Durch das All zoomen: Neues Observatorium liefert einmalige Fotos

Mit gestochen scharfen Bildern zeigt das Vera C. Rubin Observatorium unser Universum in noch nie da gewesener Detailliertheit. Die ersten basketballfeldgroßen Aufnahmen zeigen, dass der scheinbar leere, tiefschwarze Weltraum in Wahrheit bunt und schillernd ist.
Durch das All zoomen: Neues Observatorium liefert einmalige Fotos
Am 23. Juni 2025 lieferte das neue Vera C. Rubin Observatorium in Chile die ersten detailreichen Aufnahmen des Universums.Foto: Hernan Stockebrand | CC BY 4.0
Von 26. Juni 2025

In Kürze:

Erste Bilder: Am Montag, 23. Juni 2025, lieferte das neue Vera C. Rubin Observatorium in Chile die ersten detailreichen Aufnahmen des Universums.

Suche gestartet: Das Observatorium wird in den nächsten zehn Jahren die südliche Hemisphäre nach Vorgängen rund um Dunkle Materie, Dunkle Energie und schnelllebige Prozesse wie Sternexplosionen absuchen.

Rekord: Mit einem 8,4-Meter-Teleskop und der weltweit größten Digitalkamera mit einer Auflösung von 3.200 Megapixeln liefert das Observatorium die hochauflösendsten Bilder weltweit.


 

Das Vera C. Rubin Observatorium in Chile hat am 23. Juni 2025 erstmals sein Auge geöffnet und auf das Universum gerichtet. Benannt ist das Observatorium nach der Ikone Vera C. Rubin. Sie ist eine der ersten Astronominnen, die sich in der von Männern dominierenden Wissenschaft behaupten konnte und deren Forschung grundsteinlegend war.

Vera C. Rubin Observatorium in Chile

Das Vera C. Rubin Observatorium in Chile im November 2024. Foto: RubinObs/NOIRLab/SLAC/NSF/DOE/AURA/A. Pizarro D. | CC BY 4.0

Dies könnte auch auf die neu veröffentlichten Aufnahmen des Observatoriums zutreffen. Zunächst wurden am Morgen Bilder in geringer Auflösung veröffentlicht, während um 17:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit hochauflösendere Teleskopaufnahmen mit beinahe demselben Bildausschnitt folgten.

Die eigentliche Überraschung zeigte sich jedoch beim genaueren Hinsehen, denn auf den ersten Blick scheinen sich die Bilder für Laien kaum von denen anderer Teleskope zu unterscheiden. Allerdings ist das neue Vera C. Rubin Observatorium mit einer 3.200-Megapixel-Kamera ausgestattet. Zum Vergleich: In modernen Smartphones sind Kameras mit um 30 Megapixel integriert.

Das Observatorium ist mit einer 3.200-Megapixel-Kamera ausgestattet. Foto: RubinObs/NSF/DOE/NOIRLab/SLAC/AURA/T. Lange | CC BY 4.0

Nur ein Schnappschuss des neuen Observatoriums liefert damit so viele Pixel, dass kein einzelner Ultra-HD-Fernseher ausreichen würde. Um das Bild in voller Größe und voller Auflösung zu zeigen, bräuchte man 400 solcher Fernseher. Nebeneinander ausgelegt wäre diese Bildfläche so groß wie ein Basketballfeld.

Und genau in diesen Bildern haben Forscher bereits zahlreiche neue Entdeckungen gemacht. Wer sich zu Hause in den Tiefen der Bilder verliert, die auf der Website des Observatoriums öffentlich zugänglich sind, könnte also einige Objekte finden, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

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Tiefe Einblicke in ferne Welten

Das farbenfrohste Bild stammt vom Trifidnebel und Lagunennebel im Sternbild Schütze. 7 Stunden lang war die Kamera auf diese Region gerichtet und fertigte fast 1.200 Einzelbilder mit verschiedenen Farbfiltern an, die die Forscher später übereinanderlegten.

