Herzschutz für Fortgeschrittene: 3 Tipps aus dem Praxisalltag

Ein gesundes Herz geht über die Betrachtung von Blutdruck und Cholesterin hinaus. Worauf Fortgeschrittene beim Herzschutz noch schauen sollten, erklärt Gastautor und Heilpraktiker René Gräber in seiner wöchentlichen Kolumne bei Epoch Times.
Herzschutz ohne Folklore: Erst sehen, dann handeln
Ernährung, Bewegung, Zahngesundheit und Schlaf sind wichtig für ein gesundes Herz.Foto: scyther5/iStock
Von 22. September 2025

In Kürze:

  • Ein gesundes Herz ist kein Selbstläufer.
  • Die Vorsorge schließt die „üblichen Verdächtigen“: Bewegung, Schlaf, Ernährung
  • Blutdruck und Cholesterin sind nur die Spitze des Eisbergs: Plaques, Lipoprotein(a) und Homocystein sind oft aussagekräftiger.
  • Wer sich nicht erst seit gestern mit seiner Herzgesundheit beschäftigt, findet im Folgenden wertvolle Informationen, mit denen Neulinge schnell überfordert sind.

 

Die moderne sogenannte „Herzprävention“ liebt ihre Folklore. Da werden Zielwerte beschworen wie Heiligenbilder, allen voran das Cholesterin und der Blutdruck. Das Problem ist, reicht das wirklich? Und, stimmt das alles – beziehungsweise kann oder sollte man auch nach anderen Werten schauen?

1. Schritt: Gefäße sichtbar machen

Kein Wert, aber ein klares Bild liefern kann ein sogenannter Duplex-Ultraschall der Halsschlagader und der Aorta. Er zeigt, was Sache ist. Entweder ist die Wand glatt, oder dort klebt etwas, wo nichts kleben sollte. Plaques sind keine Meinung, sie sind ein Befund – danach weiß man eher, woran man ist. Die beliebte Intima-Media-Dicke der Arterien darf am Rand mitlaufen, aber die Musik spielt dort, wo sich die Ablagerungen zeigen: Lokalisation, Größe, Verlauf.

Unter Plaque versteht man Einlagerungen in den Blutgefäßen. Foto: Rasi Bhadramani/iStock

Ein Termin zum Ultraschall ist kein Luxus, sondern durchaus Basisarbeit. Wer beim Arzt nicht weiß, wie er es formulieren soll, sagt einen Satz wie den folgenden: „Ich möchte einen farbkodierten Duplex der A. carotis communis und interna beidseits, sowie (wenn möglich) eine Mitbeurteilung der Femoralarterien und der infrarenalen Aorta. Bitte mit Plaque-Charakterisierung (ja/nein, Lokalisation, Größe) und Bilddokumentation für den Verlauf.“

Das klingt anspruchsvoll, aber Sie können ja sagen, dass Sie es in der Zeitung so gelesen haben. Vielleicht bekommt Ihr Arzt dann Schnappatmung oder er bietet Ihnen dann noch zusätzlich den Knöchel-Arm-Index (ABI). Dieses Angebot würde ich sofort annehmen.

Wichtig ist am Ende nicht die Poesie meines Textes, sondern die Vergleichbarkeit: Sie wollen nämlich dieselben Regionen in sechs bis zwölf Monaten „wiedersehen“ und vergleichen. Und falls Ablagerungen gefunden werden, ändert sich die Priorität Ihrer Vorsorge. Sie sollte es jedenfalls, nach meiner Ansicht.

2. Schritt: Blutdruck ehrlich messen

Los geht es mit dem Blutdruck. Einzelwerte im Sprechzimmer sind Momentaufnahmen, oft mit Bühnenlicht. Für mich sind Einzelwerte viel zu unzuverlässig. Ich möchte „vernünftige Protokolle“ sehen.

Das gelingt, wenn Sie eine Woche lang morgens vor Kaffee und Tabletten und abends vor dem Zubettgehen messen, jeweils zweimal, nach 5 Minuten Ruhe, mit 1 Minute Abstand, im Sitzen, mit Oberarmmanschette in der richtigen Größe, der Unterarm auf Herzhöhe abgelegt. Am ersten Tag messen Sie an beiden Armen und bleiben für die Woche bei dem Arm mit den höheren Werten.

