Weiße Autos kühlen Städte, Solaranlagen erwärmen sie

Helle Häuser am Mittelmeer und die dunkle Haut von Eisbären machen sich dasselbe physikalische Prinzip zunutze: die einen zum Kühlen, die anderen zum Wärmen. Analog erwärmen dunkle Autos und Solaranlagen unsere Städte. Studien kommen – zumindest bezüglich Autos – zu einem überraschenden Fazit.
Helle Autos erhöhen die sogenannte Albedo, das Rückstrahlvermögen von Straßen, und tragen so zur Abkühlung bei.
Helle Autos erhöhen die sogenannte Albedo, das Rückstrahlvermögen von Straßen, und tragen so zur Abkühlung bei.Foto: Creativebird/iStock
Von 20. September 2025

In Kürze:

  • Dunkle Oberflächen heizen sich stärker auf als helle. Diesen Effekt macht sich die Natur zunutze.
  • Nach demselben Prinzip erwärmen dunkle Autos und Solaranlagen ihre Umgebung. Wie stark, untersuchten Forscher aus Deutschland, Portugal und Japan.
  • Die Farbe der Autos macht einen erheblichen Unterschied. Ein Verbot von Autos in Innenstädten kann die Erwärmung noch verstärken.
  • Photovoltaikanlagen geben rund 80 Prozent der Sonnenstrahlung als Abwärme an ihre Umgebung ab.
  • Hitze schadet Solarmodulen und reduziert ihre Stromerzeugung.

 

Schwarz zieht die Sonne an und erwärmt seine Umgebung, Weiß reflektiert die Sonnenstrahlen und hält seine Umgebung kühl. Dieses einfache physikalische Prinzip ist altbewährt und wird beim Bau von mediterranen Häusern oder der Kleiderwahl in Wüstenregionen berücksichtigt.

Denselben Effekt nutzen Eisbären, die unter ihrem vermeintlich weißen Fell – in Wirklichkeit ist es transparent und erscheint aufgrund der Lichtbrechung weiß – schwarze Haut besitzen und so das Maximum an Sonnenlicht aufnehmen können. Analog heizt sich auch die oft dunkle „Haut“ von Autos auf. Dieses thermische Phänomen ist auch hierzulande deutlich spürbar – vor allem im Sommer. Doch wie hoch ist die Erwärmung der Städte, wo besonders viele Autos konzentriert sind und Parkplätze teilweise riesige schwarze Flächen bilden, vergleichbar mit Solarparks?

Luftaufnahme eines Parkplatzes. Auffällig: Dunkle Autos dominieren. Foto: sandsun/iStock

Dieser Frage sind portugiesische Forscher der Universität Lissabon nachgegangen. In ihrer Studie hat das Team um Márcia Matias, Doktorandin für Geografie, untersucht, welchen Einfluss Autos und ihre Farben auf den sogenannten städtischen Wärmeinseleffekt haben.

Der Wärmeinseleffekt besagt, dass städtische Gebiete deutlich wärmer werden als die umliegenden ländlichen oder vorstädtischen Gebiete, was häufig mit weniger Grünflächen sowie mehr Gebäuden und stärker versiegeltem Boden in Verbindung gebracht wird.

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Wie zum Erhitzen gemacht

Die meisten Studien zu städtischen Wärmeinseln konzentrieren sich auf die Erwärmungseffekte von Gebäuden und Straßen sowie durch Luftverschmutzung. Im Gegensatz dazu fuhren Autos, die in großer Anzahl in Städten zu finden sind, bislang unter dem Radar.

Dabei sind die Fahrzeuge, egal ob Verbrenner oder E-Auto, aus Materialien gebaut, die förmlich dazu prädestiniert sind, sich schnell zu erwärmen. Hinzu kommt, dass viele Autos eine dunkle Farbe haben, was das Erhitzen begünstigt. Den Forschern schien es daher wahrscheinlich, dass Autos aufgrund ihrer Bauweise in erheblichem Maße zum städtischen Wärmeinseleffekt beitragen.

