Gasbranche schlägt Alarm: Erwarteter Füllstand „reicht nicht aus“ – Bundesministerium setzt entspannt auf LNG

Der Bund und die Gasbranche haben unterschiedliche Ansichten über die Gas-Versorgungssicherheit in Deutschland. Während das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) die Versorgungslage als gesichert betrachtet, schlägt die Initiative Energien Speichern (INES) Alarm.
Die Initiative Energien Speichern (INES) schlägt Alarm.
Der aktuelle Speicherstand der deutschen Erdgasreserven bereitet vielen Gasbetreibern Sorgenfalten.Foto: sezer66/iStock
Von 11. Juli 2025

In Kürze:

Warnende Worte zur deutschen Gasspeicherlage kommen von der Initiative Energien Speichern (INES).

Die Bundesregierung gibt dennoch Entwarnung und hält an der herabgesetzten Frühwarnstufe fest.

LNG-Lieferungen sollen laut dem BMWE mögliche Lücken füllen können.

Der größte Speicher Rehden bleibt hingegen vorerst fast leer. Der Füllstand ist zuletzt gefallen statt gestiegen.


 

„Die Gasversorgungssicherheit in Deutschland ist hoch.“ Das verkündete Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am 1. Juli auf einer Pressekonferenz. Deswegen hatte das Ministerium zu dem Zeitpunkt auch die bisherige Alarmstufe-Gas auf die Frühwarnstufe herabgesetzt.

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INES: Erwarteter Füllstand „reicht nicht aus“

Die Erdgasbranche ist allerdings beunruhigt. Warnende Worte kommen jetzt von der Initiative Energien Speichern (INES), die die schleppende Befüllung der deutschen Gasspeicher mit Sorge betrachtet. INES ist ein Zusammenschluss von Betreibern deutscher Gas- und Wasserstoffspeicher. Nach eigenen Angaben repräsentiert der Verband über 90 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten und etwa 25 Prozent aller Gasspeicherkapazitäten in der EU.

Am Mittwoch, 9. Juli, erklärte die Initiative in ihrem Juli-Update zur Gasversorgungslage: „Derzeit sind rund 70 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten durch Marktakteure gebucht. Entsprechend können sie zu diesem Anteil befüllt werden.“ Gemessen an den Vorjahren dauert das Befüllen bis Anfang November. Aufgrund sinkender Temperaturen und erhöhtem Verbrauch beginnen sich die Speicher dann wieder zu entleeren.

Hierbei sind zwei Punkte zu beachten: Zunächst könnte die Bundesregierung damit die herabgesetzte gesetzliche Zielvorgabe von 80 Prozent beziehungsweise 45 Prozent für bestimmte Porenspeicher verfehlen. Der zweite Punkt betrifft die Versorgungssicherheit. „Für eine sichere Versorgung auch bei sehr kalten Temperaturen reicht ein Füllstand von 70 Prozent jedoch nicht aus“, gab INES zu bedenken.

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Speicher nur gut halb voll

Im vergangenen Winter entleerten sich die deutschen Gasspeicher insgesamt um knapp 70 Prozentpunkte. Der Tiefstand und somit der Wendepunkt war Ende März mit 28,7 Prozent erreicht. Dieses Niveau war deutlich niedriger als in den Vorjahren. Teilweise eisige Temperaturen und die Verstromung von Erdgas haben zu dieser einschlägigen Entleerung geführt.

Laut dem Verband schreitet auch die Befüllung seit dem Tiefpunkt nur langsam voran. Bis Ende Juni lag der Füllstand bei 51 Prozent – deutlich unter dem langjährigen Mittel von knapp 70 Prozent zu diesem Zeitraum und unter dem Vorjahreswert von 81,3 Prozent.

Nach den Daten des Gasinfrastrukturportals von GIE beträgt der Füllstand der deutschen Speicher aktuell 55,2 Prozent. Auf Basis der derzeit vermarkteten Kapazitäten werden sich die Speicher bis zum 1. November auf nur 70 Prozent füllen.

Die Füllstände der deutschen Gasspeicher seit Oktober 2024. Foto: Bildschirmfoto Bundesnetzagentur

LNG statt Russland-Gas

Der Bundesregierung stehen laut INES Instrumente zur Verfügung, um den Füllstand darüber hinaus zu steigern. „Die Gasversorgung ist diversifiziert“, teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) der Epoch Times auf Anfrage mit. Besondere Hoffnung legt das Ministerium auf die LNG-Terminals, die die Ampelregierung seit 2022 errichten ließ. Sie dienen zur Anlieferung von Flüssiggas.

