Studie findet, was Menschen in der Natur suchen

Ruhe, Schweigen und generationsübergreifende Begegnungen: Naturerfahrungen fördern nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch das Bewusstsein für unsere Umwelt und bewirken ein tiefes Wohlbefinden.
Titelbild
Junge Menschen suchen in der Natur die Einsamkeit, während ältere Erwachsene generationsübergreifende Beziehungen schätzen. Foto Cajus/iStock
Von 7. Oktober 2025

In Kürze:

  • Natur stärkt das Wohlbefinden: Zeit in der Natur fördert Selbstakzeptanz, Lebenssinn, Autonomie und persönliche Entwicklung.
  • Altersübergreifende Wirkung: Junge Menschen suchen Ruhe und Rückzug, ältere genießen Gemeinschaft, Spiritualität und generationsübergreifende Beziehungen.
  • Förderung des Umweltbewusstseins: Naturverbundenheit steht in direktem Zusammenhang mit umweltfreundlichem Verhalten – bereits im Kindesalter.

 

Es gibt Orte, an denen die Zeit stillzustehen scheint, Orte, an denen das Rauschen der Bäume oder das Funkeln eines stillen Sees eine Tiefe in uns berühren, die im Alltag allzu leicht verloren geht. Eine neue Studie der finnischen Universität Turku (2025) zeigt, dass diese Erfahrungen keine bloße Romantik sind, sondern einen entscheidenden Beitrag zu unserem sogenannten eudaimonischen Wohlbefinden leisten: einem langfristigen, wertebasierten Lebensglück, das über kurzfristige Freuden hinausgeht.

„Wir wollten untersuchen, wie die Natur die Selbstakzeptanz, den Lebenssinn, positive Beziehungen, Autonomie, persönliches Wachstum und Handlungsfähigkeit sowie das Lebensmanagement der Menschen unterstützt. Dies wird als eudaimonisches Wohlbefinden bezeichnet und kann im Gegensatz zum Hedonismus betrachtet werden. Während sich der Hedonismus auf kurzfristige Freuden konzentriert, befasst sich die Eudaimonie mit längerem und tieferem Wohlbefinden“, erklärte Joha Järekari, Doktorand an der Universität Turku.

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Ein Resonanzraum für Selbstakzeptanz und Lebenssinn

Im Rahmen der Untersuchung nahmen 158 finnische Teilnehmer teil, die alle aus Turku, einer mittelgroßen Stadt an der Südwestküste Finnlands kamen. 20 belegten einen anschließenden kreativen Schreibworkshop. Die Forscher nutzten die Daten, um den Zusammenhang zwischen Natur und Wohlbefinden zu untersuchen. Sie fanden heraus, dass die Natur nicht nur Erholung bietet, sondern einen identitätsstiftenden Resonanzraum schafft, in dem Menschen sich selbst begegnen.

Die Umfrage verglich die Antworten von jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren mit denen von über 60-Jährigen. Beide Altersgruppen hatten unter anderem das Gefühl gemeinsam, „dass die Natur nicht urteilt oder kritisiert, was sich positiv auf die Selbstakzeptanz der Teilnehmer auswirkte“, so Järekari.

Generationen im Grünen

Die Teilnehmer empfanden ein beruhigendes Gefühl der Beständigkeit in der Natur. Selbst in einer sich rasant verändernden Welt bleibt der nahegelegene Wald unverändert. Auch für beide Altersgruppen gleich wichtig waren das Gefühl der Verbundenheit und die daraus resultierende Sinnhaftigkeit. Die natürliche Umgebung half den Teilnehmern, sich mit ihren eigenen Werten zu verbinden.

„Zeit in der Natur zu verbringen und dort aktiv zu sein, brachte zum Vorschein, was für die Teilnehmer in ihrem Leben wirklich wichtig war“, beschrieb Järekari.

„Dies stärkte die Handlungsfähigkeit und Autonomie der Menschen und wirkte sich positiv auf ihre persönliche Entwicklung aus. Die Teilnehmer berichteten, dass es ihnen leichter fiel, mit sich selbst, anderen Menschen und anderen Lebewesen in Kontakt zu treten“, erklärte er.