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Um festzustellen, wie viel Wärme Autos beitragen, haben Matias und ihre Kollegen die Temperaturen in der Umgebung von schwarzen und weißen Autos nach einem langen, sonnigen Tag in Portugals Hauptstadt Lissabon gemessen. Anschließend analysierten sie die lokalen Verkehrsdaten, um die räumliche Verteilung und Abdeckung geparkter Fahrzeuge in der Stadt zu schätzen und so die Erwärmungseffekte zu berechnen.

Fast 4 Grad wärmer als der Asphalt

Unterm Strich ergaben die Temperaturmessungen einen signifikanten Unterschied zwischen weißen und schwarzen Autos sowie dem Asphalt. So erhöhen schwarze Autos die Lufttemperatur im Vergleich zum angrenzenden Asphalt um bis zu 3,8 Grad Celsius. Weiße Autos erhöhten die Temperatur ebenfalls, jedoch in viel geringerem Maße und in deutlich weniger Bereichen.

„Die größten Unterschiede wurden über dem schwarzen Auto beobachtet“, beschreiben die Autoren eines der zu erwartenden Ergebnisse der Studie. Demnach war die Temperatur direkt (20 Zentimeter) über der Mitte des Daches 3,4 bis 3,8 Grad wärmer als die Umgebung. Bei einem weißen Auto betrug der Unterschied nur etwa 2,4 Grad Celsius. „Diese Beobachtungen zeigen, dass die Farbe eines Fahrzeugs die Umgebungstemperatur erheblich beeinflussen kann“, schlussfolgerten die Forscher.

Zugleich schrieben sie, die Temperaturabweichungen um das weiße Auto herum seien deutlich kleiner und oft negativ. Mit anderen Worten: Die Temperaturen waren nicht nur kühler als in der Umgebung des schwarzen Autos, sondern teilweise sogar kühler als in einer Parklücke ohne Auto.

Die gemessenen Temperaturunterschiede in der Nähe eines schwarzen und eines weißen Autos. Beide Fahrzeuge standen einzeln und wurden gegen 14:00 Uhr untersucht. Foto: Matias et al. (2025)/doi.org/10.1016/j.cacint.2025.100232/CC BY-NC-ND 4.0

Dieser ist nicht allzu überraschend, da weiße Autos nachweislich bis zu 85 Prozent des Sonnenlichts reflektieren können. Dieses Rückstrahlungsvermögen wird auch Albedo genannt. Schwarze Autos reflektieren nur etwa 5 bis 10 Prozent. Darüber hinaus besteht die Karosserie eines Fahrzeugs in der Regel aus einer dünnen Metallschicht, die Wärme viel schneller absorbiert als Asphalt – und schneller wieder abgibt. Dies dürfte im Experiment jedoch keine Rolle gespielt haben, da die Messungen am frühen Nachmittag eines wolkenfreien Sommertags erfolgten.

Weiße Farbe statt Autoverbot

Oft bedecken zahlreiche geparkte Autos einen Großteil der Straßenfläche unter freiem Himmel – am Tag mehr als in der Nacht. Letztlich verändert dies die lokale Wärmeaufnahme erheblich. Laut den Forschern könne dies jedoch deutlich verringert werden, wenn alle Autos eine hellere Farbe hätten.

„Wenn alle Fahrzeuge weiß wären (α = 0,8), würde sich die Reflektivität der Straßen in diesen Teilen der Stadt von α = 0,2 auf α ≥ 0,28–0,39 erhöhen, wodurch die Absorption der Sonnenstrahlung erheblich reduziert würde. Wenn diese Fahrzeuge hingegen schwarz wären, würde der Albedo-Effekt α ≤ 0,19–0,18 betragen“, erklären die Forscher. Sprich: Helle Autos erhöhen die Albedo von Straßen und Parkplätzen, dunkle Autos verringern sie leicht. Eine höhere Albedo geht mit einem geringeren Energieeintrag einher und damit mit weniger Erwärmung.

