„Erneuerbare“: Mehr Anlagen liefern weniger Strom? Das steckt dahinter

Die Stromausbeute der „erneuerbaren“ Energien ist im ersten Halbjahr leicht gesunken: Statt 57 haben sie jetzt nur noch 54 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt. Das hat vor allem zwei Gründe, die bei Wind und Solar selbst zu finden sind.
Titelbild
Photovoltaik vor Windkraft – auch bei der Stromproduktion?Foto: hrui/iStock
Von 24. Juli 2025

In Kürze:

Die „erneuerbaren“ Energien weisen im ersten Halbjahr 2025 weniger Stromausbeute auf als im ersten Halbjahr 2024. Die Bruttostromerzeugung sank leicht.

Diese Energiequellen rauben sich dabei selbst und gegenseitig Energie und Ertrag – Energiemengen von täglich mehreren Hiroshima-Bomben.

Die fossilen Stromquellen legten hingegen bei der Stromproduktion zu.

Bei der Frage nach der Stabilität der Stromnetze ist die zeitliche Unterscheidung zu berücksichtigen.

Maßgebliche Neuausrichtungen der Prioritäten bei der Energiewende kündigte indes Wirtschaftsministerin Katherina Reiche an.


 

Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2025 weiter vorangeschritten. Aktuell verfügt die Bundesrepublik über 107,9 Gigawatt (GW) an installierter Photovoltaikleistung. Bei der Windkraft sind es momentan 74,7 GW.

Doch die tatsächliche Strommenge der „erneuerbaren“ Energiequellen ist insgesamt gesunken. Von Januar bis Juni haben sie rein rechnerisch gut 54 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt. Im vergangenen Jahr lag dieser Anteil noch bei 57 Prozent. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Im ersten Halbjahr 2025 lag die Bruttostromerzeugung aller Kraftwerksarten, die in das öffentliche Netz einspeisen, bei 251,2 Terawattstunden (TWh). Damit sank sie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,2 Prozent. Der Stromverbrauch belief sich auf 258,6 TWh, minimal weniger als im ersten Halbjahr 2024 mit 260,4 TWh. Die Differenz musste durch Stromimporte gedeckt werden, womit Deutschland Stromimportland bleibt.

Die Stromdaten der Erneuerbaren

Installierte Leistung in Deutschland Anfang 2024 und Anfang 2025 im Vergleich. Foto: mf/Epoch Times

Warum weniger Windkraft?

Insgesamt erzeugten „Erneuerbare“-Energie-Anlagen von Januar bis Juni 141 Milliarden Kilowattstunden oder 141 TWh Strom. Das ist ein Rückgang um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als es noch 149 TWh waren.

Die Stromdaten der Erneuerbaren und Knventionellen Kraftwerksarten.

Trotz mehr installierter Leistung lieferten die „Erneuerbaren“ im ersten Halbjahr 2025 weniger Strom als im Vorjahreszeitraum. Bei den „Konventionellen“ war es umgekehrt. Foto: mf/Epoch Times

Dabei hat sich der Zubau der Windkraft beschleunigt. Im ersten Halbjahr 2025 wurden Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von 2,1 GW zugebaut. Zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr waren es nur 1,4 GW.

Laut den beiden Verbänden liegt die Ursache für den Rückgang des Stromertrags an der Witterung. Besonders dem im historischen Vergleich außerordentlich windschwachen ersten Quartal 2025 sei geschuldet, dass die Stromerzeugung aus Windenergie im ersten Halbjahr zurückgegangen ist. Dies gelte sowohl für die Windkraft an Land als auch auf See. Die Stromproduktion durch Windkraftanlagen auf See sank um 17 Prozent, während die Windenergie an Land ein Minus von 18 Prozent verzeichnete.

Die Abschwächung der Winde liegt mitunter an den inzwischen rund 30.800 großen Windkraftanlagen hierzulande selbst. Jedes Windrad entzieht dem Wind Energie, die es in elektrischen Strom umwandelt. Diese Windenergie fehlt dann in der Atmosphäre.

