Boden runter oder Wasser hoch? Warum unsere Städte sinken

Kommen die Städte dem Meer immer näher oder das Meer den Städten? Oder vielleicht auch beides? Untersuchungen zufolge tritt besonders ein Szenario in vier von fünf Fällen auf – mit zweifachen, sinkenden Tendenzen.
Boden runter oder Wasser hoch? Warum unsere Städte sinken
Nicht nur Metropolen am Wasser wie Dubai sind vom Sinken bedroht, sondern auch Städte im Landesinneren.Foto: Far700/iStock
Von 17. Juli 2025

In Kürze:

Sinkende Städte sind ein weltweites Phänomen, welches von den Küsten bis ins Landesinnere reicht.

Gründe für Bodensenkungen können natürlich und vom Menschen verursacht sein und zu Sinkraten von 0,1 bis 12 Zentimeter pro Jahr führen.

Hauptfaktor ist in 4 von 5 Fällen die übermäßige Entnahme von Grundwasser und dem daraus resultierenden Einsturz von entstandenen Hohlräumen.


 

Das langsame und allmähliche Absinken der Erdoberfläche – die Bodensenkung – ist ein allgegenwärtiger Prozess. Die Gründe dafür sind vielfältig, wobei als Verursacher die Natur selbst oder der Mensch infrage kommen.

Bezüglich sinkender Städte hat sich in den vergangenen Jahren primär eine Meinung herauskristallisiert: Der vom Menschen verursachte Klimawandel führt zu einem deutlichen Meeresspiegelanstieg und der Gefährdung von Küstenstädten.

Doch dies könnte nur die halbe Wahrheit sein, denn es sinken nachweislich auch immer mehr Großstädte im Landesinneren wie Mexiko-Stadt, Peking und Teheran und damit fernab vom Meer. Was bedeutet das für unsere Gebäude, Straßen und Brücken? Und welche Ursachen könnten eine Rolle beim Absinken unserer Städte spielen?

Sinkende Städte in Zahlen

Was haben Venedig, Jakarta, Bangkok, Tokio, Florida und Lagos gemeinsam? Sie sind oder waren sinkende Städte. Das bekannteste Beispiel ist Jakarta. Große Teile der indonesischen Stadt sind jährlich um bis zu zehn Zentimeter (cm) gesunken, was sich seit den 1980er-Jahren auf 3–4 Meter summiert. Heute liegen etwa 40 Prozent der Stadt unter dem Meeresspiegel, weshalb die indonesische Regierung ihre Hauptstadt verlegt. Doch auch weitere Städte Asiens senken sich.

40 Prozent der Stadtfläche von Jakarta liegt heute unter dem Wasser

Blick auf die Uferpromenade in Jakarta, Indonesien. Foto: Roman Skorzus/iStock

In China sind laut einer Untersuchung von Prof. Robert Nicholls aus dem Jahr 2024 insgesamt 37 Großstädte durch Bodensenkungen bedroht. 13 der 37 Städte sinken jährlich um mindestens 1 cm – besonders betroffen sind Peking und Tianjin. Im Mekongdelta in Vietnam beläuft sich die Bodensenkung jährlich auf etwa 7 cm, während die Küstengebiete um Manila, Philippinen, um 10–12 cm pro Jahr sinken.

Auch Küstengebiete Afrikas beginnen sich mit mehr als 1 cm pro Jahr abzusenken, wie unter anderem die Metropolen Lagos in Nigeria, Alexandria in Ägypten und Douala in Kamerun zeigen.

In Europa weist die niederländische Hafenstadt Rotterdam mit durchschnittlich 1,5 cm pro Jahr die größte Senkungsrate auf, dicht gefolgt von Hamburg mit jährlich rund 1 cm und London mit jährlich etwa 0,9 cm. Deutlich geringer ist die Senkung der italienischen Lagunenstadt Venedig mit derzeit nur 0,1 cm pro Jahr.

Für die USA zeigt eine weitere Studie, dass in 25 der 28 bevölkerungsreichsten Städten etwa zwei Drittel oder mehr der Fläche sinkt. Laut Leonard Ohenhen von der Universität Columbia ist die texanische Stadt Houston am stärksten betroffen. Hier sinkt über 40 Prozent der Fläche um mehr als 0,5 cm pro Jahr – an anderen Stellen sogar um bis zu 5 cm jährlich. Ein gegensätzlicher Trend konnte für die Städte Jacksonville, Memphis und San José festgestellt werden, wo sich der Boden hob.

