Wendepunkt bei Gasspeichern vier Wochen zu früh? Warnung vor Engpass

In Kürze:
- Die Füllstände der deutschen Gasspeicher liegen bei 76 Prozent. Das ist deutlich weniger als in den Vorjahren.
- Dieser mögliche Herbsthöchststand wäre der niedrigste der vergangenen Jahre.
- Mehrere außergewöhnliche Faktoren könnten den Gasbedarf im Winter zusätzlich hochtreiben.
- Die Initiative Energien Speichern (INES) warnt vor leeren Gasspeichern schon Ende Januar bei sehr kaltem Winter.
In Deutschland herrscht Herbstwetter. Schon jetzt fällt beim Blick auf den Füllstandsverlauf der deutschen Gasspeicher etwas Ungewöhnliches auf. Es zeichnet sich ein verfrühter Wendepunkt von der Befüllung bei höheren Temperaturen hin zur Entleerung bei niedrigeren Temperaturen ab.
In den Jahren zuvor ereignete sich dieser Wendepunkt stets um Anfang November herum. Im vergangenen Jahr war er laut der Bundesnetzagentur am 3. November.
Laut den neuesten Daten könnte der diesjährige Herbsthöchststand mit 76,7 Prozent bereits am 29. September gewesen sein. Seitdem ist er auf 76,0 Prozent (Stand: 11.10.2025) gefallen.

Verlauf der durchschnittlichen Gasspeicherfüllstände in Deutschland. Die rote Linie markiert den aktuellen Verlauf seit Anfang April, die blaue den des Vorjahreszeitraums. Foto: Bundesnetzagentur
Mit dem Oktober beginnt in Millionen Haushalten die neue Heizsaison. Mit einem Anteil von rund 56 Prozent ist die Gasheizung hierzulande die verbreitetste Heizart.
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Mehr als 20 Prozent niedrigeres Niveau
Neben dem um gut vier Wochen verfrühten Wendepunkt ist zudem das Füllstandniveau um über 20 Prozent niedriger als in den Vorjahren. Im vergangenen Jahr lag es zum genannten Wendepunkt bei 98,3 Prozent. Ähnliche Werte registrierte die Branche auch 2022 und 2023.
Allerdings gab es in der Vergangenheit bereits Jahre mit niedrigeren Füllständen zum Herbsthöchststand. So ging Deutschland im Jahr 2021 mit nur 72,6 Prozent (Stand: 01.11.2021) in den Winter.
Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass die Bundesrepublik zu jener Zeit noch über deutlich mehr Kohle- und Kernkraftwerke als heute verfügt hat. Das ist deswegen relevant, weil Erdgas nicht nur für die Gasheizungen der Endverbraucher zum Einsatz kommt.
Ein erheblicher Teil dient auch der Verstromung in Gaskraftwerken. Sie bilden – aktuell noch gemeinsam mit der Kohlekraft – die Reserve für Zeiten, in denen die Windkraft- und Photovoltaikanlagen weniger Strom liefern. Bei einer sogenannten Dunkelflaute ist Deutschland aktuell auf diese Reserve sowie Stromimporte aus dem Ausland angewiesen.
Weitere Schwierigkeiten
Hinzu kommen im anstehenden Winter weitere Faktoren, die auf einen eher hohen Gasverbrauch schließen lassen. So fällt in der Schweiz das Kernkraftwerk Gösgen (KKG) bis voraussichtlich Ende Februar, also einen Großteil des Winters, aus.
Die Anlage mit einer Leistung von rund 1 Gigawatt befindet sich nur rund 20 Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt. Somit ist zu erwarten, dass Deutschland nochmals etwas mehr Erdgas verstromen muss, um das Manko im Alpenland mit zu kompensieren.
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Zudem ist die Pipeline in der Ukraine weggefallen. Seit Anfang 2025 fließt kein russisches Gas mehr durch die Ukraine in Richtung Mitteleuropa.
Die Bundesregierung sieht jedoch keinen Anlass zur Sorge. Sie verwies bereits auf die „diversifizierte“ Gasversorgung. Dabei hofft das Ministerium auf die LNG-Terminals, die die Ampelregierung seit 2022 errichten ließ. Diese dienen zur Anlieferung von Flüssiggas.
Auch die Betreiber der deutschen Gas- und Wasserstoffspeicher gaben sich zuletzt entspannt. Mitte September ging die Initiative Energien Speichern (INES) davon aus, dass die bis dato von marktwirtschaftlichen Akteuren gebuchten Gasspeicherkapazitäten bis zum 1. November vollständig befüllt werden können.
INES: Engpass bei extrem kaltem Winter
Dabei schätzte INES, dass ein Füllstand von 81 Prozent erreicht werden kann. Anhand dessen leitete die Initiative Prognosen für den Füllstandsverlauf im Winter ab.
Im Fall von verhältnismäßig warmen bis mittleren Wintertemperaturen werden die Gasspeicher demnach bis Ende März 2026 „moderat bis umfangreich entleert“ sein. Die gesetzliche Füllstandvorgabe von 30 Prozent am 1. Februar 2026 könne in beiden Fällen eingehalten werden.
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Kritisch werde es laut INES jedoch bei extrem niedrigen Temperaturen. Entsprechend der Einschätzung stünde die Bundesrepublik bereits Ende Januar 2026 vor vollständig entleerten Gasspeichern. Eine gewohnte Versorgung der Haushalte und der Industrie wäre in solch einem Szenario nicht mehr möglich.
Sollte der Herbsthöchststand tatsächlich bei 76,7 Prozent bleiben, anstatt auf 81 Prozent zu steigen, bedeutet dies eine zusätzliche Verschärfung der Situation. Die Wetterprognosen für die kommenden Tage sprechen von überwiegend einstelligen Temperaturen in den Nächten, was den Heizbedarf aufrechterhalten wird.
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