Aufnahme von Trifid- und Lagunennebel durch das neue Observatorium

Die Aufnahme zeigt den Trifidnebel (kleiner roter Gasnebel oben rechts) und den Lagunennebel (dominierend). Foto: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory | CC BY 4.0

Nur so werden die schwachen Details des Gases und Staubs deutlich sichtbar, aus denen die Nebel bestehen. Beide Nebel befinden sich in unserer Milchstraße und liegen etwas mehr als 4.000 Lichtjahre entfernt.

Sucht man in der linken oberen Ecke des Bildes, können Neugierige auf den gesamten Virgo-Galaxienhaufen stoßen. Von genau diesem Objekt veröffentlichten die Forscher ebenfalls eine detailreiche Aufnahme.

Aufnahme des Virgo-Galaxienhaufens durch das neue Observatorium

Dieser detailreiche Ausschnitt zeigt den gesamten Virgo-Galaxienhaufen, einschließlich dreier ineinander verschmelzender Galaxien (o. r.). Foto: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory | CC BY 4.0

Nur ein paar tausend der 10 Millionen Galaxien im Gesamtbild sind durch ihre gegenseitige Anziehungskraft im Virgo-Haufen aneinandergebunden. Das Licht dieser Galaxien war etwa 55 Millionen Jahre lang unterwegs, ehe es das Teleskop erreichte.

Observatorium mit Rekordteleskop

Das Vera C. Rubin Observatorium in Chile ist ein US-amerikanisches Projekt. Herzstück ist das „Simonyi Survey Telescope“ mit einer Größe von 8,4 Metern, das mit der größten jemals gebauten Digitalkamera ausgestattet ist. Die Kamera erfasst mit jedem Bild eine Fläche am Himmel, die mehr als der 40-fachen Fläche des Vollmonds entspricht.

Dank seiner Schnelligkeit wird das Vera C. Rubin Observatorium den südlichen Himmel alle drei bis vier Nächte vollständig abbilden. Diese Himmelsdurchmusterung wird zehn Jahre lang erfolgen und am Ende den gesamten einsehbaren Himmel etwa 800-mal abgebildet haben. Schätzungen zufolge wird das Teleskop rund 40 Milliarden Himmelsobjekte wie Sterne, ferne Galaxien und Asteroiden aufzeichnen.

Aufnahme von Sternen und Galaxien durch das neue Observatorium

Diese Aufnahme zeigt das Universum, in dem es von Sternen und Galaxien nur so wimmelt, und bringt Farbe in den scheinbar leeren, tiefschwarzen Weltraum. Foto: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory | CC BY 4.0

Um die Flut an Informationen zu verarbeiten, kommen Computer mit enormer Rechenleistung zum Einsatz, die jede Nacht etwa 20 Terabyte an Daten verarbeiten und dabei bis zu 10 Millionen Veränderungen der beobachteten Objekte am Himmel erfassen.

„Das macht es für uns […] besonders spannend, denn die Menge an Daten und ihre immer höhere Präzision und Qualität wird uns wohl erlauben, ganz neue Physik zu entdecken“, sagt Esra Bulbul, Astronomin am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München.

Während der ersten Beobachtung haben die Astronomen bereits 2.104 neue Asteroiden entdeckt, darunter sieben erdnahe Objekte, elf Trojaner und neun transneptunische Objekte. Hinzu kommt die Sichtung von etwa 1.800 weiteren, bereits bekannten Objekten.

Auf den Spuren der Dunklen Materie

Mit dem neuen Observatorium soll unter anderem die Erforschung von Dunkler Materie und Dunkler Energie weiter vorangetrieben werden. Außerdem wollen die Astronomen die Milchstraße kartieren und kurzlebige Phänomene wie Sternexplosionen, Asteroiden oder die Einverleibung von Sternen durch supermassereiche Galaxien beobachten.

So wollen Esra Bulbul und andere Astrophysiker den dunklen Bestandteilen des Universums auf die Spur kommen, die etwa 95 Prozent des Universums ausmachen. Daten anderer Teleskope zeigen schon heute, dass es die unsichtbare Masse der Dunklen Materie geben muss.

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In den Daten des Vera-C.-Rubin-Teleskops erhoffen sich die Forscher bessere Hinweise darauf, wie Dunkle Materie die Entwicklung von Galaxien und Dunkle Energie die Ausdehnung des Universums beeinflusst. Hier zeigen sich Parallelen zur Forschung von Vera Rubin, der Namensgeberin des Observatoriums. Sie kam als eine der Ersten dieser unsichtbaren Masse auf die Spur.

