Das Missverständnis mit dem Salz – warum der Blutdruck mehr braucht als Verzicht

Seit Jahrzehnten gilt Salz als Feind des Herzens. Dass das Salz nicht das Problem ist, sondern das Ungleichgewicht in Körper, Ernährung und Lebensweise, erklärt Gastautor und Heilpraktiker René Gräber in seiner wöchentlichen Kolumne bei Epoch Times.
Das Missverständnis mit dem Salz – warum der Blutdruck mehr braucht als Verzicht
Salz im Essen? Nicht jeder Körper reagiert auf Salz gleich.Foto: Almaje/iStock
Von 22. Oktober 2025

In Kürze

  • Salz gilt als Ursache für Bluthochdruck und wird daher von vielen Menschen gemieden.
  • Der Körper benötigt das Natrium im Salz, aber auch andere Mineralstoffe wie Kalium.
  • Fertiggerichte enthalten oft viel Salz, um Zucker, minderwertige Fette und Aromen zu kaschieren.
  • Eine Prise genügt, wenn die Qualität stimmt.

 

Es gibt kaum ein Lebensmittel, das einen schlechteren Ruf hat als das Salz. „Weniger salzen!“ – dieser Satz steht gefühlt auf jeder Ratgeberseite, in jedem Aufklärungsheft der Krankenkassen.

Millionen Menschen greifen deshalb zu „salzarmen“ Produkten, rühren ihr Essen lustlos um und wundern sich, dass der Blutdruck trotzdem steigt. Der Gedanke, Salz mache krank, ist tief verankert. Doch wie so oft ist die Wahrheit komplizierter – und viel interessanter, als manche denken.

Das alte Dogma

Schon um 1900 beobachteten Ärzte, dass eine salzarme Diät den Blutdruck bei manchen Menschen senken konnte. Daraus wurde eine Doktrin, die bis heute überdauert. Sie stützt sich auf Tierexperimente und einige Studien an salzempfindlichen Menschen. Doch was damals plausibel klang, wurde später verallgemeinert – auf alle. Dabei ist längst klar: Nicht jeder reagiert auf Salz gleich.

Der menschliche Organismus reguliert seinen Natriumhaushalt mit erstaunlicher Präzision. Wer gesund ist, scheidet überschüssiges Salz über die Nieren aus. Nur bei bestimmten Personengruppen – häufig Ältere oder Personen mit Vorschädigungen – reagiert der Körper empfindlicher. In diesen Fällen ist nicht das Salz das Problem, sondern eine eingeschränkte Nierenfunktion.

Forscher fanden heraus, dass stille Entzündungen in den Nieren, verursacht durch Immunzellen wie T-Lymphozyten und Makrophagen, die Durchblutung der feinen Gefäßknäuel verringern. Dadurch kann weniger Salz ausgeschieden werden, und das Blutvolumen steigt. Der Blutdruck geht hoch. Doch das eigentliche Problem liegt im entzündeten Gewebe, nicht im Natrium selbst. Mit anderen Worten: Das Salz ist nicht der Täter, sondern der Bote einer gestörten Ordnung.

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Das Märchen von der Salzsünde

Die einfache Gleichung „viel Salz = hoher Blutdruck“ hielt sich so hartnäckig, weil sie in die Logik der modernen Medizin passt: ein isolierter Stoff, eine isolierte Wirkung. Doch wer genauer hinschaut, erkennt ein anderes Muster.

Die mit Abstand häufigste Ursache für Bluthochdruck ist nicht das Salz, sondern Insulinresistenz – ausgelöst durch Zucker, Weißmehl, Bewegungsmangel und chronischen Stress. Bluthochdruck ist kein Salzproblem, sondern ein Stoffwechselproblem.

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Ein Wert von 140/90 mmHg gilt in der Medizin als Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt. Foto: Yevheniya Tuzinska/iStock

Das renommierte Institute of Medicine in den USA hat nach Durchsicht zahlreicher Studien festgestellt, dass zu wenig Salz sogar gefährlich sein kann. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz war das Risiko für Tod oder Klinikeinweisung um 85 Prozent höher, wenn sie stark salzbeschränkt lebten. Andere Untersuchungen zeigten eine sogenannte J-Kurve: Sowohl zu viel als auch zu wenig Salz erhöhen das Risiko – das Optimum liegt in der Mitte.

Auch der Glaube, dass die „große Intersalt-Studie“ den Beweis geliefert habe, ist brüchig. Diese berühmte Untersuchung von 1988 verglich Bevölkerungen mit unterschiedlichem Salzkonsum. Doch vier Gruppen – Jäger- und Sammler-Völker mit extrem niedriger Natriumaufnahme – verzerrten das Bild. Wurden sie später herausgerechnet, drehte sich das Ergebnis: Der Blutdruck sank mit steigender Salzzufuhr.