„Windkraftanlagen sind Wettermacher. An immer mehr Standorten und daher in immer mehr regionalen und globalen Windsystemen fehlt Wind“, sagte der ehemalige Wirtschaftsredakteur und Ressortleiter der FAZ, Klaus Peter Krause.

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Der Physiker Dieter Böhme verdeutlichte bereits vor drei Jahren, um welche Energiemengen es sich hierbei handelt. Allein in Deutschland würden die Windkraftanlagen die Atmosphäre so beeinflussen, dass dort die Energie von 20 Hiroshima-Atombomben entzogen würde – und das jeden Tag.

Stromt Solar stärker?

Neben dem Ausbau der Windkraft in Deutschland schreitet bei den „Erneuerbaren“ der Ausbau von Solar noch schneller voran. Das Solarausbauziel für 2030 ist bereits zu gut der Hälfte erreicht.

Die Photovoltaik produzierte mit insgesamt 47,5 TWh deutlich mehr Strom als im Vorjahr – auch dank des Rekordzubaus im Jahr 2024. Im Juni 2025 stammten nach vorläufigen Berechnungen zum ersten Mal innerhalb eines Monats mehr als 12 TWh Strom aus Photovoltaikanlagen. Insgesamt legte die Stromerzeugung aus Photovoltaik um gut 23 Prozent zu. Nach Abgleich mit der Zubaurate von 20,7 Prozent ergibt sich hier eine geringere Ertragssteigerung.

Die Stromdaten der Erneuerbaren.

Die Stromerträge von Deutschlands wichtigsten Kraftwerksarten im Überblick. Foto: mf/Epoch Times

Die Zubaurate macht sich auch insofern bemerkbar, dass jeder Monat im Jahr 2025 bisher eine deutlich höhere Solarstromerzeugung als der jeweilige Vorjahresmonat hatte.

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Solar verdrängt Windkraft

In der Stromeinspeisung durch Photovoltaik ist ein weiterer Grund für die erwähnte reduzierte Windstromproduktion zu finden. Im Stromnetz gilt: Stromerzeugung und Stromverbrauch müssen sich stets die Waage halten, damit die Stromversorgung stabil funktioniert. Die Stromproduktion darf nicht zu hoch sein. Bei Überproduktion können nur begrenzte Kapazitäten ins Ausland exportiert oder von Pumpspeicherkraftwerken verbraucht werden.

Einen erheblichen Teil der inzwischen über 5 Millionen Solaranlagen können die Netzbetreiber nicht herunterregeln, wenn zu viel Solarstrom bei Sonnenschein in die Netze drückt. Stattdessen sind aber die Windkraftanlagen regelbar. Daher regeln die Netzbetreiber bei der sogenannten Hellbrise, also bei viel Wind und Sonnenschein, die Windturbinen herunter.

Das wurde vor allem vom 30. Juni bis 2. Juli 2025 deutlich sichtbar. An diesen Tagen strömten kurz nach Mittag teils mehr als 50 GW an Solarleistung in die Netze. Die Leistung der Windkraftanlagen sank am Vormittag von jeweils 10 bis 14 GW auf teils unter 1 GW. Am frühen Abend kletterte die Windkraftleistung wieder auf den ursprünglichen Wert. Am nächsten Vormittag ging die Windleistung netzdienlich wieder steil nach unten.

Stromerzeugungsdaten der Woche 27 2025 von Deutschland. Wenn zu viel Solarleistung (gelb) prognostiziert ist, fahren Windkraftanlagen (hell- und dunkelgrau) herunter. Hinzu kommen noch die Leistungen der anderen Kraftwerksarten, die hier nicht angezeigt sind. Foto: Bildschirmfoto/energy-charts.info/Fraunhofer ISE

Wenn die Energieversorger eine Kraftwerksart häufig herunterregeln, führt dies letzten Endes zu geringeren Ertragswerten – in diesem Fall bei der Windkraft.

Weniger Wasserkraft, mehr Kohle- und Gaskraft

Zum Rückgang der „Erneuerbaren“ trug auch die grundlastfähige Wasserkraft bei. Laut den beiden Verbänden sorgten dafür die seit Februar zu geringen Niederschläge.

