Alzheimer: Was das Babyhirn dem alternden Gehirn voraushat

In Kürze:
Alzheimer galt lange Zeit als Alterskrankheit. Alte und neue Erkenntnisse aus der Forschung deuten jedoch auf andere Ursachen hin.
Wenn Tau-Proteine und Amyloid nicht die primäre Ursache darstellen, ergibt sich daraus ein anderer therapeutischer Ansatz.
Der Lebensstil kann entscheidend beeinflussen, ob ein Mensch mit 80 noch klar denken kann oder nicht.
Die wirksamsten Alzheimer-Medikamente liegen nicht in der Schublade der Pharmaindustrie, sondern in der Verantwortung des Einzelnen.
Alzheimer galt lange als eine Krankheit der „Ablagerungen“ im Gehirn. Sogenannte Amyloid-Plaques und Tau-Proteine sollen die Ursache sein. Die Hypothese lautete: Diese „Plaques“ sammeln sich im Gehirn an, blockieren die neuronale Kommunikation und führen schrittweise zum Verlust geistiger Funktionen.
Jahrzehntelang richtete sich die Forschung auf die Entfernung dieser Substanzen – mit ziemlich ernüchterndem Erfolg. Medikamente, die Amyloid senken, konnten das Fortschreiten der Erkrankung nicht oder kaum aufhalten. Und dennoch blieb das Dogma bestehen: Alzheimer als „Müllproblem“ des alternden Gehirns.
Dass an dieser These etwas nicht stimmen kann, zeigt jetzt auch eine neuere Studie. Forscher der Universität Göteborg und der University of California, San Francisco, fanden Folgendes heraus: Neugeborene – insbesondere Frühgeborene – weisen auffallend hohe Konzentrationen des sogenannten phosphorylierten Tau-Proteins p-tau217 im Blut auf, teils sogar höher als bei Alzheimer-Patienten. Die Werte sinken nach der Geburt innerhalb weniger Monate rapide ab und bleiben über Jahrzehnte niedrig, bis sie im Alter erneut ansteigen.

Das phosphorylierte Tau-Protein p-tau217 hat im Gehirn von Neugeborenen und Erwachsenen unterschiedliche Wirkungen. Foto: Fernando Gonzalez-Ortiz (2025), doi.org/10.1093/braincomms/fcaf221 | CC BY 4.0; Übersetzung ts/Epoch Times
Diese Erkenntnis widerspricht der Annahme, p-tau217 sei per se neurotoxisch. Vielmehr spricht einiges dafür, dass es in der frühen Hirnentwicklung eine Rolle spielt – vermutlich als strukturregulierendes Protein, das den Aufbau neuronaler Netzwerke unterstützt. Anders gesagt: Das, was man im Alter als schädlich identifiziert, ist beim Neugeborenen offenbar „normal“.
Tau ist nicht das Problem, sondern das Milieu
Die entscheidende Frage lautet: Warum wird dasselbe Protein im einen Fall höchstwahrscheinlich als „Entwicklungshelfer“ gebraucht und im anderen Fall als Krankheitszeichen gewertet?
Ein zentraler Unterschied könnte in der Umgebung liegen, in der p-tau217 auftritt. Im Neugeborenen dominiert ein entzündungsarmes, wachstumsförderndes Milieu. Immunzellen sind aktiv, aber nicht überreizt. Gleichzeitig laufen hocheffiziente Autophagieprozesse und die Blut-Hirn-Schranke ist funktionell intakt.
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Im alternden Gehirn dagegen dominiert häufig ein entzündliches Umfeld, geprägt von stillen chronischen Entzündungsprozessen, reaktiven Gliazellen, oxidativem Stress und metabolischen Dysbalancen. Im entzündlichen Milieu des alternden Gehirns wird Tau nicht mehr kontrolliert abgebaut oder funktional umgebaut, sondern reichert sich an; möglicherweise als Folge fehlgeleiteter Reparaturmechanismen.

