Fusionsenergie: US-Unternehmen auf dem Weg der Kommerzialisierung

Forschung zur Kernfusion findet neben Deutschland auch in den USA statt. Dort erforscht ein Unternehmen explizit die Wirtschaftlichkeit dieser Zukunftstechnologie. Eine besondere Rolle spielen Neutronen.
Kernfusion
„Wir nutzen Formen der Kernfusion, einfachere Einschlusssysteme, die den heutigen realen Marktanforderungen gerecht werden“, sagte Greg Piefer, Geschäftsführer von SHINE Technologies.Foto: Dragon Claws/iStock
Von 28. Oktober 2025

In Kürze:

  • In den USA befasst sich das Unternehmen SHINE Technologies mit der Kommerzialisierung der Kernfusion.
  • Aktuell kostet eine Kilowattstunde Wärme aus Kernfusion noch umgerechnet rund 8,6 Millionen Euro anstatt 5 Cent Marktwert.
  • Der Ansatz von SHINE ist ein Blick auf andere inzwischen etablierte Branchen, die zu ihrer Anfangszeit ähnliche Probleme hatten.
  • Auf dem Weg zur Energieerzeugung konzentriert sich das Unternehmen zunächst auf lukrative Nebenprodukte wie Neutronen.
  • In Deutschland gibt es noch kein Unternehmen, das sich derart mit der Wirtschaftlichkeit der Kernfusion beschäftigt.

 

Wissenschaftler haben bisher enorme Fortschritte dabei gemacht, die Kernfusion zu einer nutzbaren Energiequelle zu machen. Dennoch scheint der Erfolg nach wie vor ein Jahrzehnt entfernt zu sein.

Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump bekundete bereits ihre Entschlossenheit, „die amerikanische Energie freizusetzen“. Mitte Oktober veröffentlichte das US-Energieministerium dazu einen Fahrplan für die Kernfusion. Ziel sei es, „den Weg zur kommerziellen Fusionsenergie zu beschleunigen“, sagte Darío Gil, Unterstaatssekretär für Wissenschaft im Energieministerium.

10 Millionen US-Dollar statt 5 Cent

Ein Unternehmen, das diese Vision verfolgt, ist SHINE Technologies mit Sitz in Janesville, Wisconsin.

„Der gesamte Ansatz unseres Unternehmens ist heute auf die kommerzielle Nutzung der Kernfusion ausgerichtet“, erklärte der Geschäftsführer Greg Piefer gegenüber der englischsprachigen Epoch Times. Während das ultimative Ziel von SHINE darin besteht, die Kernfusion zu einer rentablen Energiequelle zu machen, „nutzen wir in der Zwischenzeit Formen der Kernfusion [und] einfachere Einschlusssysteme, die den heutigen realen Marktbedürfnissen gerecht werden“, sagte er.

Die Fusionsenergie erreichte im Jahr 2022 einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer rentablen Energiequelle. Damals gelang es Forschern der National Ignition Facility des Lawrence Livermore National Laboratory, mehr Energie aus Reaktionen zu gewinnen als die Energie, die aus dem Brennstoff zugeführt wurde.

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Piefer, der einen Doktortitel in Kerntechnik von der University of Wisconsin hat, erklärte, dass die Wissenschaft rasante Fortschritte mache. Allerdings stelle die Wirtschaftlichkeit noch eine gewaltige Herausforderung dar.

„Die wissenschaftliche Gewinnschwelle sorgt für große Begeisterung“, sagte Piefer. Aber die Gesamtkosten für die Erzeugung einer Kilowattstunde Wärme durch Fusion liegen derzeit bei etwa 10 Millionen US-Dollar [8,6 Millionen Euro], während der Marktwert bei etwa 5 Cent liegt. „Es gibt also noch eine enorme Lücke zu schließen, bevor Fusionsenergie mit anderen Energiequellen konkurrieren kann“, sagte er.

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Deutschland nur technisch weit fortgeschritten

Durch Anstrengungen wie die des Münchener Start-ups Proxima Fusion spielt Deutschland international vorn mit, was die Forschung im Bereich der Kernfusion angeht. Der Prototyp Stellarator Alpha soll bis zum Jahr 2031 erstmals Kernfusionsenergie erzeugen.

Das ist im Sinne der Bundesregierung. So hat auch das Bundeskabinett Anfang Oktober 2025 ihren Aktionsplan „Deutschland auf dem Weg zum Fusionskraftwerk“ beschlossen. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär sagte: „Mit dem Aktionsplan Fusion bereiten wir den Weg für das erste Fusionskraftwerk der Welt in Deutschland.“ Dazu will die Bundesregierung die Fusionsforschung bis 2029 mit mehr als 2 Milliarden Euro unterstützen.

