Dicke Luft zu Weihnachten – wie Duftstoffe und Duftmarketing uns den Kopf vernebeln
In Kürze:
- Duftstoffe gehören zu den unmittelbaren Signalen, die direkt ins limbische System gelangen.
- Händler und Dienstleister setzen sie gezielt ein, um unser Konsumverhalten zu beeinflussen.
- Nicht nur in der Adventszeit kann es zur Reizüberflutung kommen, auch in den eigenen vier Wänden gibt es versteckte Duftquellen.
- Viele Menschen haben Beschwerden – Kopfdruck, Hustenreiz, flacher Schlaf –, ohne den Zusammenhang zu erkennen.
Es gibt eine Jahreszeit, in der sich die Raumluft fast unmerklich verändert. Sie beginnt Ende November, wenn die ersten Kerzen angezündet werden, wenn in Kaufhäusern künstlicher Tannenduft vernebelt wird und wenn das Zuhause nach Vanille, Zimt oder „Wintertraum“ riecht.
Für viele Menschen gehört dieser Duftteppich zur Adventsstimmung. Andere erleben gerade in diesen Wochen Kopfschmerzen, Hustenreiz, juckende Augen oder eine diffuse Erschöpfung, ohne zu wissen, dass ihr Körper auf etwas reagiert, das man nicht sieht. Anders gesagt: Viele haben Beschwerden, ohne den Zusammenhang zu erkennen, nämlich mit der wachsenden Last synthetischer Duftstoffe.
Die versteckten Quellen des Advents
Was wir heute „Weihnachtsduft“ nennen, ist meist ein Gemisch aus flüchtigen organischen Verbindungen. „VOCs“ nennt die Wissenschaft diese Stoffe, die aus Kerzen, Reinigern, Parfums, Waschmitteln und Verpackungen ausgasen. Jede Quelle für sich wäre selten ein Problem. Aber die Summe ist es, die den Organismus fordert, gerade in der dunklen Jahreszeit, in der wir weniger lüften und mehr drinnen sind.
Hinzu kommt, dass uns Duftstoffe heute nicht nur dort begegnen, wo wir sie erwarten. Sie finden sich in Geschenkpapier, das nach „Tanne“ oder „Orange“ riecht, in Kerzenbeschichtungen, die ein zusätzliches Aroma freisetzen, und in Raumverneblern, die im Handel großzügig eingesetzt werden, um uns zu beeinflussen und Kaufreize auszulösen. Selbst Weihnachtsmärkte sind längst keine rein kulinarische Angelegenheit mehr, auch nicht am Süßwarenstand. Der Duft von gebrannten Mandeln oder Zuckerwatte ist häufig künstlich verstärkt – eine „olfaktorische Einladung“, länger zu verweilen und mehr zu konsumieren.
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Das alles ist aber kein Phänomen der Weihnachtszeit. Beispiel: Autos. Ich meine nicht die Duftbäumchen, ich spreche vom typischen Neuwagenduft. Dieser ist kein Qualitätsmerkmal, sondern das Ergebnis von Lösemitteln, Weichmachern und Klebstoffen, die in den ersten Monaten besonders intensiv ausgasen. Auch Hotels und Wellnesseinrichtungen setzen mit sogenannten Signature Scents zunehmend auf eine eigene Duftmarke.
Wie häufig solche Systeme überhaupt eingesetzt werden, bleibt unklar. Ich habe dazu keinerlei belastbare Daten gefunden. Und es scheint auch keine Pflicht zur Kennzeichnung zu geben. Es wird einfach gemacht.
Warum manche stärker reagieren
Der Duftstoffoverload ist weniger ein Allergieproblem als eher ein Belastungsproblem. Unser vegetatives Nervensystem sortiert ununterbrochen Reize. Gerüche gehören zu den unmittelbaren Signalen, die direkt in das limbische System gelangen. Wenn nun innerhalb weniger Stunden Dutzende unterschiedliche Duftmoleküle auf dieses System einwirken, entsteht eine Art Dauerreiz. Manche beschreiben dies als Kopfdruck, andere als unerklärliche Müdigkeit. Kinder reagieren häufig mit Unruhe oder Bauchschmerzen, ältere Menschen eher mit Atemwegsbeschwerden.
Hinzu kommt, dass viele synthetische Aromen so konzipiert sind, dass sie lange haften bleiben. Waschmittel und Weichspüler hinterlassen ihren Duft tagelang in Kleidung, Handtüchern oder Bettwäsche. So entsteht eine quasipermanente Exposition – ein Hintergrundgeruch, den man nicht mehr bewusst wahrnimmt, der den Körper aber weiterhin „beschäftigt“.