Dafür fiel im selben Jahr Russland als größter Gaslieferant weg. „2021 war Russland mit 65 Prozent noch Hauptlieferant von Gas“, bestätigte das BMWE. „Wir haben uns von einer Abhängigkeit zu Russland befreit.“

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Die neuen LNG-Gasimporte konnten die Liefermengen aus Russland jedoch bei Weitem bisher nicht vollständig ersetzen. Hat Russland der Bundesrepublik im ersten Halbjahr 2022 noch teils mehr als 1.700 Gigawattstunden pro Tag (GWh/Tag) geliefert, kommen die LNG-Importe aktuell auf nur 446 GWh/Tag (Stand: 9. Juli 2025). Im ersten Halbjahr schwankte der Wert von 63 bis 482 GWh/Tag. Somit befinden sich die aktuellen Flüssiggaslieferungen auf vergleichsweise hohem Niveau.

Die Gesamtimportmenge von Gas in Deutschland ist aktuell mit 3.256 GWh/Tag rund ein Drittel niedriger als zu Zeiten der hohen Russlandimporte im 1. Halbjahr 2022.

Tägliche Gasimporte von Deutschland seit Anfang 2022. Im Bild ist der Gesamtwert (orange), Russland-Gas (grau) und die LNG-Importe (rosa). Foto: Bildschirmfoto Bundesnetzagentur

Zu erwähnen ist hierbei, dass auch die Gasexporte von Deutschland in den vergangenen drei Jahren deutlich zurückgegangen sind – von über 2.000 auf aktuell unter 1.000 GWh/Tag. Zudem ist der Verbrauch der Industrie leicht zurückgegangen, was sich auch mit ihrem Rückgang begründet.

Leere Speicher bis Ende Januar?

Das Wirtschaftsministerium gibt sich – trotz der Sorgen aus dem Gas-Verband – weiterhin optimistisch. „Die Terminals sind für das laufende Jahr bis auf eine Reserve ausgebucht. Wilhelmshaven 1 und 2 auch für das Jahr 2026, die Buchungsaufrufe für Brunsbüttel für 2026 laufen zum Teil noch“, erklärte das BMWE. „Wir unterstützen langfristige, diversifizierte, günstige Gaslieferverträge mit internationalen Gasanbietern. LNG ist auf dem Weltmarkt ausreichend vorhanden.“

INES wies allerdings darauf hin, dass eine vollständige Befüllung der Gasspeicher bis zum 1. November 2025 „bereits heute technisch nicht mehr möglich“ sei. Damit wird der letztjährige Höchststand von 98,3 Prozent Anfang November wohl nicht erreicht.

Vielmehr warnte der Gasverband vor vollständig entleerten Gasspeichern bis Ende Januar bei „extrem kaltem Winter“, ausgehend von 70 Prozent Füllstand zu Beginn der Heizsaison. „Eine vollständige Versorgung ist dann bei aktuellen Verbrauchsmustern nicht mehr möglich.“ Selbst eine vollständige Befüllung der Gasspeicher in den Nachbarstaaten würde demnach nicht ausreichen.

„Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung Gas-Versorgungssicherheit im kommenden Winter vollständig gewährleisten wird“, erklärte INES-Geschäftsführer Sebastian Heinermann.

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Rehden: Weiter entleert statt befüllt

Anlass zur Sorge gibt zudem der weiterhin niedrige Füllstand von Deutschlands größtem Speicherstandort im niedersächsischen Rehden. Der unterirdische Porenspeicher ist zu lediglich 2,1 Prozent befüllt. Damit ist sogar ein leichter Rückwärtstrend zu beobachten, anstatt einer Befüllung. Ende Juni lag der Füllstand hier noch bei 2,25 Prozent.

Der Speicher Rehden des Betreibers SEFE Storage verfügt über rund ein Fünftel der gesamten in Deutschland vorhandenen Speicherkapazität. Doch auch hierzu äußerte sich das BMWE zuversichtlich. „Diese Woche hat SEFE Storage einen Teil der bislang ungebuchten Kapazitäten des Speichers Rehden vermarktet. Das ist die mit Abstand größte Vermarktung von Speicherkapazitäten in dieser Saison.“ Wie groß die neu vermarktete Kapazität ist, verriet das Ministerium nicht.

Nach Aussage des Ministeriums habe der Einspeisepunkt Rehden aber ohnehin „nicht mehr die Bedeutung wie während der Energiekrise 2022 und 2023“. Das begründe sich auch in seiner geringen Ausspeicherleistung und seiner nördlichen Lage in der Nähe zu mehreren Kavernenspeichern und den LNG-Terminals.

(Mit Material von AFP)



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