Mit der Natur verbunden: Was wir von indigenen Völkern über unsere Umwelt lernen können

In Kürze:
- Indigene Werte: Verantwortung, Respekt und Gegenseitigkeit prägen einen nachhaltigen Umgang mit der Natur.
- Der Nachwuchs: Indigene Jugendliche fühlen sich als Teil der Natur.
- Zukunft: Traditionelles Wissen stärkt Umweltschutz und menschliches Miteinander.
Wir leben in einer Zeit, in der die Erde bis an ihre Grenzen ausgebeutet wird. Wälder werden gerodet, um Platz für Soja- und Palmölplantagen zu schaffen. Böden werden versiegelt, damit noch mehr Straßen, Industriehallen und Windräder entstehen können.
Wasser, das Grundrecht allen Lebens, wird in Flaschen abgefüllt, mit Etiketten versehen und als Ware verkauft, von der einige wenige Konzerne profitieren, während ganze Landstriche austrocknen. Der Staat treibt Steuern für jeden Quadratmeter Boden ein, als gehöre die Erde ihm. Gleichzeitig wird die Luft, die wir alle atmen, verschmutzt, werden Flüsse mit Chemikalien überlastet und Meere als Müllkippe missbraucht. Die moderne Welt betrachtet die Natur als Ressource, als etwas, das uns gehört, das wir beherrschen, verteilen, kaufen und verkaufen können.
Gleichzeitig suchen heute viele Menschen im Westen nach einem tieferen Sinn im Leben. Sie reisen in ferne Länder, probieren Meditationsmethoden aus oder engagieren sich für den Umweltschutz. Dennoch bleibt oft das Gefühl bestehen, dass Natur vorwiegend eine Kulisse ist – ein Ort, an dem man spazierengeht, Sport treibt oder Erholung sucht und bestenfalls gelegentlich einen Baum umarmt auf der Suche nach der Verbundenheit mit der Natur.
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Indigene Perspektiven: Leben im Einklang mit der Natur
Doch es gibt eine andere Sichtweise, eine, die uns lehrt, dass wir nicht über der Natur stehen, sondern in ihr eingebettet sind. Indigene Völker wie auch die First Nations Kanadas haben über Generationen hinweg eine Haltung bewahrt, die sich radikal von der westlichen Logik unterscheidet. Für sie ist der Fluss nicht nur Wasser, sondern ein Verwandter, der Wald nicht nur Holz, sondern ein lebendiges Zuhause, das Tier nicht nur Fleisch, sondern ein Bruder, dem Dank gebührt.
Die Anthropologin A. K. Menzies sammelte im Jahr 2024 in einer umfassenden Studie Stimmen aus zwölf indigenen Gemeinschaften in Kanada, um weitere Möglichkeiten für Umweltinitiativen zu eruieren. Im Ergebnis besagt die Studie, dass die Förderung indigener Werte und Praktiken nicht nur zur Heilung der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt beiträgt. Sie könnte – durch die Integration indigener Werte in Umweltinitiativen – auch als Grundlage für eine gerechtere und nachhaltigere Umweltpolitik dienen.
Drei Leitplanken: Verantwortung, Respekt, Gegenseitigkeit
Die befragten Menschen erzählten von Werten, die sie in sich tragen: Verantwortung, Respekt, Gegenseitigkeit – drei Worte, die wie simple Leitplanken klingen, aber in Wahrheit eine ganze Weltanschauung formen:
Verantwortung bedeutet für sie, nicht mehr aus der Erde zu nehmen, als man benötigt, und im Wissen zu handeln, dass jede Handlung Folgen hat.
Respekt bedeutet, nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren, Pflanzen, Flüssen und Steinen Würde zuzuschreiben.
Gegenseitigkeit schließlich bedeutet, dass Geben und Nehmen im Gleichgewicht bleiben müssen, dass man der Erde nicht nur nimmt, sondern auch zurückgibt – durch Dankbarkeit, durch Schutz, durch die Weitergabe von Wissen.