Mit der richtigen Armhaltung können Fehler beim Messen des Blutdrucks verhindert werden. Foto: SARINYAPINNGAM/iStock

Der erste Tag dient dem Einfinden und zählt nicht. Der Mittelwert aus den Tagen zwei bis sieben ist Ihre Wahrheit. Alles, was deutlich und wiederholt über etwa 135/85 mmHg im „Heimmittel“ liegt, gehört besprochen. Schauen Sie auf den Abstand zwischen dem oberen und dem unteren Blutdruckwert – das nennt man Pulsdruck.

Beispielrechnung: 135 minus 85 ergibt 50. Bleibt dieser Abstand im Wochenprotokoll häufig deutlich über 50, spricht das für steifere Gefäße. Wird er im Verlauf kleiner, ist das ein gutes Zeichen. Entscheidend ist der Mittelwert der Woche, nicht ein einzelner Tag.

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Wer nach dieser Woche immer noch Zweifel hat, klärt mit seinem Arzt, ob ein 24-Stunden-Monitoring sinnvoll ist. Die Botschaft bleibt die gleiche: Therapie beginnt nicht bei einem Ausreißer, sondern bei einem Muster.

3. Schritt: Zwei Laborwerte mit großem Hebel

Vom Cholesterin halte ich nur wenig. Wenn Sie Lipide prüfen lassen, bitten Sie um ApoB (oder ersatzweise Non-HDL). Das bildet die Zahl atherogener Partikel besser ab als LDL-C. Der Wert allein genügt mir in meiner Praxis nicht. Die Konsequenz entscheide ich gemeinsam mit der Plaquelast aus der Bildgebung.

Zwei andere Marker liefern in der Praxis oft mehr Orientierung. Nummer eins ist Lipoprotein(a), kurz Lp(a), das einmal bestimmt und sauber dokumentiert werden sollte. Hohe Werte beginnen (je nach Labor) ab etwa 125 nmol/l (≈ 50 mg/dl). Wer dort liegt, sollte die beeinflussbaren Risiken konsequent angehen und die eigene Präventionsstrategie anpassen.

Marker Nummer zwei ist das Homocystein – ein leiser, aber zuverlässiger Parameter für Gefäßstress und Methylierung. In der Praxis hat sich ein Korridor um 6–8 µmol/l bewährt. Senkung und Verlauf gehören in fachliche Begleitung – typischerweise über B-Vitamine plus Basismedizin: Eiweiß, Bewegung, Zahngesundheit. Entscheidend ist auch hier nicht der einmalige Wert, sondern die Tendenz im Verlauf zusammen mit Ihrem Messprotokoll und dem Ultraschall.

Milieuarbeit statt Dogma

Gefäßbiologie reagiert auf Alltag, nicht auf Glaubenssätze. Beginnen Sie dort, wo der Körper am schnellsten antwortet. Gehen wir die einzelnen Punkte kurz durch:

Bewegung: Gehen Sie dreimal pro Woche 30 bis 45 Minuten zügig, in einem Tempo in dem Sie noch ganze Sätze sprechen, aber nicht mehr singen können. Das nennt man Zone-2-Training.

Tägliche Bewegung hilft, Körper und Herz fit zu halten. Foto: Harbucks/iStock

Dazu zweimal pro Woche 15 bis 20 Minuten Kraft mit einfachen Übungen – Aufstehen aus dem Stuhl, Liegestütz an der Wand, Zugbewegungen mit einem Gummiband. Die letzten Wiederholungen dürfen deutlich fordern. Wer lange pausiert hat, startet mit 5 Minuten und erhöht jede Woche leicht.

Wenn Knie oder Hüfte meckern, nehmen Sie Rad oder Crosstrainer – oder noch besser Physiotherapie unter Anleitung, um das Gelenkproblem zu lösen.

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Ernährung: Drei Tage pro Woche lassen Sie 12 bis 16 Stunden zwischen letzter und erster Mahlzeit. Zum Beispiel Abendessen vor 19 Uhr, Frühstück nach 9 Uhr. Das beruhigt Insulin und Blutdruck.

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In der „Esszeit“ bleibt es schlicht: viel Gemüse (gern grünes), Bohnen oder Linsen, eine Hand Nüsse; pro Mahlzeit eine Handfläche Eiweiß wie Eier, Quark oder Hülsenfrüchte und etwas Olivenöl. Eine tägliche Portion nitrathaltiges Gemüse – etwa Rote Bete oder eine Schale Rucola oder Spinat – hilft den Gefäßen, weil diese Nitrate zu Stickstoffmonoxid (NO) umgebaut werden, einem körpereigenen Signalstoff, der die Gefäße entspannt.