Karte der sinkenden Städte in den USA

Städtische Bodensenkungen in den USA. Foto: Ohenhen et al. (2025), Columbia University

„Houston, wir haben ein Problem!“

Es ist jedoch der Fall von Houston, der ein bislang wenig bekanntes oder beachtetes Problem offenbart: die unterschiedlichen Bewegungen des Untergrundes innerhalb eines bewohnten Gebietes.

Wenn sich eine ganze Stadt gleichmäßig nach oben oder unten bewegt, ist die Gefahr von Spannungen für Gebäudefundamente und andere Infrastrukturen gering. Erfahren sie jedoch eine Reihe entgegengesetzter Bewegungen, können sie in gefährliche Schieflage geraten oder Schäden davon tragen – und das bereits bei geringfügigen Veränderungen der Landbewegung.

Bodensenkungen sind eine Gefahr für Städte

Bodensenkungen können zu erheblichen Schäden in der Infrastruktur führen. Foto: ntdanai/iStock

In den USA sind laut der Studie mehr als 60 Prozent der Großstädter von Verlagerungen des Bodens in ihrer Heimat betroffen. Die gefährlichsten Städte in dieser Hinsicht sind San Antonio, Austin, Fort Worth (alle Texas) und Memphis (Tennessee).

Was das genau für einzelne Gebäude und Gebiete bedeutet, ist derzeit unklar. Um diese Frage zu klären, sind laut den Forschern weitere, noch detailliertere Untersuchungen erforderlich.

Welche Faktoren führen zum Sinken der Städte?

Eindeutig erklären lassen sich dagegen die Ursachen der Bodensenkungen. Grundsätzlich gilt, dass die Ursache für das Absinken von Städten von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann und nicht selten mehr als ein Faktor zur Bodensenkung führt:

Naturgebundene Prozesse

Für New York City, Philadelphia oder Chicago in den USA sind natürliche Kräfte die Ursache der Bodensenkung. Hier führte das Gewicht des gewaltigen Eisschildes, das bis vor etwa 20.000 Jahren einen Großteil Nordamerikas bedeckte, dazu, dass sich das Land entlang seiner Ränder nach oben wölbte. Noch heute, lange, nachdem das Eis verschwunden ist, sinken einige dieser Ausbuchtungen jährlich um 0,1-0,3 cm.

Hinzu kommen je nach Region plattentektonische Prozesse im Erdinneren, wodurch es gelegentlich zum Absacken von Erdmassen kommt. Ein weiterer Faktor ist der Anstieg des Meeresspiegels, der bei 0,3–1,0 cm pro Jahr liegt. Dieser ist bedingt durch den Wasserzufluss von Schmelzwasser und die Ausdehnung des Meerwassers bei wärmeren Temperaturen. Natürliche Faktoren stellen jedoch im Allgemeinen eine geringere Ursache dar als Auswirkungen durch menschliches Handeln.

Menschliche und natürliche Einflüsse auf das Sinken von Städten

Menschliche und natürliche Einflüsse auf das Sinken von Städten. Foto: jl, ts | Epoch Times

Mehr Infrastruktur

So ist die Vibration durch städtischen Verkehr und den Tunnelbau mitunter ein lokaler Faktor, der zur Bodensenkung beiträgt. Nachgewiesen ist dies für Peking, wo es in der Nähe von U-Bahnen und Autobahnen zu Senkungen von bis zu 0,5 cm pro Jahr kommt.

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Viele Menschen machen schwere Städte

Auch das schiere Gewicht von Städten kann seinen Tribut fordern. So zeigt eine Studie von Tom Parsons aus dem Jahr 2023, dass die mehr als eine Million Gebäude in New York City so stark auf die Erde drücken, dass sie möglicherweise zu den anhaltenden Bodensenkungen in der Stadt beitragen. Eine Studie aus dem Jahr 2024 von Farzaneh Aziz Zanjani und ihren Kollegen belegt den gleichen Effekt für Miami. Auch schwere Bauten vor der Küste, einschließlich zum Küsten- oder Hochwasserschutz sowie Industrieanlagen zur Energie- und Rohstoffgewinnung, haben eine erdrückende Wirkung.

