Ja, er flog doch: Vorfahren von Strauß und Co. konnten mehr als gedacht

In Kürze:
- Heutige, flugunfähige Vögel wie Strauß und Emu konnten vor mehr als 40 Millionen Jahren fliegen.
- Damit konnten Paläontologen ein langes Rätsel lösen, wie Laufvögel fünf durch Ozeane getrennte Kontinente besiedeln konnten.
- Wahrscheinlich führte das Verschwinden der Dinosaurier zur Flugunfähigkeit der Vögel.
Vor 66 bis 40 Millionen Jahren, also der Zeit nach dem Aussterben der Dinosaurier, lebten im Gebiet des heutigen Deutschlands die Vorfahren der modernen Laufvögel. Zu diesen zählen unter anderem Strauß, Emu, Kiwi und Tinamu, die heute alle nahezu flugunfähig sind.
Eine kleine Ausnahme bilden die Tinamus, die bei akuter Gefahr für kurze Zeit in den Flugmodus wechseln können. Und genau da scheint der Unterschied zwischen Strauß und Co. und seinen Vorfahren zu liegen.
Wie eine neue Studie von Forschern der britischen Universität Cambridge andeutet, könnten die wissenschaftlich auch Lithornithidae genannten Vorfahren alles andere als flugunfähig gewesen sein.
Ein Rätsel, fünf Kontinente
Die neue Entdeckung könnte somit ein lang bestehendes Rätsel lösen: Wie schafften es flugunfähige Laufvögel, gleich fünf Kontinente zu besiedeln? Denn zu Lebzeiten der Straußenvorfahren – vom unteren Paläozän bis zum mittleren Eozän – war die einst zusammenhängende Landmasse Pangäa bereits zerrissen.

Die Verteilung der Kontinente im Eozän (56–33,9 Millionen Jahre). Foto: Alex26337, Wikimedia Commons | CC BY 4.0
Heute sind die flugunfähigen Laufvögel auf der ganzen Welt zu finden: von Straußenvögeln in Afrika und Asien, Nandus in Südamerika, Emus in Australien und Neuguinea sowie Kiwis in Neuseeland und Tinamus in Mittel- und Südamerika. Zu den kürzlich ausgestorbenen Laufvogelarten gehören zudem Elefantenvögel auf Madagaskar und Moas in Neuseeland. Insgesamt beherbergten fünf durch Ozeane voneinander getrennte Kontinente in der jüngeren Vergangenheit Laufvögel.
Lange Zeit gingen Forscher davon aus, dass die Vorfahren der verschiedenen Laufvogelarten ebenfalls flugunfähig waren und aufgrund des Auseinanderbrechens der Landmasse die jeweiligen Kontinente besiedelten.
Unzählige Fossilien und die Trennung der Landmassen vor 160 Millionen Jahren sprechen jedoch gegen diese Theorie. Außerdem wären da noch die Tinamus, die noch heute – zumindest kurzzeitig – fliegen können.

Tinamus können sogenannte Fluchtflüge durchführen, wenn ihnen Gefahr droht. Foto: Foto4440/iStock
Indizien aus dem Stein gemeißelt
Des Rätsels Lösung bot nun das in Wyoming, USA, entdeckte Fossil von Lithornis promiscuus, einem Vorfahren von Strauß und Co. Sein perfekt erhaltener Körper offenbarte eine andere Geschichte von der Ausbreitung der Laufvögel.
Weil Vögel hohle und damit leichte Knochen haben, sind sie nicht sonderlich stabil und überdauern selten unversehrt den Lauf der Zeit. So kommt es, dass die versteinerten Knochen der Tiere oft zerdrückt und deformiert von Paläontologen gefunden werden.
Bei Lithornis promiscuus war dies nicht der Fall. So konnten die Forscher um Klara Widrig vom National Museum of Natural History in Washington, D.C., das Fossil mit lebenden und ausgestorbenen sowie flugfähigen und flugunfähigen Vögeln vergleichen.
Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Brustbein, jenem Knochen, an dem die wichtigsten zum Fliegen notwendigen Muskeln ansetzen. Seine Form ermöglicht zuverlässig Rückschlüsse auf die Flugfähigkeit.
Und in der Tat: Das Brustbein von Lithornis promiscuus ähnelte denen vieler heute lebender Vögel, die lange Strecken durch kontinuierlichen Flügelschlag und Gleiten überwinden können. Ob seine urzeitlichen Verwandten ebenfalls flugfähig waren, kann dennoch weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.
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Wieso ist der Strauß heute flugunfähig?
Eine Frage bleibt jedoch noch offen: Warum haben diese Vogelarten irgendwann das Fliegen aufgegeben? War es eine Laune der Natur, spielten Veränderungen der Umwelt eine Rolle oder war das Fliegen einfach nicht mehr notwendig?
„Vögel entwickeln in der Regel Flugunfähigkeit, wenn zwei wichtige Bedingungen erfüllt sind: Sie müssen ihre gesamte Nahrung auf dem Boden finden können, und es darf keine Raubtiere geben, die sie bedrohen“, erklärte Studienautorin Klara Widrig gegenüber AFP.
In den Augen der Forscherin könnte das Aussterben der Dinosaurier durch einen Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren die Flugunfähigkeit begünstigt haben. „Da alle großen Raubtiere verschwunden waren, konnten sich die am Boden fressenden Vögel frei zu flugunfähigen Tieren entwickeln, was ihnen viel Energie gespart hätte“, erklärt Widrig weiter.
Während sich die überlebenden, meist kleinen Säugetiere erst langsam zu großen Raubtieren weiterentwickelten, hatten die flugunfähigen Vögel genügend Zeit, sich anzupassen und zu schnellen Läufern zu werden, wie unser Strauß es heute ist.
Die Studie erschien am 17. September 2025 im Fachmagazin „Biology Letters“.
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