Trump: Geduld am Ende – Zieht Merz Deutschland in den Krieg?

Trump verliert die Geduld. Die Friedensvermittlung um die Ukraine stockt. Putin und Sleneskyj mauern. Trump kündigte deshalb an, er werde sich „in wenigen Tagen“ aus den Verhandlungen zurückziehen, wenn keine Fortschritte erzielt werden. Derweil kommen russische Vorwürfe gegen Deutschland – wird Merz den Krieg in der Ukraine mit Taurus-Marschflugkörpern verlängern?
Steht ganz oben auf der Wunschliste Kiews: der Taurus-Marschflugkörper. (Archivbild)
Steht ganz oben auf der Wunschliste Kiews: der Taurus-Marschflugkörper. (Archivbild)Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Von 19. April 2025

Die traditionellen Osterfriedensmärsche in Deutschland haben zu Beginn der diesjährigen Karwoche einen ordentlichen Dämpfer erhalten. Am Palmsonntag hatte der designierte Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz angekündigt, sobald er das Amt antrete, sei er bereit, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern.

Der bisherige und noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Forderung der Ukraine nach der Taurus-Waffe stets mit der Begründung abgelehnt, Deutschland werde dadurch zur Kriegspartei.

Was reitet Merz eigentlich?

Genau in diese Richtung kam prompt nach der Ankündigung von Merz eine Warnung aus Moskau. „Überleg zweimal, Nazi!“, wird Dimitri Medwedew, Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, in deutschen Medien mit seiner polemischen Äußerung zitiert.

Rationaler mahnte Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums: Sollten Taurus-Raketen gegen Infrastrukturziele in Russland eingesetzt werden, werde dies „als direkte Beteiligung der BRD an militärischen Aktionen aufseiten des Kiewer Regimes mit allen sich daraus für Deutschland ergebenden Konsequenzen betrachtet.“ Was dies genau bedeute, ließ die Sprecherin allerdings offen.

Bleibt die Frage: Was eigentlich bewegt Merz, die alte und als abgeschlossen betrachtete Taurus-Debatte vom letzten Jahr neu zu beleben? Warum heizt der CDU-Politiker, der erst am 6. Mai im Bundestag zum Kanzler gewählt werden soll, im Vorfeld die Kriegsrhetorik wissentlich und willentlich derart an?

Das hierzulande in exzessiver Weise viel gescholtene Amerika ist seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar weltweit bei zahlreichen Konflikten bemüht, Frieden zu schaffen. Und das sonst stets betont friedensbewegte Deutschland entpuppt sich nun möglicherweise als Kriegstreiber. Verkehrte Welt, möchte man meinen.

Auch die Amerikaner, gegen deren Aufstellung von Pershing-II-Mittelstreckenraketen (MRBM) sich der Grünen-Politiker Joschka Fischer 1983 noch in Mutlangen auf die Straße legte, reiben sich die Augen. Muss Deutschland wie in einer Art Zwangsverhalten oder Trotzreaktion stets das Gegenteil von den USA machen?

Der CDU-Chef spricht jedenfalls nicht davon, dass sich Deutschland an Friedensverhandlungen beteiligen möchte. Vielmehr möchte Merz mit der bis 500 Kilometer reichweitenstarken Taurus-Waffe die Ukraine in die Lage versetzen, russische Nachschubrouten auf russischem Boden zu zerstören. Auch Raketenangriffe aus dem russischen Hinterland heraus sollen mit den seit 2005 bei der Bundesluftwaffe eingeführten Taurus-Marschflugkörpern verhindert werden. Die mehr als 20 Jahre alte Waffe, die von einem Kampfflugzeug aus abgefeuert werden muss, gilt nicht mehr als modernstes Luftkampfgerät.

Die Effekte, die Taurus gegen russische Stellungen ausrichten sollen, werden längst von den ukrainischen Drohnenschwärmen erledigt. So gelingt es der Ukraine beispielsweise immer wieder, sogar Ziele in und bei Moskau anzugreifen, wie vor einem Monat. Etwas anderes könnte Taurus auch nicht ausrichten, außer eine größere Wucht beim Einschlag zu erzielen. Hier geht es aber offenbar nicht nur um die Lieferung einer reichweitenstarken Waffe. 