Mit seinem enormen Gewicht drücken sich New York City und andere Städte in den Untergrund. Foto: Tzido/iStock

Gefährliche Bodenbewirtschaftung

Im Fall der Niederlande führt die absichtliche Entwässerung und das Abpumpen von Torfstichregionen dazu, dass der Wasserstand künstlich gesenkt wird. Durch diese Trockenlegung entstehen Hohlräume, welche mit der Zeit einbrechen und zur Bodensenkung führen.

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Gewinnung von Rohstoffen

Ein weiterer Faktor sind Eingriffe in den Boden zur Gewinnung von Rohstoffen. In Texas, USA, schafft unter anderem das Abpumpen von Öl und Gas ebenfalls Hohlräume unter der Erde und führt so zur Absenkung des Bodens. In Europa und Deutschland treten dagegen Einstürze älterer Bergbaustollen oder Bodensenkungen im Rahmen des Kohletagebaus auf. Auch hierbei wird der Grundwasserspiegel künstlich gesenkt, um die Gruben trocken zu halten.

Neben Öl und Gas ist auch Sand ein begehrter Rohstoff, denn nicht jeder Sand eignet sich als Bausand. Wüstensand ist beispielsweise zu rund, um daraus Beton herzustellen. Insbesondere um Strände aufzufüllen oder Inseln aufzuschütten, baut die Menschheit sprichwörtlich auf Meersand. Damit einher gehen gleich zwei Probleme:

In Regionen, in denen der Sand – legal oder illegalabgebaut wird, geht seine stabilisierende Wirkung verloren und angrenzende Gebiete können dadurch absacken – vergleichbar mit den Ereignissen nahe der Kiesgrube Erftstadt-Blessem infolge der Bodenerosion durch das Hochwasser im Juli 2021. Wo der Sand aufgeschüttet wird, drückt er ähnlich wie große Städte die Oberfläche nach unten, selbst wenn auf ihm noch keine Gebäude stehen.

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Weniger Grundwasser

Laut dem US-amerikanischen Forscher Leonard Ohenhen und dem Niederländer Philip Minderhoud von der Universität Wageningen ist in 80 Prozent der Fälle jedoch eine andere Ursache für das Absinken der Städte verantwortlich: die vermehrte Entnahme von Grundwasser durch den Menschen.

Im Allgemeinen tritt die Bodensenkung ein, wenn Wasser aus Grundwasserleitern entnommen wird, die aus feinkörnigen Sedimenten bestehen. Wenn der Grundwasserleiter nicht wieder aufgefüllt wird – etwa weil die Flächenversiegelung in Großstädten das Versickern von Regenwasser unterbindet – können die einst wasserführenden Hohlräume zusammenbrechen. Dies führt nicht nur zu einer Verdichtung im Untergrund und einem geringeren Speicherniveau für Grundwasser, sondern auch zum Absinken der Oberfläche.

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Tokio und Venedig als gutes Vorbild

Indem die Menschen auf diese Gefahr aufmerksam gemacht werden und gezielt dagegen gearbeitet wird, können weitere Senkungen unserer Städte teilweise verhindert werden. Dies gelang bereits der japanischen Haupt- und Küstenstadt Tokio, die im letzten Jahrhundert um insgesamt vier Meter sank.

Ein weiteres Absinken wurde gestoppt, indem die örtlichen Behörden eine strenge Wasserpolitik einführten. Diese beinhaltete die Errichtung mehrerer Wasserreservoirs rund um die Stadt, womit die Entnahme von Grundwasser fast vollständig eingestellt wurde. Ähnliche Maßnahmen ergriffen die Behörden in Bangkok, Thailand – mit Erfolg.

Auch Venedig hat es geschafft, seine Bodensenkungen in den Griff zu bekommen. Wie Tokio stoppte die italienische Lagunenstadt die Grundwasserentnahme und bezieht ihr Trinkwasser seither stattdessen vom italienischen Festland.

Die Behörden von Venedig konnten das Absinken ihrer Stadt fast komplett stoppen. Foto: GlobalP/iStock



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