Trotz negativer Auswirkungen von Kolonialismus und Modernisierung zeigt die Studie auf, dass Bemühungen zur kulturellen Revitalisierung dazu beitragen, traditionelle Werte und Praktiken wiederzubeleben und so die Beziehung zur Umwelt zu stärken.
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Jugendliche als Hoffnungsträger: Naturverbundenheit als kulturelles Erbe
Wie diese Rückbesinnung in den kommenden Generationen aussehen könnte, zeigt eine weitere Untersuchung des Politikwissenschaftlers Dr. Timothy MacNeill aus dem Jahr 2022. Die Forscher befragten indigene und nicht indigene Jugendliche in Kanada zu ihrem Verhältnis zur Natur. Das Ergebnis war eindeutig:
Indigene Jugendliche berichten von einer tiefen emotionalen und spirituellen Verbundenheit zur Erde. Sie erleben sich nicht als außenstehend, sondern als Teil des großen Ganzen. Diese Haltung speist sich aus gelebter Praxis: aus dem Fischen mit den Ältesten, aus dem Sammeln von Beeren, bei dem jede Handvoll mit Dank bedacht wird, aus Zeremonien, die das Zusammenspiel von Menschen, Pflanzen und Tieren feiern.

Indigene Völker berichten von einer tiefen emotionalen und spirituellen Verbundenheit zur Erde und der Natur. Foto: Cajus/iStock
Nicht indigene Jugendliche hingegen neigten dazu, die Natur eher als Ort für Erholung oder als Ressource zu sehen, die man nutzen kann. Damit wird deutlich, wie stark kulturelle Identität die Sicht auf die Welt formt. Für indigene Jugendliche ist die Erde nicht Kulisse, sondern Mitwelt. Sie wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass sie mit allem verbunden sind, dass ihre Handlungen Auswirkungen haben und dass Schutz und Pflege der Erde zugleich Schutz und Pflege des eigenen Lebens sind.
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Diese Sichtweise ist keine romantische Nostalgie. Sie ist ein praktisches Wissen, das über Jahrhunderte erprobt wurde und in einer Zeit, in der wir uns von der Erde zu entfremden drohen, von unschätzbarem Wert ist.
Wir können von den indigenen Völkern lernen, uns selbst wieder als Teil der Erde zu begreifen, nicht als Besitzer, nicht als Herrscher, sondern als Kinder, die eingebettet sind in ein Netzwerk des Lebens.
Altes Wissen für die Zukunft: Handeln im Einklang mit der Erde
„Die alten Dakota waren weise. Sie wussten, dass sich das Herz des Menschen von der Natur entfernt und hart wird. Sie wussten, dass fehlender Respekt gegenüber allem Lebendigen bald auch fehlenden Respekt gegenüber den Menschen selbst bedeutet.“
Dieses Zitat wird Luther Standing Bear (1868–1939), amerikanischer Indianerhäuptling der Oglala-Lakota-Sioux, Autor und Kulturvermittler, zugeschrieben. Es erinnert uns heute daran, dass wir im respektvollen Umgang mit Natur und Leben auch den Schlüssel zu einem menschlicheren Miteinander finden.
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Was bedeutet das noch für uns, für jeden Einzelnen?
Es bedeutet, dass wir unser Handeln neu bedenken können, dass wir beim nächsten Gang in den Supermarkt fragen: „Woher kommt dieses Produkt? Wem nützt es? Wem schadet es?“, dass wir beim Spaziergang im Wald nicht nur Bäume sehen, sondern Wesen, die atmen und mit uns in Beziehung stehen, dass wir beim Trinken eines Glases Wassers Dank empfinden für ein Geschenk, das uns nicht zusteht, sondern das wir achtsam hüten müssen.
Es liegt an uns, ob wir diesen Weg gehen.
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