Merz betreibt EU-Innenpolitik

Also nochmal: Was könnte den CDU-Chef Merz bewogen haben, das Risiko einzugehen, Russland explizit gegen Deutschland herauszufordern? Es scheint, dass der CDU-Spitzenpolitiker Trump insofern nachahmen will, als dieser, bevor er ins Amt kam, einige seiner Absichten ankündigte und damit im Vorfeld Stärke zeigte.

Merz möchte wohl nun ebenfalls signalisieren, dass Deutschland nach der langen Schwächephase zumindest in Europa wieder unter den starken und handelnden Akteuren zurück ist. Ein solches Signal richtet sich in erster Linie an die EU und nicht an die Ukraine. Prompt kam Beifall für die Taurus-Ankündigung des Deutschen von den Teilnehmern des monatlichen Treffens der EU-Außenminister am 14. April in Brüssel.

„Ich denke, das wäre ein sehr wichtiges Signal dafür, wo Europa in dieser Situation steht“, sagte etwa der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp laut des europäischen Nachrichtenportals Euractiv. Der polnische Außenminister Radosław Sikorski bezeichnete das Angebot von Merz als „sehr gut“. Und die EU-Außenvertreterin Kaja Kallas gab sich überzeugt: „Wir müssen mehr tun, damit die Ukraine sich verteidigen kann und keine Zivilisten mehr sterben müssen“.

Entscheidungen über Waffenexporte werden gemeinsam vom Bundeskanzler, dem Vizekanzler und mehreren Ministern getroffen. Das letzte Wort hat jedoch stets der Bundeskanzler.

Wie ernst sind die Drohungen aus Moskau?

Großbritannien, Frankreich und die USA haben bereits eigene Langstreckenraketen an die Ukraine geliefert, ohne dass Russland diese Staaten als Kriegsparteien betrachtet. Insofern werden auch in Deutschland die derzeitigen russischen Drohungen heruntergespielt.

„Wladimir Putin will keinen Frieden. Im Gegenteil, die russischen Angriffe auf die Ukraine haben seit Beginn der Gespräche zwischen Putin und US-Präsident Donald Trump massiv zugenommen“, argumentiert etwa die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).

„Nur wenn Russland militärisch unter Druck gerät, wird es am Verhandlungstisch einen Waffenstillstand und darauf aufbauend einen gerechten Frieden für die Ukraine geben können“, so das weitverbreitete Kalkül deutscher Politiker, das die FDP-Politikerin laut eines Onlinebeitrags der „Rheinischen Post“ auf den Punkt gebracht hat. Deutschland und Europa setzen also darauf, dass Putin keine seiner Warnungen und Drohungen ernst meint. Auch der Kommentator der „Rheinischen Post“ gibt sich überzeugt, dass die „umstrittene Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern“ an die Ukraine von Russland „ganz sicher nicht“ als Kriegserklärung gesehen werde.

80 Jahre nach Kriegsende erneut Kriegsdrohung?

Ist das so? Wer die öffentlich geführte Debatte in Moskau verfolgt, kann beobachten, dass sich Russland verbal auf Deutschland einschießt. Immerhin nähern wir uns auch den beiden Gedenktagen an die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg: dem 8. und 9. Mai, der sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt.

Für Russland ist der 9. Mai als Tag der Kapitulation der Wehrmacht in Karlshorst bei Berlin – anders als bei den West-Alliierten – stets ein hochemotionaler Gedenktag geblieben. Wenn nun wieder ein deutscher Kanzler ganz nahe an diesem Gedenkdatum den Russen den Eindruck vermittelt, Deutschland trete in den Krieg gegen Russland ein, dann sind die Sätze des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow noch sehr diplomatisch formuliert: „Leider sind die europäischen Hauptstädte tatsächlich nicht geneigt, einen Weg zu Friedensverhandlungen zu suchen, sondern neigen eher dazu, die Fortsetzung des Krieges weiter zu provozieren.“

Russisches Roulette

Öl ins Feuer gießt zudem der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk. Er forderte gerade in einem offenen Brief an die Wochenzeitung „Welt am Sonntag“ von Merz eine schnelle Lieferung von 150 Taurus-Marschflugkörpern sofort nach dessen Wahl zum Bundeskanzler am 6. Mai. Wie lange Russland solche als „Provokation“ empfundenen Ankündigungen und Drohungen aus dem Westen immer nur hinnimmt, muss der Risikoanalyse westlicher Sicherheitsexperten überlassen werden. Politik sollte jedoch nicht zum „Russischen Roulette“ verkommen.

Über den Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.

 

 



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