Mit jedem Kilo weniger Bauchfett sinkt die Entzündung – sichtbar wird das später im Wochenmittelwert, nicht in einem Einzelwert.

Der Mund als Entzündungsfabrik

Viele haben das überhaupt nicht auf dem „Schirm“: Zahnfleischbluten ist kein kosmetisches Problem, sondern ein täglicher Tropf in den Kreislauf. Bitten Sie Ihren Zahnarzt um einen Parodontal-Status (PSI), dokumentieren Sie Blutungsneigung und Taschentiefe, planen Sie eine professionelle Reinigung – je nach Befund zwei- bis viermal pro Jahr.

Zähne sind mehr als Kauwerkzeuge.

Zähne sind mehr als Kauwerkzeuge. Sie sind ein Spiegel unserer Gesundheit. Foto: Povozniuk/iStock

Wurzelbehandelte Zähne, Zysten oder Granulome an Zähnen gehören abgeklärt. Wenn Symptome oder Befunde den Verdacht lenken, entscheidet das Team aus Zahnarzt und Kieferdiagnostik über Bildgebung.

Erfahrung aus der Praxis: Sobald die Mundhöhle zur Ruhe kommt, beruhigen sich oft auch Homocystein und Blutdruckmuster. Manchmal beginnt der Herzschutz mit Zahnseide und „Zahnsanierung“. Ich weiß: schwieriges Thema, aber es kommt noch mehr.

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Nachts fällt die Entscheidung

Wer schnarcht, gerädert aufwacht, tagsüber „abschaltet“ oder nachts auffällig hohe Blutdruckwerte sieht (nächtlicher Mittelwert ≥ 120/70 oder kein Abfall gegenüber tags), sollte an eine Schlafapnoe denken.

Wer schnarcht und tagsüber müde ist, sollte den STOP-Bang-Fragebogen machen; bei Verdacht ambulante Polygraphie – CPAP senkt Blutdruck messbar. Wird die Apnoe bestätigt, fällt der Blutdruck manchmal so verblüffend zuverlässig, dass man es kaum glauben kann.

Schnarchen raubt nicht nur den Schlaf – sondern auch die Gesundheit

Schnarchen ist nicht einfach ein Geräusch – es ist ein Alarmsignal. Foto: monkeybusinessimages/iStock

Regelmäßige Schlafzeiten, ein kühles, dunkles Schlafzimmer, Lichtdisziplin am Abend – Stichwort „blaues Licht“ – klingt altmodisch, aber wer die Fakten dazu kennt, weiß: Das kann mehr bringen als manches Medikament.

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Wie Sie das alles umsetzen können

Drei Vorschläge habe ich Ihnen gemacht: Sie vereinbaren den Duplex-Ultraschall mit Bilddokumentation und heben den Befund auf. Sie beginnen das Sieben-Tage-Protokoll exakt wie beschrieben und bringen den Mittelwert zum Termin mit. Und Sie lassen Lp(a) einmalig und Homocystein im Verlauf bestimmen und sortieren die Ergebnisse gemeinsam mit Ihrem Behandler.

Alles Weitere – Ernährung, Bewegung, Zahngesundheit, Schlaf – folgt nicht als Glaubensbekenntnis, sondern als logische Antwort auf das, was Bild, Protokoll und Labor zeigen.

Prävention wird so vom Meinungsstück zur Messkette: Ultraschall, Mittelwert, Marker. Wenn diese Kette im Verlauf besser aussieht, sind Sie auf Kurs – und zwar aus meiner Sicht auf dem „richtigen Kurs“.

Schlusswort

Ich habe Ihnen in diesem Artikel einiges „zugemutet“. Für manche ist das alles Neuland und „schwierige Kost“. Das Problem heute: Ich sehe einerseits Patienten, die ausgezeichnet schulmedizinisch behandelt werden – andere erhalten noch nicht einmal eine vernünftige Basisdiagnostik trotz Beschwerden.

Wichtig ist auch: Ändern Sie Medikamente nicht im Alleingang. Gute Prävention ist Teamarbeit und bleibt überprüfbar. Der Gewinn ist unspektakulär – und genau das ist das Ziel: sinkende Mittelwerte, schmalerer Pulsdruck, langweiligere Ultraschallberichte.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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