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Ältere stellen in der Natur Verbindung zu Jüngeren her

Insbesondere die über 60-jährigen Teilnehmer empfanden es als wichtig, generationsübergreifende Beziehungen zu stärken, indem sie Zeit in der Natur verbringen und dort aktiv sind. Es war ihnen wichtig, ihre Zeit in der Natur zu genießen, beispielsweise mit ihren Enkelkindern – und ohne technische Geräte. Ferner war die Natur ein wichtiger Ort für ihre Selbstbestimmung und dafür, aktiv zu sein. Spiritualität spielte in der älteren Teilnehmergruppe eine größere Rolle als bei den jüngeren Teilnehmern.

Die älteren Erwachsenen berichteten, dass sie sich während ihrer Zeit in der Natur oft als Teil eines größeren Ganzen gefühlt hatten. In diesen Fällen erlebten sie sowohl ein Gefühl der Sinnhaftigkeit als auch der Bedeutungslosigkeit, verlagerten ihren Fokus von sich selbst auf die Außenwelt und stärkten dadurch ihre Selbstakzeptanz.

Die Jugend: Geschützter Raum beim Schweigen

Die jüngeren Teilnehmer an der Studie hingegen suchten eher Ruhe, Rückzug und einen geschützten Raum für Selbstentfaltung. Interessanterweise empfanden sie es als leichter, in der Natur Gemeinschaft zu erleben, gerade weil sie dort nicht sprechen mussten. Dieses stille Beieinander verweist auf eine Qualität, die in der heutigen permanent vernetzten Gesellschaft selten geworden ist: eine Form von Präsenz, die im Schweigen wurzelt.

Doch die finnische Studie spart auch die Schattenseiten nicht aus. In beiden Altersgruppen waren Sorgen um die Zukunft weitverbreitet. Der mögliche Verlust wichtiger Naturräume könnte das beruhigende Gefühl der Beständigkeit in einer sich verändernden Welt mindern.

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Insbesondere die Gruppe der Jungen empfand die sichtbaren Auswirkungen der Umweltkrise auf die Natur auch als beschämend. „Sie hatten das starke Gefühl, sozusagen Teil des Problems zu sein, weil sie Teil der Menschheit sind“, sagte Järekari.

Damit deutet die Forschung aus Turku auf eine doppelte Bewegung hin: Natur gibt einerseits Halt, indem sie ein Gefühl von Dauer und Beständigkeit vermittelt – ein Fels inmitten einer sich ständig wandelnden Welt. Gleichzeitig konfrontiert sie uns mit der Fragilität dieser Beständigkeit, was auch die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen umso deutlicher macht.

Bei den Kleinsten fängt es an

Weckt also Naturerfahrung auch ein ökologisches Bewusstsein?

Dass aus persönlichen Naturerfahrungen heraus oft erst ein Umweltbewusstsein entsteht, behandeln auch andere Untersuchungen wie eine Metastudie von der American Psychological Association. Demnach zeigen Personen mit höherer Naturverbundenheit häufiger umweltfreundliches Verhalten. Diese Studienergebnisse legen nahe, dass die Förderung der Naturverbundenheit, über eine Steigerung des persönlichen Wohlbefindens hinaus, ein effektiver Ansatz sein könnte, umweltfreundliches Verhalten zu steigern.

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Auch die Ergebnisse anderer Studien wie einer aus Mexiko aus dem Jahr 2020 zeigten einen signifikanten Zusammenhang zwischen Naturverbundenheit und nachhaltigem Verhalten, was sich wiederum auf das Glücksempfinden auswirkt – und das bereits im Kindesalter.

Kinder, die sich selbst als naturverbunden wahrnehmen, zeigen demnach tendenziell ein nachhaltigeres Verhalten. Je umweltbewusster, sparsamer, altruistischer und gerechter Kinder sind, desto größer ist ihr Glücksempfinden.



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