Was tun, wenn der Staat seinen Zuschuss zurückhaben will?

Die bis Mitte 2022 gewährten Zuschüsse für Unternehmer, die Liquiditätsengpässe infolge der Coronapolitik abfedern wollten, müssen in vielen Fällen zumindest teilweise zurückbezahlt werden. Noch immer erhalten Betroffene entsprechende Rückforderungen. Was tun?
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Als Millionen Kleinunternehmer im Frühjar 2020 einen Antrag auf Corona-Soforthilfe stellten, ahnten viele von ihnen noch nicht, dass der Staat den „Zuschuss“ irgendwann zurückfordern könnte.Foto: Imagesines/iStock
Von 5. Juni 2025

Wer als Solo-Selbständiger, Freiberufler oder Inhaber eines Kleinstunternehmens im Frühjahr 2020 Corona-Soforthilfen als Mittel gegen „Liquiditätsengpässe“ beantragt hatte, konnte bis zu 15.000 Euro aus Bundesmitteln erhalten. Einige Monate oder Jahre später flatterte ihm aber meist eine Aufforderung ins Haus, über einen Drittprüfer – in der Regel einen Steuerberater – die „Schlussabrechnung“ auf der zentralen Plattform des Bundes einreichen zu lassen. Mittels dieses zwingenden Rückmeldeverfahrens konnte und kann die Bewilligungsbehörde Geld zurückverlangen, über dessen sachgerechte Verwendung kein Nachweis erbracht wurde.

Möglich war das nach Angaben des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV) noch maximal bis zum 15. Oktober 2024. Danach war die Schlussabrechnungsfrist für alle Hilfsprogramme abgelaufen: Wenn ein „prüfender Dritter“ nicht rechtzeitig aktiv geworden war, musste man mit einem Mahn- und Anhörungsverfahren oder gar mit der Aufforderung zur vollständigen Rückzahlung rechnen. Lediglich in begründeten Einzelfällen und nach Rücksprache könnte es die Bewilligungsstelle noch kulanterweise zulassen, Daten nachträglich einzureichen, so der DStV.

130 Milliarden Euro als Zuschüsse oder Kredite überwiesen

Das Verfahren fand auch für nahezu alle anderen Hilfsprogramme Anwendung, die die Bundesregierung bis Mitte 2022 aufgelegt hatte, um Unternehmen finanziell durch die Krise zu bringen. Die Zuschüsse verschlangen laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK, PDF) 72,3 Milliarden Euro, darunter mehr als 13 Milliarden Euro an Corona-Soforthilfen, um die sich etwa 1,8 Millionen Antragsteller erfolgreich bemüht hatten. Über sämtliche Hilfsprogramme hinweg waren etwa 4,9 Millionen Anträge auf Zuschüsse gestellt worden, gut vier Millionen Anträge davon wurden bewilligt.

Rechnet man die darüber hinaus gewährten Sonderkredite, Rekapitalisierungen und Bürgschaften dazu, zahlte der Bund laut BMWK sogar 130 Milliarden Euro an Corona-Wirtschaftshilfen aus.

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Böses Erwachen nach Vertrauen in Scholz-Aussage

Die ersten Rückforderungen der Behörden waren bereits im Juli 2020 ausgesprochen worden. Sie hatten so manchen Antragsteller überrascht, der im Vertrauen auf ein frühes Wort des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) einen Zuschuss nach dem Corona-Soforthilfeprogramm erhalten hatte. Der spätere Kanzler hatte am 27. März 2020 nämlich missverständlich erwähnt, dass von dem Hilfsgeld „nichts zurückgezahlt werden“ müsse.

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Wenig überraschend bekamen es die Mitarbeiter der mit den Zahlungsströmen beauftragten Anlaufstellen in den 16 Bundesländern bis heute mit einer Flut von Widersprüchen oder Klagen zu tun. Nach Informationen der Kanzlei Steinbock & Partner waren am 1. Januar 2025 allein in Bayern noch immer „über 1.900 offene Klageverfahren bezüglich der Corona-Wirtschaftshilfen“ anhängig.

Im sächsischen Döbeln hatten betroffene Gewerbetreibende erst vor wenigen Tagen ihren Protest auf die Straße getragen. Auch sie hatten laut MDR nicht mit einer Rückzahlungsaufforderung gerechnet – bis sie anderslautende Post bekamen.