Mit dem neuen Observatorium sollen Dunkle Materie und Dunkle Energie erforscht sowie die Milchstraße kartiert werden. Foto: RubinObs/NOIRLab/SLAC/NSF/DOE/AURA/P. Horálek (Institute of Physics in Opava) | CC BY 4.0

Erwachsene Galaxien im Kindergarten des Alls

Neben der Vielzahl an Galaxien soll das Vera C. Rubin Observatorium auch ins Schwarze treffen. Dank des großen Spiegels und der besonders empfindlichen Kamera möchte Eduardo Bañados vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg sehr junge Galaxien mit Schwarzen Löchern im Zentrum untersuchen, die noch wachsen.

„Das sind die Galaxien, die existierten, als das Universum noch ein Baby war – jünger als 1 Milliarde Jahre“, erklärt Bañados.

Da sich das Universum seither in alle Richtungen ausdehnt, findet Bañados diese Galaxien primär in sehr großer Entfernung – so weit, dass ihr Licht viele Milliarden Jahre zur Erde unterwegs war.

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Mit dem Observatorium sollen sehr junge Galaxien mit noch wachsenden Schwarzen Löchern im Zentrum untersucht werden. Foto: RubinObs/NOIRLab/SLAC/NSF/DOE/AURA/T. Matsopoulos | CC BY 4.0

Bis heute ist es Astronomen ein Rätsel, wie diese jungen Galaxien schon Schwarze Löcher mit einer beträchtlichen Masse in ihren Zentren aufweisen. Denn laut gängiger Vorstellung wachsen Schwarze Löcher, indem sie über eine lange Zeit Materie aus ihrer Umgebung an sich binden oder mit anderen Schwarzen Löchern verschmelzen.

„Eigentlich sollte für die jungen Galaxien nicht genug Zeit gewesen sein, in der relativ kurzen Zeit so schwer zu werden. […] Es ist, als hätten wir Erwachsene im Kindergarten entdeckt“, erklärt Bañados.

Bislang fehlen aber Langzeitbeobachtungen solcher Galaxien. Das neue Observatorium kann dies ändern, da es sogar einen kosmischen Film liefert, mit dem entfernte Galaxien und ihre physikalischen Eigenschaften erforscht werden können. So verrät das Flackern des hellen Galaxiekerns, auf welche Art die zentralen Schwarzen Löcher Materie verspeisen. Vielleicht steckt darin die Erklärung für bestehende Rätsel.

Mit Observatorium Sterne schluckende Löcher beobachten

Ein weiteres Ziel des Vera C. Rubin Observatoriums ist die Beobachtung und Erforschung, wie Sterne explodieren, sprich wie sogenannte Supernovae entstehen. Eine besondere Form der Explosion ist die Kilonova, bei der zwei Neutronensterne kollidieren und dabei schwere Elemente wie Gold erzeugen. Derartige Ereignisse konnten bisher nur selten beobachtet werden.

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Elias Mamuzic vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München interessiert sich zudem für eine ganz besondere Form des Sternentods: Tidal Disruption Events (übersetzt: Gezeiten-Sternzerrissereignis).

Mit dem neuen Observatorium wollen Astronomen das Ende von Sternen beobachten. Foto: NSF–DOE Vera C. Rubin Observatory | CC BY 4.0

Hier kommt ein Stern einem Schwarzen Loch im Zentrum ferner Galaxien so nah, dass ihn die immensen Gezeitenkräfte zerreißen. Die Überreste des Sterns sammeln sich in einer Scheibe um das Schwarze Loch und füttern es über Wochen und Monate. Dabei blitzt das Zentrum der fernen Galaxie auf und kehrt erst nach Monaten zu seiner ursprünglichen Helligkeit zurück.

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Da im Rahmen der Himmelsdurchmusterung jeder Fleck alle drei bis vier Tage vor die Linse kommt, erlauben die gesammelten Daten auch nachzuvollziehen, wie derartige Ereignisse genau ablaufen.

Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft.



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