Hierzulande gibt es jedoch kein Unternehmen wie SHINE, das sich explizit mit der Wirtschaftlichkeit der Kernfusion so wie in den USA auseinandersetzt. Einzelne Optimierungen entstehen lediglich im Prozess der bestehenden technischen Forschung und Entwicklung.

Branchen mit ähnlicher Entwicklung finden

Wie kann also ein Unternehmen angesichts der noch astronomisch teuren Energiegewinnung überleben, bis die Technologie ihren Rückstand aufgeholt hat? „Als wir uns damit befassten, fragten wir uns: ‚In welchen Branchen gibt es solche Verbesserungen im Kostenprofil?‘“, so Piefer. „Und die offensichtliche Antwort, die uns sofort ins Auge sprang, war die Halbleiterindustrie.“

Im Laufe ihrer Entwicklung folgte die Halbleiterindustrie dem Moore’schen Gesetz, einer Vorhersage des Intel-Gründers Gordon Moore, dass Innovationen die Kosten für die Herstellung von Computerchips jedes Jahr um die Hälfte senken würden.

„Aber Moores Gesetz wurde nicht durch eine ‚Mondlandung‘ finanziert. Es wurde durch Produkte und immer bessere Entwicklungen vorangetrieben und richtete sich immer an die Kunden, die am meisten für diese Produkte bezahlen würden“, sagte Piefer.

Seine Mitarbeiter untersuchten ähnliche Branchen wie Batterien, Solarzellen und Elektroautos. Sie fragten sich: „Gibt es eine Möglichkeit, das für Kernfusion zu erreichen, sodass wir den Menschen heute einen Mehrwert bieten, viel mehr pro Reaktion verdienen und dies nutzen können, um besser zu werden und die Kosten zu senken?

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Märkte für Neutronen finden

Das im Jahr 2010 gegründete Unternehmen kam zu dem Schluss, dass die Lösung darin bestand, „sich auf den Kunden statt auf das Endergebnis zu konzentrieren“, so Piefer. Während sich die Suche nach kostengünstiger Fusionsenergie auf die Erzeugung von Wärme konzentriert, konzentrierte sich SHINE auf ein anderes Nebenprodukt von Fusionsreaktionen – Neutronen.

„Anstatt die Wärme zu gewinnen, gewinnt man die Neutronen und nutzt sie“, sagte Piefer. „Es gibt Kunden, die bis zu 200.000 Dollar für diese Kilowattstunde zahlen, anstatt 5 Cent.“

Der erste Schritt von SHINE in Richtung Fusionsenergie war der Aufbau eines Neutronenradiografiegeschäfts. Dadurch konnte SHINE mit einem einfacheren Einschlussverfahren für Fusionsreaktionen arbeiten.

Anstatt große Fusionsreaktoren zu entwickeln, die supraleitende Magnete und hochkomplexe Strukturen zur Eindämmung und Aufrechterhaltung der Reaktionen verwenden, nutzt SHINE Teilchenstrahlen. Diese sollen die Kernfusion in einem Niedertemperatur-Tritiumplasma erzeugen.

„Wir brauchen keine supraleitenden Systeme mit Brutdecken und verrückten Materialien, die es noch nicht gibt“, sagte Piefer. „Wir können uns ganz darauf konzentrieren, Neutronen zu maximieren, die Betriebszeit zu maximieren und die Bedürfnisse der Kunden zu maximieren.“

Kosten um das 1.000-Fache gesenkt

Diese Neutronen sind für Anwendungen wie Gerätetests in der Luftfahrt, im Militär und in der Raumfahrt sehr gefragt. Beispielsweise kann das Innere moderner Düsentriebwerke mit Neutronen abgebildet werden.

Während Röntgenstrahlen leichte Materialien wie Haut und Muskeln durchdringen, aber von schweren Materialien absorbiert werden und so Bilder der inneren Knochenstrukturen erzeugen, funktionieren Neutronen anders. Sie durchdringen auch schwere Materialien wie Metalle und erzeugen Bilder der inneren Räume.

SHINE hat dafür ein Testverfahren entwickelt, das Defekte und Blockaden aufdeckt, die zu katastrophalen Ausfällen in mechanischen Anlagen führen können. „Es ist nun einmal so, dass die Erzeugung von Neutronen weitaus schwieriger ist als die Erzeugung von Röntgenstrahlen, und historisch gesehen waren dafür bis zu unserem Eintritt in den Markt Kernreaktoren erforderlich“, sagte Piefer.

Heute ist es laut Piefer billiger, Neutronen aus Kernfusion statt aus -spaltung zu erzeugen. Und die Erschließung dieser Märkte hat einen zusätzlichen Vorteil: SHINE hat aus Erfahrung gelernt, wie man die Kosten der Fusionsproduktion in jeder Phase schrittweise senken kann.