Der Mittelmeerraum – speziell Spanien und Griechenland – ist für seine weißen Häuser bekannt. Ihre Farbe sorgt dafür, dass das Sonnenlicht absorbiert wird und die Häuser kühl bleiben. Foto: Aleh Varanishcha/iStock

Um die Hitze in den Städten zu reduzieren, könnten also einfache Maßnahmen ergriffen werden, die ganz ohne tiefgreifende Verbote für die Bürger einhergehen: Die Autoindustrie müsste dafür künftig ausschließlich helle Fahrzeuge produzieren.

Auch Architekten können mit gezielter Städteplanung unterstützen, indem sie spezielle – helle und reflektierende Dächer für Parkplätze konstruieren oder vermehrt auf den Bau von Tiefgaragen setzen. Ergänzt werden könne dies durch die Begrünung von Straßen, Dächern und Fassaden anstatt Gebäuden aus reinem Beton, Glas und Stahl, um den städtischen Wärmeinseleffekt deutlich zu verringern.

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Zweiter Glutfaktor: Solaranlagen

Doch nicht nur schwarze Autos scheinen die städtischen Temperaturen in die Höhe zu treiben, sondern auch die als klimafreundlich beworbenen Solaranlagen – und das teilweise deutlich mehr als Autos.

So zeigen die japanischen Forscher um Zhiqiu Xie von der Universität Kyushu in ihrer 2024 veröffentlichten Studie auf, dass Photovoltaikanlagen die durchschnittliche Temperatur an der Bodenoberfläche erhöhen können – in ländlichen Gebieten, aber vor allem auch in Städten. In Letzteren konnten Xie und seine Kollegen einen Anstieg um 2,3 Grad Celsius im Winter und um 3,6 Grad Celsius im Sommer nachweisen. In einer Stadt summierte sich die Erwärmung innerhalb von zehn Jahren auf 9,44 Grad Celsius.

Im Winter können Solaranlagen die Lufttemperatur um 2,3 Grad Celsius ansteigen lassen. Foto: Ganna Zelinska/iStock

Besonders kritisch: Die Photovoltaikanlagen und ihre Standorte scheinen auch die Wassermenge und die Umwelt stark zu beeinflussen. „Der Bau von Photovoltaikanlagen wirkt sich nicht nur auf das thermische Umfeld aus, sondern auch auf das lokale Ökosystem, einschließlich der Wasserspeicherkapazität des Bodens, des Hochwasserrisikos und der Verteilung von Mikroorganismen“, so die Forscher.

Eine zweite Studie aus Deutschland kommt zu einem ähnlich hohen Erwärmungseffekt von Solaranlagen. Die Forscher um Elisabeth Fassbender zeigen in ihrer 2024 veröffentlichten Arbeit, dass Photovoltaikanlagen an Fassaden in München täglich die Temperatur erhöhen können, im Sommer um bis zu 1,5 Grad Celsius und im Winter bis knapp über 2,2 Grad Celsius.

Sonne: Freund und Feind der Solaranlagen

Letztlich beißt sich die Katze sprichwörtlich in den Schwanz, denn eigentlich sollen Solaranlagen nach Plan der Regierung klimaschädliche Kraftwerke ersetzen und die Erderwärmung verlangsamen.

Herkömmliche Photovoltaikanlagen können derzeit jedoch nur rund 20 Prozent der Sonnenstrahlung in elektrische Energie umwandeln. Der Rest – 80 Prozent – geht als Abwärme verloren und heizt die Umwelt auf.

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Hinzu kommt, dass Solaranlagen mit steigender Temperatur an Effizienz verlieren und damit weniger Energie erzeugen. Mit jedem Grad Celsius Anstieg der Zelltemperatur über 25 Grad Celsius verlieren kristalline Module etwa 0,4 Prozent ihrer Nennleistung. Zugleich sind Anlagentemperaturen von 60 bis 70 Grad Celsius keine Seltenheit. Dies geht auch auf Kosten der Lebensdauer der Anlagen.

Derzeit forschen Techniker an speziellen Kühlsystemen, um die Effizienz und Lebensdauer der Photovoltaikanlagen zu erhöhen oder die abgegebene überschüssige Wärme für häusliche, gewerbliche oder industrielle Anwendungen nutzbar zu machen. Ihr Erwärmungseffekt auf die Städte wird dadurch zwar reduziert, bleibt aber bestehen.



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