In den vergangenen Monaten erzeugten die Wasserkraftwerke 8,1 TWh – ganze 3,3 TWh weniger als im Vorjahreszeitraum 2024. Das entspricht einem Minus von 29 Prozent. Die Wasserkraft liegt somit auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren. Unter anderem minderte fehlendes Schmelzwasser im Frühjahr das Potenzial der Wasserkraft.

Bei den fossilen Stromquellen ging die Stromproduktion ebenfalls nach oben. Nach Informationen des Energieexperten Stefan Spiegelsperger stieg die Stromproduktion des ersten Halbjahres 2025 bei Steinkohle um 2 Prozent auf 34,3 TWh und bei Braunkohle um ganze 41 Prozent auf 14,8 TWh. Einen zweistelligen Anstieg gab es demnach auch bei der Verstromung von Erdgas. Die Erzeugung stieg hier um 18 Prozent auf knapp 29 TWh.

Den höheren Gebrauch der fossilen Energiequellen erklärte Spiegelsperger mit der „Unstetigkeit von Wind und Solar, sodass man diese [fossilen] Kraftwerke zum Einsatz bringen müsste“.

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Ist das Stromnetz jetzt stabiler?

Einige Experten weisen regelmäßig darauf hin, dass zu viel wetterabhängiger Strom durch Windkraft und Solar in unseren Stromnetzen zu mehr Instabilität führt. So warnte kürzlich der Verband der Elektrotechnik: „Je mehr Anlagen Strom aus Wind und Sonne liefern und je weniger konventionelle Kraftwerke mit rotierenden Massen am Netz bleiben, desto anfälliger wird das ganze Gefüge.“ Mit rotierenden Massen sind die tonnenschweren Schwungräder in den Generatoren gemeint, die die sogenannte Momentanreserve darstellen.

Da die Strommenge der „Erneuerbaren“ im ersten Halbjahr 2025 gesunken ist, wäre also die Annahme naheliegend, dass das Stromnetz nun an Stabilität gewonnen hat. Dem ist jedoch nicht so, da hier zu beachten ist, dass es sich um einen Mittelwert über einen längeren Zeitraum handelt.

Bei der Stromproduktion ist allerdings jeder einzelne Moment entscheidend. Gerade in Stunden der Hellbrise fahren konventionelle Kraftwerke, also Kohle-, Gas- und im Ausland teils auch Kernkraftwerke, deutlich herunter. Dadurch erhöht sich automatisch der Anteil der „Erneuerbaren“ an der momentanen Stromproduktion. Der Anteil der Momentanreserve im Netz sinkt somit.

Wenn der Anteil der Kraftwerke mit Momentanreserve zu gering ist, können sie Frequenzstörungen nicht mehr ausreichend ausgleichen. Frequenzstörungen entstehen, wenn zu viel Leistungselektronik im Netz vorhanden ist. Diese stammt beispielsweise von Wechselrichtern von Solar- und Windkraftanlagen.

Das war das Problem beim „Spainout“, dem flächendeckenden Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel am 28. April. Laut Spiegelsperger hatten kurz vor dem Stromausfall nur noch 24 Prozent aller einspeisenden Kraftwerke eine Momentanreserve. Die anderen 76 Prozent – hauptsächlich Photovoltaik – trugen nur zur Stromerzeugung, jedoch nicht zur Netzstabilität bei.

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Reiches Reaktion: Ausbremsen der Energiewende?

Ein weiterer Dämpfer für die Energiewende, vor allem für die „erneuerbaren“ Energien, könnte sich gerade durch die Politik anbahnen. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss sich viel stärker am Ausbau des Stromnetzes orientieren“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Bisher versuchten die Energieversorger, dem Ausbau von Windkraft und Solar hinterherzueilen.

Reiche will nun die Prioritäten neu setzen. Sie schätzt, dass sich Deutschlands Jahresstromverbrauch, bisher 464 TWh, künftig deutlich erhöht – bis 2035 auf möglicherweise 1.000 TWh. Der Ausbau des dafür nötigen Leitungsnetzes würde bis 2045 rund 600 Milliarden Euro kosten.

Zudem seien Gaskraftwerke als Reserve nötig, „wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“, so Reiche. Auch diese verursachen deutliche Kosten im Milliardenbereich.



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