„Wenn wir auf unsere Kosten für die Neutronenproduktion zurückblicken, als wir mit dem Testgeschäft begonnen haben, haben wir diese inzwischen um das 1.000-Fache gesenkt“, sagte Piefer. Das hat es dem Unternehmen ermöglicht, neue Märkte zu erschließen.

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Kernfusion für die Krebsbehandlung

Als Nächstes beschäftigte sich SHINE mit medizinischen Radioisotopen. Diese Isotope werden an Pharmaunternehmen oder Krebsbehandlungszentren verkauft, um die Krankheit zu erkennen und zu behandeln.

„Wir können Kernfusionsneutronen nutzen, um Uran, das 6 Dollar pro Gramm kostet, in ein medizinisches Produkt namens Molybdän 99 umzuwandeln, das etwa 150 Millionen Dollar pro Gramm kostet, und wir können Lutetium 177 herstellen, das zur Bekämpfung von Krebserkrankungen eingesetzt wird“, sagte Piefer. „Das sind also unglaublich wertvolle Dinge, die wir in kleinem Maßstab tun können und mit denen wir ein wachsendes Geschäft haben, während wir gleichzeitig daran arbeiten, Fusionssysteme kostengünstiger zu bauen.“

SHINE entwickelte dieses Geschäft ursprünglich in Zusammenarbeit mit Unternehmen wie GE, die Kernspaltungsreaktoren herstellen. Aber sie sind dabei, diesen Teil der Lieferkette ins eigene Haus zu holen, und bauen laut Piefer die weltweit größte Produktionsanlage für medizinische Isotope, die Kernfusionstechnologie nutzt.

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Recycling von Atommüll?

Das privat geführte Unternehmen SHINE hat in Zusammenarbeit mit Fondsmanagern wie Koch Disruptive Technologies, Fidelity Management & Research Company, Oaktree Capital Management und Baillie Gifford, einer britischen Investmentfirma, mehr als 200 Millionen US-Dollar (172 Millionen Euro) an Fremdkapital zur Finanzierung seiner Investitionen aufgenommen.

Das Unternehmen gibt auf seiner Website an, dass sein Produktionssystem für Radioisotope so konzipiert wurde, dass es sich an medizinische Lieferketten anpasst und „hochwertige, hochreine [Produkte] mit hoher spezifischer Aktivität herstellt, die sofort an medizinische Einrichtungen für nuklearmedizinische Verfahren geliefert werden können“.

Das ist eine Entwicklung, die laut Piefer auf der Strategie von Tesla basiert. Dieser habe zunächst auf Panasonic für die Produktion seiner Autobatterien gesetzt. Als der Elektroautohersteller bessere Möglichkeiten hatte, baute er eigene Gigafabriken, um das Geschäft vertikal zu integrieren, das Produktionsvolumen zu steigern und die Kosten zu senken.

Das dritte Projekt von SHINE ist die Entwicklung der Kernfusion zur Wiederverwertung von Atommüll. Das Unternehmen plant, um 2030 ein Pilotprogramm zu starten und bis Mitte der 2030er-Jahre in die Großproduktion zu expandieren.

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Das Ziel im Blick

Jedes nachfolgende Projekt erforderte die Erzeugung von Fusionsreaktionen bei immer höheren Temperaturen, was immer ausgefeiltere Technologien zur Erzeugung und Eindämmung der Reaktionen erforderte.

„Während wir diese Phasen durchlaufen und immer besser darin werden, Fusionssysteme zu bauen, fügen wir auch immer komplexere Einschlusssysteme hinzu“, sagte Piefer. Das bringt das Unternehmen dem Grund, aus dem SHINE ursprünglich gegründet wurde, immer näher: der Massenproduktion von erschwinglicher und reichlich vorhandener Energie.

„Wenn ich mir unsere bereits identifizierten Zielmärkte und neue Märkte anschaue, die wir in Betracht ziehen, werden wir nur dann in diese Märkte eintreten, wenn sie unsere Fähigkeiten als Hersteller und Betreiber von Fusionsenergie ausbauen“, sagte Piefer.

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Und obwohl sich der Weg in mehrere Richtungen verzweigt hat, glaubt er, dass SHINE immer noch auf dem besten Weg ist, wirtschaftlich rentable Energie durch Kernfusion zu produzieren.

„Es mag andere geben, die vor uns die Energieschwelle erreichen, aber ich glaube, dass sie das gewünschte Kostenprofil nicht erreichen können, ohne sehr viele Maschinen zu bauen, und das ist ein schwieriger Weg, um ein Unternehmen zu skalieren“, sagte er.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „With Fusion Energy a Distant Dream, One Firm Finds Commercial Success Now“. (Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung mf)



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