Auf Anfrage der Epoch Times teilte das Bunndeswirtschaftsministerium mit, dass mit Stand 31. März 2025 allein bei der Corona-Soforthilfe rund 680.000 Rückzahlungen getätigt worden seien. Sie hätten dem Bund etwa 3,93 Milliarden zurück in die Kassen gespült. Zum Jahresende 2025 werde es einen Schlussbericht der Länder mit der Durchführungsbilanz der Corona-Soforthilfen geben.

Was tun, wenn man betroffen ist?

Wenn die Förderanlaufstelle Ihres Bundeslandes meint, auch Sie schuldeten ihr eine Rückzahlung, wird sie Ihnen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens in der Regel zunächst eine Abrechnung und einen Anhörungsbogen schicken – entweder postalisch oder über eine Benachrichtigung via Elster. Laut Steinbock & Partner haben manche Länder ihr entsprechendes Verfahren aber inzwischen „stark eingeschränkt oder abgeschafft, sodass regelmäßig unmittelbar Klage gegen einen Bescheid zu erheben“ sei. Wie auch immer: Falls Sie Ihren Bescheid für möglicherweise unrechtmäßig halten, sollten Sie nun Schritt für Schritt, präzise, aber auch zügig handeln.

Ich habe einen Anhörungsbogen erhalten – was jetzt?

Prüfen Sie die – häufig automatisiert erstellten – Mitteilungen der Behörde sehr genau, um eventuelle Fehler zu entdecken. Gute Anhaltspunkte dafür sind womöglich fehlerhafte Berechnungsmethoden oder Verfahrensmängel, von vorneherein unklare Förderbedingungen oder ein nachträglich eingeschränkter Förderzweck, Stichwort Vertrauensschutz. Auch verpasste Verjährungsfristen können zu Ihren Gunsten ausfallen.

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Falls Sie rechtliche Zweifel hegen, sollten Sie auf Anraten des Onlineportals „Anwalt.de“ Widerspruch einlegen. Ihre Ausführungen im Anhörungsbogen sollten von vorneherein sämtliche Argumente und im Anhang Belege für ihren anderslautenden Standpunkt enthalten. Werfen Sie also niemals Unterlagen oder Belege weg und machen Sie bitte erst recht niemals falsche Angaben, sonst droht ein Strafverfahren wegen Subventionsbetrugs.

Sollte ich mich allein wehren?

Davon ist grundsätzlich abzuraten. In der Regel kennt sich nur ein spezialisierter Anwalt oder ein guter Steuerberater mit den juristischen Fallstricken, Formalien und der aktuellen Rechtsprechung aus. Viele Kanzleien bieten auch online kostenlose Vorab-Checks an, bei denen abgeschätzt wird, ob sich ein Widerspruch im Verwaltungsverfahren oder eine Klage vor Gericht lohnen würde. Hilfreich sein kann auch eine gewerbliche Rechtsschutzversicherung.

Ist Eile geboten?

Ja. Alle Fristen sind peinlich genau zu wahren, egal ob es sich um einen Widerspruch (in der Regel ein Monat ab Zugang) oder um die Rückzahlung (Frist je nach Bundesland verschieden) handelt. Andernfalls werden die erlassenen Bescheide bestandskräftig, die Rückzahlung unabwendbar.

Sollte es eng werden, bitten Sie die Behörde rechtzeitig per schriftlichem Antrag inklusive Ihrer gut belegten Gründe um eine Fristverlängerung. Hilfestellung dafür bieten nach Angaben der Anwaltskanzlei Herfurtner die Finanzämter oder die Webpräsenzen der Finanzministerien. „Die Berücksichtigung der Fristen ist fundamental für die finanzielle Sicherheit der betreffenden Unternehmen“, mahnt die Kanzlei.

Wie begründe ich meinen Widerspruch?

Entscheidend ist, dass Sie, Ihr Anwalt oder Ihr Steuerberater den rechtmäßigen Anspruch auf Hilfszahlungen und auf die korrekte Verwendung zur „Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Krise“ fristgemäß nachweisen können.

Die Behörde will in der Regel nicht nur ihre damals erstellten Umsatz- und Aufwandsprognosen sehen, sondern auch ihre tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben, die sie während der Überbrückungsphase hatten. Dazu können etwa Kontoauszüge, Rechnungen oder sonstige Unterlagen dienen, die den Zweck der Mittelverwendung dokumentieren.

