Koalitionsvertrag: Merz voller Tatendrang, Weidel mit Kampfansage

Während Union und SPD nach der Präsentation ihres Koalitionsvertrages auf die Regierungsbildung zusteuern, glaubt AfD-Chefin Alice Weidel, dass ihre Partei spätestens bei der Landtagswahl 2026 in Sachsen-Anhalt einen Regierungsauftrag bekommen wird.
CDU-Chef Merz will die AfD zurückdrängen.
CDU-Chef Friedrich Merz will der AfD mit einer verschärften Migrationspolitik „den Boden entziehen“. AfD-Bundessprecherin Alice Weidel geht dagegen von weiter steigendem Wählerzuspruch für ihre Partei aus.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 11. April 2025

Obwohl die AfD den jüngsten Umfragewerten zufolge auf Augenhöhe mit der Union steht, blicken die Spitzen von CDU und CSU anscheinend unbeeindruckt und voller Tatendrang in die Zukunft.

Der X-Kanal von Friedrich Merz war am Morgen nach dem 9. April 2025 voll von Aussagen, die er am Abend gegenüber ARD und ZDF getätigt hatte.

„Ich bin mit dem Koalitionsvertrag, den Reformen und der Modernisierung, die wir jetzt in Deutschland vorhaben, wirklich sehr zufrieden. Umfragen hält man mal aus. Das Land muss vorankommen“, sagte Merz im ARD-„Brennpunkt“.

Unionschef sieht „völlig unberechtigte“ Kritik

Man sei in den Verhandlungen bereit gewesen, „alle Kritik zu ertragen, auch die Kritik, die völlig unberechtigt war, weil sie auf Sachverhalte bezogen war, die es gar nicht gab“, betonte Merz, ohne näher ins Detail zu gehen.

Kurz nach der Wahl verkündete Merz die Aufweichung der Schuldenbremse, wodurch CDU-Wähler überrascht wurden. Ihm persönlich wäre es lieber gewesen, wenn zuerst Reformen, dann die Schuldenbremse diskutiert worden wäre: „Wir mussten das aufgrund der bekannten Umstände anders herum machen“ (Kurzvideo auf X).

Merz: „Wir wollen Deutschland wieder an die Spitze bringen“

Auch im ZDF-„heute journal“ unterstrich Merz seine Erleichterung über die geglückten Verhandlungen mit der SPD und malte ein zuversichtliches Zukunftsbild:

Die Erzählung ist: Dieses Land soll wieder funktionieren. Den Menschen soll es wieder Freude machen, zu arbeiten, ihre Freizeit zu genießen. Das Land funktioniert, und wir haben wieder Wachstum, Beschäftigung. Und wir kommen raus aus dieser schlechten Stimmung.“

Mit einer wieder in Schwung gebrachten Wirtschaft, einer Lösung für das Migrationsproblem, einer umfassenden Modernisierung und Digitalisierung des Staates sowie mit Forschung und Technologie wolle man „Deutschland wieder an die Spitze bringen“. Er habe, so glaube er, „berechtigten Optimismus, dass wir das schaffen.“

Auch in Europa müsse Deutschland „eine führende Rolle spielen“, so Merz‘ Vision. Als Kanzler wolle er seinen Teil dazu beitragen: „Ich möchte derjenige sein, der mit den anderen zusammen, mit Frankreich, mit Polen, mit vielen anderen in der Europäischen Union jetzt wieder gemeinsame Politik für Europa, Politik für die eigenen Länder, Politik für Deutschland macht“, sagte Merz im ZDF. „Wenn wir das gut machen, […] dann wird Europa, dann wird Deutschland auch wieder ein guter Standort für Investitionen, für Innovation, für Digitalisierung.“

Der AfD „den Boden entziehen“

Zur AfD hatte sich Merz bereits am Nachmittag bei der Präsentation des Koalitionsvertrages (PDF) geäußert, ohne ihren Namen direkt zu nennen. Man stehe vor der Aufgabe, „all denjenigen, die abweichen vom Kurs der politischen Mitte“, den Boden zu entziehen, räumte der designierte Kanzler ein.

Bezüglich der aktuellen „Verunsicherung in Deutschland“ werde man dafür sorgen, die wirtschaftliche Stärke des Landes zu verbessern. Auch die „irreguläre Migration“ werde man „sehr weitgehend zurückdrängen“, versprach Merz. Er sei zuversichtlich, dass das gelingen werde, denn der Koalitionsvertrag biete dafür „eine sehr, sehr gute Grundlage“ (Video ab ca. 47:00 Min bei Epoch Times).

Weidel sieht Vertrag als „Kapitulationsurkunde der Union“

Alice Weidel, die Bundessprecherin der AfD, hatte bereits kurz nach der Vorstellung des Koalitionsvertrages auf einer eigenen Pressekonferenz von einer „Kapitulationsurkunde“ von Friedrich Merz und der gesamten Union gesprochen: „Das Papier trägt durchgehend die Handschrift des Wahlverlierers SPD, gespickt mit Verbeugungen und Kotaus vor den Grünen, die aus dem Hintergrund noch immer die Richtlinien der Politik bestimmen“, so Weidel.

Ob beim Thema Migration, bei der Rücknahme des Atomausstiegs oder auch beim Nein zum „Heizungsdiktat“: Kein einziges Wahlversprechen sei eingehalten worden, meinte Weidel. Dabei habe die Union eine „echte Migrationswende“ vor der Wahl sogar zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung erhoben. Aus ihrer Sicht sei das „klar Wählerbetrug“.

Geblieben seien nun lediglich „Formelkompromisse, die sich größtenteils auf Nebenschauplätzen“ abspielen würden und deren Überleben angesichts des „Dauerstreits im Koalitionsalltag“ dahingestellt sei, sagte Weidel.

Die Union habe jedenfalls endgültig „jede Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren“. Das „Weiter so“ stehe „in jedem Satz dieses Koalitionsvertrages“, der „nahtlos an die fatalen Weichenstellungen von der Merkel-Ära und der Ampel“ anknüpfe und „Wohlstand, Sicherheit und Freiheit“ gefährde (Video auf YouTube).

Im ZDF-Interview wies Weidel darauf hin, dass die AfD die Union in einer Umfrage mittlerweile überholt habe. Dieser Trend werde sich noch fortsetzen, die Union werde „langfristig verlieren“, gab sich Weidel ihrerseits überzeugt.

Weidel glaubt an Regierungsverantwortung spätestens 2026

Spätestens, wenn die AfD bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Sommer 2026 einen Regierungsauftrag erhalten werde, werde sie „seriöse Politik […] für die Bevölkerung in unserem Land, für die Interessen Deutschlands“ machen, sagte Weidel voraus. Anders als Friedrich Merz werde es die AfD aber „nicht bei Wahlversprechen lassen“ und jene Mitte-Rechts-Politik durchsetzen, für die sich die Wähler entschieden hätten.

Als Partner käme die aktuelle Union allerdings „definitiv“ solange nicht infrage, wie diese an Merz festhalte und inhaltlich links ausgerichtet sei (Video ab ca. 37:00 Min. auf ZDF.de).

Am Mittag des 10. April schickte Epoch Times verschiedenen Basis-Organisationen der CDU einen Fragenkatalog zur aktuellen Stimmung. Im Kern wollten wir wissen, wie der aktuelle Koalitionsvertrag bei den Mitgliedern ankommt. Sobald uns Antworten vorliegen, werden wir darüber berichten.



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