Schematischer Aufbau und Funktionsweise des Geruchssinns. Foto: kms/Epoch Times nach VectorMine/iStock
Auch wirken die Reize nicht nur über die Nase. Viele Stoffe gelangen über die Lunge ins Blut, einige lagern sich im Fettgewebe ein. Für völlig Gesunde ist das selten sofort gefährlich. Doch Menschen mit Asthma, Allergien oder bereits gereiztem Nervensystem reagieren oft deutlich spürbar und wissen oftmals gar nicht, weshalb.
Die stille Last im eigenen Zuhause
Für die meisten Menschen beginnt der Rückzug ins eigene Heim mit einem Kerzenlicht, vor allem in der Adventszeit. Doch gerade Kerzen sind eine unterschätzte Quelle für Feinstaub und die sogenannten VOCs: flüchtige organische Verbindungen, die bei Erwärmung oder Verbrennung in die Raumluft übergehen und Schleimhäute, Atemwege und das vegetative Nervensystem reizen können.
Paraffin, ein Erdölprodukt, setzt beim Abbrennen solche Stoffe frei. Aber auch Kerzen aus Stearin oder Sojawachs – Letzteres wird heute als „natürliche“ Alternative angeboten – sind nicht automatisch frei von Belastungen. Viele werden zusätzlich mit aromatisierten Beschichtungen versehen oder mit Duftmischungen versetzt. Selbst „naturidentische“ Düfte sind letztlich chemische Kompositionen.
Was viele vergessen: Je kleiner und dichter ein Raum ist, desto stärker steigt die Konzentration der Belastung. Und kein Raum reagiert sensibler als das Schlafzimmer. Hier regeneriert sich das Nervensystem, hier sinkt der Stoffwechsel in den Ruhemodus – oder sollte es jedenfalls. Duftkerzen, Raumduft oder intensiv parfümierte Bettwäsche haben dort nichts verloren. Wer schlecht schläft, nachts Hustenreiz bekommt oder morgens wie „vernebelt“ erwacht, sollte auch die Duftstoffquellen im Schlafzimmer hinterfragen.
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Ein naturheilkundlicher Blick: Weniger Reiz, mehr Klarheit
Aus naturheilkundlicher Sicht braucht der Körper nicht mehr Duft, sondern mehr Ruhe. Die Entlastung beginnt nicht mit irgendeinem Mittel, sondern mit dem Erkennen der Quellen.
Lüften ist die einfachste Maßnahme, aber nicht die einzige. Kerzen aus Bienenwachs brennen ruhiger und setzen deutlich weniger Schadstoffe frei. Kleidung sollte möglichst ohne parfümierte Waschmittel gewaschen werden – viele Menschen bemerken erst dann, wie intensiv die synthetischen Düfte vorher gewirkt haben. Geschenkpapier mit Duftbeschichtung lässt sich leicht meiden, ebenso Raumvernebler oder Duftstecker, die wochenlang „winterliche“ Moleküle in den Raum abgeben.
Der wichtigste Schritt ist aus meiner Sicht allerdings, das Schlafzimmer duftstofffrei zu halten. Was an Duftstoffen draußen noch tolerierbar ist, wird im Schlaf zu einer unnötigen Belastung.
Fazit
Am Ende geht es nicht um einen „Krieg“ gegen Kerzen oder einen nostalgischen Geruch nach Zimt. Es geht mir um den nüchternen Gedanken: Die Luft ist längst ein Produkt geworden, nicht nur in Sachen CO₂-Zertifikate. Unsere Luft wird in manchen Räumen zusammengemischt, verstärkt und zur Stimmungserzeugung designt. Man muss nur einmal nach Firmen suchen, die ein sogenanntes Duftmarketing anbieten.
Die meisten Menschen wissen nichts davon und/oder merken es nicht. Sie merken nur die möglichen Folgen, nämlich Kopfdruck, Hustenreiz und flachen Schlaf, und suchen die Ursache überall, nur nicht dort, wo sie einatmen.
Der Ausweg ist simpel und unbequem zugleich: radikal entlasten. Nicht noch einen „Winterduft“ kaufen, sondern konsequent weglassen. Keine parfümierten Waschmittel, keine Raumvernebler, keine Duftkerzen im Schlafzimmer. Lüften, Bienenwachs statt Paraffin, reine Stoffe statt Aromen. Die meisten Menschen fühlen den Unterschied erst, wenn die Reize verschwunden sind.
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