Bei der Corona-Soforthilfe etwa durfte das Geld ausschließlich für laufende Betriebskosten wie die gewerbliche Miete oder Pacht, Kredite für Betriebsräume oder Leasingkosten verwendet werden, wie aus den Kurzfakten zum Corona-Soforthilfeprogramm des Bundes (PDF) hervorgeht. Nutzten Sie den Zuschuss dagegen beispielsweise für Kosten des privaten Lebensunterhalts wie die Miete der Privatwohnung, eigenen Lohn oder Krankenversicherungsbeiträge, wäre eine zumindest anteilige Rückforderung womöglich rechtens.

Was tun, wenn der Widerspruch keinen Erfolg hatte?

Nach Ihrem Widerspruch wird die Behörde Ihren Fall prüfen und Ihnen per Widerspruchsbescheid mitteilen, ob sie ihren ursprünglichen Rückforderungsbescheid aufrechterhält oder abändert. Sollte die Behörde auf Zahlung beharren, bleibt Ihnen nach Informationen der digitalen Kanzlei „Tes Legal“ nur noch der Rechtsweg. Zuständig ist das Verwaltungsgericht. Ein Anwalt bleibt nahezu unerlässlich. Behalten Sie dennoch stets die Frage im Hinterkopf, ob sich der Aufwand finanziell am Ende rechnet, gemessen an der Rückforderungssumme.

Können Rückforderungsansprüche der Behörde verjähren?

Grundsätzlich ja. Auch öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche unterliegen nach Angaben des Steuerberaterportals „STB Web“ „der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren“ gemäß Paragraf 195 BGB.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte am 6. Dezember 2025 einer Unternehmerin recht gegeben, die sich aktiv per „Einrede der Verjährung“ gegen einen Feststellungs- und Erstattungsbescheid des Landes Nordrhein-Westfalen gewehrt hatte, von dem sie ein paar Tage zu spät in Kenntnis gesetzt worden war (Az: 16 K 703/24). Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt gemäß Paragraf 199 Abs. 1 BGB „mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“. Das Urteil ist allerdings bislang nicht rechtskräftig.

Das „STB Web“ empfiehlt bis auf Weiteres, den Rückforderungsbescheid auf Verjährung zu prüfen und gegebenenfalls die „Einrede der Verjährung“ unter schriftlicher Angabe der Gründe zu erheben. Dies könne im Zuge eines Widerspruchsverfahrens gegen den Erstattungsbescheid, im Klageverfahren und sogar noch „in der Vollstreckungsphase als Einwand gegen die Vollstreckung“ erfolgen. Das Portal „Rueckforderungsschutz.de“ rät dazu, eigene Rückmeldungen an die Behörde möglichst frühzeitig einzureichen, damit die Verjährungsfrist früh beginnen kann.

Vertrauensschutz vor Behördenwillkür

Schon zuvor lagen eine Reihe von Gerichtsurteilen vor, die sich mit der teils unübersichtlichen Rechtslage seit Beginn des ersten Lockdowns auseinanderzusetzen hatten.

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So hatte das Oberverwaltungsgericht Münster mit gleich drei Urteilen vom 17. März 2023 (Az: 4 A 1986/22) eine Grundsatzentscheidung getroffen: Die Rückforderungen des Landes Nordrhein-Westfalen waren rechtswidrig, weil die Formulierungen in den Bewilligungsbescheiden missverständlich waren.
Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart stellte sich in seinem Urteil vom 18. September 2024 (Az: 15 K 7121/23) wegen ähnlicher Gründe auf die Seite einer Friseurin aus Heidenheim und gegen die Landesbank Baden-Württemberg: Der Vertrauensschutz der Bürger habe Vorrang vor Behördeninteressen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte bereits am 10. Juli 2024 fünf von sechs Rückforderungsbescheiden der Landesbank aufgehoben (Az: 14 K 1357/24). Das Gericht stellte klar, dass ein Liquiditätsengpass nicht pauschal über drei Monate, sondern für den konkreten Tag der Mittelverwendung zu prüfen sei. Ein nachträglicher Umsatzanstieg dürfe die ursprüngliche Notlage nicht entwerten.


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