Das Milieu entscheidet darüber, wie gesund das Gehirn ist. Foto: Highwaystarz-Photography/iStock
Ist nicht das Protein, sondern das Systemversagen der Auslöser?
Diese These findet Rückhalt in mehreren unabhängigen Befunden. Etwa in der sogenannten Nonnenstudie, die seit den 1980er-Jahren über 600 Ordensfrauen in den USA begleitete. Bei etlichen Teilnehmerinnen zeigten sich post mortem massive Alzheimer-typische Veränderungen im Gehirn – ohne dass sie zu Lebzeiten kognitive Ausfälle entwickelt hätten.
Die Amyloid- und Tau-Belastung allein scheint also nicht zwangsläufig zur Demenz zu führen. Entscheidend ist offenbar, wie gut das Gehirn kompensiert und wie stabil seine zelluläre Regulation funktioniert.
Auch epidemiologische Hinweise stützen diese Perspektive: Menschen mit chronischen Entzündungserkrankungen, die regelmäßig nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen einnahmen, erkrankten seltener an Alzheimer – ein Effekt, der über die reinen Entzündungsmarker hinausweist. Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass Beta-Amyloid antimikrobielle Eigenschaften besitzt und im Gehirn unter anderem als Abwehrreaktion auf Infektionen gebildet wird.
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Was bedeutet das für die Praxis – und für die Prävention?
Wenn Tau-Proteine und Amyloid nicht die primäre Ursache darstellen, sondern Marker eines gestörten Gleichgewichts sind, dann ergibt sich daraus ein anderer therapeutischer Ansatz: Im Zentrum steht nicht die Beseitigung der Plaques, sondern die Wiederherstellung eines gesunden zellulären Milieus.
Und damit wären wir wieder einmal bei den „alten Bekannten“ der Naturheilkunde:
- Schlaf: In den frühen Nachtstunden läuft die glymphatische Reinigung des Gehirns auf Hochtouren und Beta-Amyloid wird gezielt abgebaut.
- Ernährung: Eine entzündungsarme, kohlenhydratreduzierte Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren, sekundären Pflanzenstoffen und moderatem Proteingehalt stabilisiert den Stoffwechsel und senkt inflammatorische Marker.
- Bewegung: Regelmäßige moderate Aktivität – etwa ein Spaziergang nach dem Essen – verbessert die Insulinsensitivität und reduziert zellulären Stress.
- Fasten: Ob intermittierend oder über mehrere Tage – Fasten aktiviert die Autophagie und verbessert die zelluläre Selbstregulation.
- Darmgesundheit: Ein intaktes Mikrobiom wirkt entzündungsregulierend und beeinflusst die Hirnphysiologie über die Darm-Hirn-Achse.
- Stressreduktion: Chronischer emotionaler Stress wirkt proinflammatorisch und hemmt neuroplastische Prozesse.

Der Darm spielt eine entscheidende Rolle bei der Gehirngesundheit. Foto: nach VectorMine/iStock
Von diesen Faktoren haben Sie sicher schon gelesen oder gehört. Das bedeutet letztlich nichts anderes als:
Alzheimer-Prävention beginnt nicht im Labor, sondern im Alltag
Was heißt das konkret? Es heißt: Die wirksamsten Alzheimer-Medikamente liegen nicht in der Schublade der Pharmaindustrie, sondern in der Verantwortung des Einzelnen. Das ist kein wohlfeiler Spruch, sondern eine unbequeme Wahrheit.
Denn weder Bewegung noch Schlaf noch eine ausgewogene Ernährung lassen sich patentieren. Sie bringen keine Rendite auf dem Börsenparkett, aber sie bringen Stabilität in das fragile Gleichgewicht unseres Gehirns. Das macht sie für Aktionäre uninteressant, für Patienten aber umso bedeutungsvoller.

Eine entzündungsarme, kohlenhydratreduzierte Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren, sekundären Pflanzenstoffen und moderatem Proteingehalt ist gut für das Gehirn. Foto: Svetlana_nsk/iStock
Und damit sind wir bei dem, was viele nicht hören wollen: Es gibt keine Pille gegen das Altern des Gehirns, keine Spritze gegen jahrzehntelange Fehlernährung, Schlafmangel oder chronischen Stress. Aber es gibt einen Hebel: das Milieu.
Ein entzündungsarmes, stoffwechselstabiles Umfeld – aufgebaut durch Lebensstil, nicht durch Lifestyleprodukte – kann entscheidend beeinflussen, ob ein Mensch mit 80 noch klar denken kann oder nicht. Die Forschung holt jetzt nach, was die Naturheilkunde seit Jahrzehnten sagt: Das Milieu ist mächtiger als das Molekül.
Fazit
Die Industrie kämpft gegen Plaques – und übersieht das Terrain, auf dem sie entstehen. Sie feiert jedes neue Alzheimer-Medikament, das Symptome um Wochen hinauszögert, und ignoriert, dass der wahre Schlüssel zur Prävention längst bekannt ist: Entzündung runter, Zellreinigung rauf, Mikromilieu stabilisieren.
Das ist kein Wundermittel, es ist Arbeit. Und sie beginnt nicht beim Arzt, sondern auf dem Teller, in der Nacht und beim nächsten Spaziergang. Das ist wahre Naturheilkunde.
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