Und noch etwas: Länder mit sehr hohem Salzkonsum, etwa Japan, haben deutlich niedrigere Raten an Herzinfarkten als westliche Staaten. Das passt nicht in das „alte Schema“ – aber sehr wohl zur Realität.

Das wahre Problem liegt in der Quelle

Was viele übersehen: Nicht das Salz selbst ist das Problem, sondern das, woher es kommt – und womit es verknüpft ist. Rund 80 Prozent der Natriumzufuhr stammen heute aus industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Fertigsoßen, Brot, Wurst, Käse, Suppen – alles wird großzügig gesalzen, um Zucker, minderwertige Fette und Aromen zu kaschieren. Das Salz dient als das „Make-up des Industriefutters“.

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In naturbelassener Kost, die reich an Gemüse und Kalium ist, wirkt Salz ganz anders. Unser Körper braucht das richtige Verhältnis von Natrium zu Kalium, nicht bloß weniger Salz. In der Steinzeit lag dieses Verhältnis bei etwa 1:10. Heute hat sich das Verhältnis umgekehrt: Wir nehmen zehnmal mehr Natrium als Kalium auf. Kein Wunder, dass wir Probleme haben.

Das Kalium gleicht das Natrium aus, entspannt die Gefäße und senkt den Blutdruck auf natürliche Weise. Doch die moderne Ernährung ist mineralstoffarm, sogar entmineralisiert, und verarbeitet. Wir essen zu wenig „grün“ – und zu viel „weiß“ wie Zucker und Mehl. Wer sich also gesund ernährt, darf salzen. Wer sich von Fertigprodukten ernährt, sollte nicht das Salz verantwortlich machen, sondern den Lebensstil.

Salz und viel Gemüse ist in Ordnung

Wer sich gesund ernährt, darf salzen. Foto: AlexRaths/iStock

Wenn Salz fehlt

So paradox es klingt: Viele Menschen leiden heute an Salzmangel – vor allem jene, die stark schwitzen, viel Sport treiben oder entwässernde Medikamente einnehmen. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Schwäche oder geistige Benommenheit können Hinweise auf zu wenig Natrium sein.

Natrium stabilisiert die Zellspannung, unterstützt Nerven und Muskeln und hält das Blutvolumen aufrecht. Selbst das Gehirn reagiert empfindlich auf Salzmangel – viele Patienten berichten, dass eine Prise gutes Salz den Kopf wieder klar macht.

Dabei ist entscheidend, welches Salz man verwendet. Industriekristall, raffiniert und gebleicht, ist ein reines Natriumchlorid – ohne Spurenelemente, ohne Struktur. Naturbelassene Salze – etwa aus Tiefenminen wie dem Himalaya – oder das sogenannte „Redmond-Salz“ enthalten Dutzende Mineralien, die im Körper eine gewisse Pufferwirkung entfalten. Auch Jodsalz hat seinen Platz, wenn keine andere Jodquelle vorhanden ist. Wer allerdings Algen isst, kann meines Erachtens auf Jodzusätze verzichten.

Ein einfacher Tipp aus der Praxis: Salz erst nach dem Kochen zugeben. So schmeckt das Essen intensiver, und man benötigt weniger davon.

Salz ins Essen geben

Wer sein Essen nach dem Kochen würzt, benötigt weniger Salz. Foto: Ivan-balvan/iStock

Fazit aus Sicht der Naturheilkunde

Die Naturheilkunde sieht im Salz kein Feindbild, sondern ein Mittel der Ordnung. Soletrinken, Basenbäder, Schüßlersalze – all diese Anwendungen nutzen die Fähigkeit des Salzes, Struktur und Durchlässigkeit zugleich zu schaffen. Es ist das Element der Balance, zwischen Festigkeit und Fluss.

Man könnte durchaus behaupten: Salz hält das Leben im Gleichgewicht: zu wenig bedeutet „Auflösung“, zu viel „Erstarrung“. Die eigentliche Blutdruckregulation gelingt am besten, wenn Körper und Geist im Rhythmus sind.

Bewegung, Fasten, mineralstoffreiche Kost, ausreichendes Wassertrinken, weniger Zucker – das alles hat mehr Einfluss auf die Gefäße als jedes „salzarme“ Fertiggericht. Und wer lernt, wieder bewusst zu schmecken, wird feststellen: Eine Prise genügt, wenn die Qualität stimmt.

Sie brauchen keine Angst vor dem Salz zu haben, sondern vielleicht eher ein anderes Bewusstsein für Maß, Qualität und Einfachheit. Ihr Körper will nicht „entzogen“, sondern verstanden werden.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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