, Kevin Gniosdorz, hat klare Erwartungen an das Verhandlerteam der Union. „Wir wollen Vertrauen zurückgewinnen, und dazu muss der Koalitionsvertrag bestimmte Erwartungen erfüllen, derentwegen die Union gewählt worden ist“, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Gniosdorz forderte im Zuge dessen zukunftssichere Renten und Sozialsysteme und eine Wirtschaftswende. Zudem müssten die irreguläre Migration „so schnell wie möglich drastisch“ reduziert und die Gelder aus dem Sondervermögen „zukunftsgerichtet und effizient“ verwendet werden.

Esken: Wollen ganz klar an Grundrecht auf Asyl festhalten

Derweil schlug SPD-Chefin Saskia Esken beim Knackpunkt Migration eher konfrontative Töne an. Es sei ganz klar, dass die SPD am Grundrecht auf Asyl festhalten wolle, sagte sie am Abend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Es sei zu Recht in der Verfassung verankert.

Darauf angesprochen, ob Asylverfahren auch in Drittstaaten ausgelagert werden könnten, sagte Esken, dass andere Staaten das bereits ausprobiert hätten. „Es hat überall nicht funktioniert“, sagte sie etwa mit Blick auf Italien. „Wir sollten unsere Energie nicht auf solche Versuche verschwenden.“

Die Union hatte vor der Bundestagswahl einen deutlich härteren Kurs in der Migrationspolitik gefordert. Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag seiner Amtszeit als Bundeskanzler das Innenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“.

AfD gewinnt, Union verliert seit Bundestagswahl 4,5 Punkte

Die Wähler straften die Union zuletzt ab. Sechs Wochen nach der Bundestagswahl hat die Konkurrenz aufgeholt: AfD und CDU/CSU liegen in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstitutes INSA für die „Bild“ jeweils bei 24 Prozent.

Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl am 23. Februar holte die Union noch 28,5 Prozent, die AfD landete dahinter mit 20,8 Prozent.

Nach Angaben von CSU-Generalsekretär Martin Huber wird der künftige Koalitionsvertrag eine starke Handschrift der Union tragen, um den hohen Zustimmungswerten der AfD eine Politik der Stabilität entgegenzusetzen.

„Der versprochene Politikwechsel kommt“, sagte Huber der „Augsburger Allgemeinen“ (Montagausgabe). „Wir stärken Deutschland in unsicheren Zeiten und werden das Land wieder in Ordnung bringen“, betonte der CSU-Politiker. Die aktuell hohen Umfragezahlen der AfD führte der Generalsekretär auch auf äußere Umstände zurück.

Schlussrunde auf dem Weg zu neuer Regierung?

Wann aber ein Koalitionsvertrag vorliegen könnte, ist unklar. CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Torsten Frei sagte am Wochenende, er sei „sehr zuversichtlich, dass wir nächste Woche zu einem Ergebnis kommen“. Auch CSU-Chef Markus Söder schrieb auf X von der „Schlussrunde“. (dpa/dts/afp/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion